Unternehmen geben Klimaziele auf: Kreuzfahrt bleibt Klimakiller
Still haben sich die Kreuzfahrtunternehmen Tui Cruises und Aida vorerst von Klimaneutralität verabschiedet. Der Treibstoff bleibt entscheidend.
Christian Kopp, Nabu
Umweltschutzverbände reagieren enttäuscht auf das Zurückrudern. „Es war die Hoffnung, dass die Platzhirsche im Kreuzschifffahrtsbereich mit gutem Beispiel vorangehen“, sagt Christian Kopp vom Naturschutzbund Nabu. „Durch die Umstellung auf grüne E-Fuels wäre enorm viel gewonnen.“
Derzeit fahren die meisten Kreuzfahrtschiffe mit extrem emissionsreichem Schweröl oder Marinediesel. Die von Hamburg aus betriebene Flotte der Aida hat unter ihren elf Schiffen zwei, die auch mit Flüssiggas betrieben werden können – für den Nabu ist das allerdings kein echter Fortschritt, weil das den Schiffen entweichende Methan extrem klimaschädigend ist.
Ohnehin ist Klimaneutralität für die Kreuzfahrt, vorsichtig gesagt, herausfordernd. Der Treibstoff ist dabei der größte Hebel. Die Pressestelle von Aida verweist auf Nachfrage auf den Nachhaltigkeitsbericht des Mutterkonzerns Carnival Corporation für das Jahr 2023, der offen einräumt, dass mit den gegenwärtig verwendeten alternativen Treibstoffen Flüssiggas und Biokraftstoff Klimaneutralität kaum zu erreichen ist.
Sich festzulegen, sei „unklug“
Der aktuelle Mangel an Klarheit, was die Verfügbarkeit von klimaneutralen Energiequellen angehe, mache es „unklug“, sich auf eine spezielle Strategie oder Zeitschiene festzulegen. Dabei hatte noch 2021 eine Sprecherin erklärt, man werde 2040 mit der gesamten Aida-Flotte emissionsneutral auf Kurs sein.
Tatsächlich ist das von Umweltverbänden favorisierte „grüne“ Methanol teuer und selten. Der sogenannte Champagner der Energiewende ist ein Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Grün ist er allerdings nur dann, wenn er auf Basis regenerativer Energien und mit einer nachhaltigen CO₂-Quelle produziert wird.
Letzteres ist der Fall, wenn das CO₂ nicht aus fossilen Quellen stammt, sondern mit der Air-Capture-Technik aus der Luft entzogen wird – das ist gleichermaßen energieaufwendig wie teuer. Der dänische Container- und Frachtschiffkonzern Maersk, der auf grünes Methanol setzt, hat dafür ein eigenes Kraftwerk gebaut – das Unternehmen ist aber auch deutlich größer als etwa der Hamburger Konzern TUI Cruises.
Dessen Pressestelle äußert sich auf Nachfrage der taz noch vager als die Konkurrenz bei Aida. Von verbindlichen Zielen sei nie die Rede gewesen. „TUI Cruises hatte sich vereinzelt in der Vergangenheit optimistisch darüber geäußert, einen klimaneutralen Schiffsbetrieb bis 2040 für möglich zu halten.“ Die Verschiebung der Klimaziele spiegele „die Prognosen in Bezug auf Entwicklung und Markthochlauf von alternativen Kraftstoffen für die Hochseeschifffahrt“.
Deutsche Umwelthilfe verklagt TUI
Tatsächlich bereiten die verschobenen Ziele TUI Cruises einiges an Ärger. Denn die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat den Konzern im Januar wegen Greenwashings verklagt. TUI, so die Begründung, stelle den Verbraucher:innen ab 2050 einen dekarbonisierten Kreuzfahrtbetrieb durch grünes Methanol und andere E-Fuels in Aussicht, „deren Verfügbarkeit aber nicht ansatzweise gesichert ist“. Laut Jürgen Resch, Geschäftsführer der DUH, geht es darum, „den Verbraucher ehrlich darüber zu informieren, wie groß sein ökologischer Fußabdruck ist“.
Die Versprechungen zu künftiger Klimaneutralität sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kreuzfahrten eine der klimaschädlichsten Arten des Reisens seien. Was bei Flugreisen und Skifahren allmählich das allgemeine Bewusstsein erreiche, müsse auch für die Kreuzfahrt gelten. „Wenn Touristen mit Hubschraubern auf Berge gebracht werden, suggeriert auch niemand, dass das klimaneutral ist“, sagt Resch. Die Umweltbelastung durch Kreuzfahrten müsse sich stärker im Preis auswirken, um diese Art des Reisens unattraktiver zu machen.
Im Juni wird vor dem Hamburger Landgericht darüber verhandelt, wie viel Klimaneutralität sich TUI Cruises künftig ans Werbeschiff hängen darf.
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