Strafen für Besitz von Kinderpornografie: Nicht widersinnig, sondern richtig

Vor drei Jahren wurde das Gesetz über den Besitz und den Handel von kinderpornografischem Material verschärft. Und jetzt wieder abgemildert.

Aufgeklappter Laptop

Bei der Aktionswoche gegen Kinderpornografie haben die Behörden etliche Laptops und Rechner beschlagnahmt Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Rund 650 Po­li­zis­t:in­nen und Staats­an­wäl­t:in­nen waren vor einem Monat eine knappe Woche lang in sieben Bundesländern unterwegs – auf der Suche nach kinderpornografischem Material. Sie beschlagnahmten unzählige Laptops, PCs, Smart­phones. Diese Aktionswoche der Behörden zeigt, wie wichtig es ist, Spuren zu verfolgen, die auf den Handel mit und den Besitz von sogenannter Kinderpornografie hinweisen. Ob im Darknet oder auf Datenträgern, die Täter zu Hause haben.

Und doch wurde das Gesetz, das den Besitz und das Teilen solchen Materials vor drei Jahren schärfer unter Strafe stellte, jetzt wieder gelockert. Ist das nicht widersinnig? Nein, ist es nicht. Damals hatte man schlicht nicht bedacht, dass sich auch Eltern, Lehrer:innen, So­zi­al­ar­bei­te­r:in­nen strafbar machen, sobald sie auf solche Fotos und Videos in Chats und E-Mails von Kindern und Jugendlichen aufmerksam werden und diese beispielsweise an sich selbst weiterleiten lassen, um sie den Behörden zu melden.

So werden aus Geg­ne­r:in­nen Tä­te­r:innen, die für den Besitz von kinderpornografischem Material sogar ins Gefängnis gehen könnten. Auch Jugendliche selbst, die solche Vorfälle an Erwachsene weiterschicken und dafür die Daten als Beweis sichern (müssen), sind plötzlich Beschuldigte. Sogar harmlosere Intimbilder, die sich Teenies kichernd hin- und herschicken, fallen darunter. Das ist widersinnig.

Zwar warnten Ex­per­t:in­nen bereits 2021 vor der Gesetzesverschärfung. Jedoch nicht, weil sie ahnten, wie Gerichte mit solchen „Nichtfällen“ überschwemmt würden. Sie warnten mit dem Argument, dass das geltende Strafmaß bereits ausreicht. Das war nicht falsch, aber der Punkt, den das härtere Gesetz deutlicher denn je machen wollte, war: Wir lassen keine sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen zu.

An diesem Ansatz gibt es nichts, aber auch gar nichts zu rütteln. Und der wird durch das abgeschwächte Gesetz nicht gemildert. Vielmehr wird Gerichten und Ermittlungsbehörden wieder mehr Freiraum eingeräumt, den diese brauchen, um den wahren Tä­te­r:in­nen auf die Spur zu kommen.

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Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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