Lithium-Produktion in Deutschland: Strategischer Stoff aus der Heide

Bei Lüneburg wollen WissenschaftlerInnen Lithium aus Thermalwasser gewinnen. Bislang kommt der Rohstoff für Akkus vor allem aus dem Ausland.

Ein Mann mit Helm und Schutweste steht vor einem großen Zylinder

Akku-Grundstoff vielleicht bald aus Deutschland: Lithiumextraktionsoptimierungsanlage im Oberrheingraben Foto: Uwe Anspach/dpa

HAMBURG taz | Lithium für die Batterieherstelllung könnte in Zukunft nicht nur in China oder Chile, sondern auch in der Lüneburger Heide gefördert werden. Einen entsprechenden Feldversuch hat die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) jetzt bei Eimke in der Lüneburger Heide gestartet. Das Lithium ist in 150 Grad warmem Thermalwasser enthalten. Die BGR untersucht, mit welcher Methode sich das Metall am besten aus dem Wasser lösen ließe.

Lithium ist ein Schlüsselrohstoff für die Energiewende. Es ist ein Kernbestandteil der Akkumulatoren, wie sie in kleinen Elektrogeräten vom Handy bis zum Laptop, aber eben auch in E-Autos und Wohnhäusern zum Speichern von Strom verwendet werden. Der Stoff ist auf der Welt sehr ungleich verteilt.

Laut der Rohstoffrisikobewertung der Deutschen Rohstoffagentur (Dera) in BGR wird das Angebot „aktuell von zwei Ländern bestimmt“: 75 Prozent der globalen Bergwerksförderung leisten Australien und Chile. Desgleichen stehen fünf Unternehmen für 70 Prozent der globalen Produktion.

Dürfte dieses Oligopol schon einen gewissen Einfluss auf den Lithiumpreis gehabt haben, so hat in jüngerer Zeit auch die Nachfrage stark angezogen. Das Forcieren der E-Mobilität und das geplante Aus für Verbrennermotoren ließen den Preis zwischen 2017 und 2022 von 20.000 auf 70.000 Dollar pro Tonne steigen. Eine Förderung auf dem eigenen Territorium würde Deutschland also nicht nur ein Stück weit unabhängiger machen, sondern wäre auch ziemlich lukrativ.

Chancen im Norddeutschen Becken

Zu den Regionen, die für eine Förderung infrage kommen, gehört das Norddeutsche Becken von der Ems bis Rostock. Für den Feldversuch bei Lüneburg nutzt die BGR nun eine alte Gasbohrstelle, an der sie seit 20 Jahren die Geothermie erkundet. „Die BGR führt als erste Forschungseinrichtung überhaupt Versuche zur Gewinnung von Lithium aus Tiefenfluiden in Norddeutschland durch“, sagte BGR-Präsident Ralph Watzel Ende April bei der Vorstellung des Projekts.

Ähnliche Versuche gibt es auch anderswo. Im pfälzischen Landau läuft eine Pilotanlage zur Lithiumproduktion und im Erzgebirge ist ein bergmännischer Abbau von Lithium geplant. Dabei kann sich der Lithiumgehalt des Wassers in Norddeutschland im Vergleich sehen lassen.

Bis zu 600 Milligramm pro Liter seien in Rostock gefunden worden, sagt Projektleiter Stechern. 192 seien es in Bohrloch Horstberg bei Lüneburg – immer noch mehr als im Oberrheingraben. Der mit Abstand höchste Lithiumgehalt findet sich mit bis zu 1.570 Milligramm in chilenischen Salzwüsten.

Der BGR-Experte schätzt, dass sich aus dem Bohrloch Horstberg 250 bis 500 Tonnen Lithiumcarbonat pro Jahr fördern lassen könnten. „Das entspricht etwa der Menge, die benötigt wird für 5.000 bis 10.000 Autobatterien“, sagt Stechern. Mit der Fördermenge ließen sich zweistellige Millionensummen erlösen.

Das weckt natürlich auch in der Nachbarschaft Interesse. So haben sich die Stadtwerke Munster-Bispingen die Lizenz für eine Lithiumförderung gesichert. „Wir machen ein Tiefengeothermieprojekt in Munster und prüfen, ob wir auch Lithium fördern können“, sagt Geschäftsführer Jan Niemann. Die geologischen Voraussetzungen dafür seien gut. 352 Milligramm pro Liter seien gefunden worden.

Aktuell bestimmen zwei Länder das Angebot: 75 Prozent der globalen Bergwerksförderung leisten Australien und Chile

Allerdings ist es nicht ganz einfach, das Lithium aus dem Wasser zu lösen und damit verfügbar zu machen. Eine Möglichkeit besteht darin, das Lithium aus dem Wasser in ein anderes Lösungsmittel zu überführen, eine weitere darin, das Wasser durch eine Membran zu leiten, um so das Lithium abzuscheiden, eine dritte bewirkt das auf elektrochemischem Wege.

In Horstberg hat sich die BGR für die Methode der Adsorption entschieden. „Dabei wird ein Material verwendet, das wie ein Schwamm das Lithium aufsaugt“, sagt Stechern. Vor Ort erprobe die BGR, ob sich dafür Mangan, Titan oder Aluminium am besten als Grundlage eigne.

Ein Vorteil des Verfahrens sei, dass „nahezu keine Umweltbeeinflussung“ damit verbunden sei, sagt Stechern. Das Projekt benötige eine Fläche von der Größe eines Fußballfeldes und im Übrigen bloß Wasser und schwache Salzlauge. Beides könne recycelt werden.

Nebenprodukt der Erdwärme

Ziel des Projekts, bei dem die BGR mit zwei Fraunhofer-Instituten zusammenarbeite, sei nicht die kommerzielle Förderung von Lithium, sondern, die Voraussetzung für eine kommerzielle Förderung zu schaffen. Da das Lithium ja aus warmem Thermalwasser gelöst wird, „versuchen wir herauszufinden, was der beste Mittelweg zwischen der Gewinnung von Wärme und Lithium ist“, sagt Stechern.

Dabei würde sich die Lithiumproduktion im Zweifel der Wärmeprodukion unterordnen. Denn die Abscheidung des Lithiums sei der letzte Schritt, bevor das abgekühlte Thermalwasser wieder in den Untergrund geleitet werde.

Mit ersten Ergebnissen des Feldversuchs rechnet der Projektleiter in ein bis zwei Monaten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.