piwik no script img

Asiatische Tigermücke in BerlinGesundheitsschädlinge gesichtet

Durch den Klimawandel gibt es hierzulande mehr gefährliche Insektenarten. Bürgerbeteiligung ist gefragt: Wer ein Exemplar findet, sollte es einschicken.

Und so sieht das Tierchen – die Asiatische Tigermücke – aus, von dem man sich tunlichst nicht stechen lassen sollte Foto: dpa

Berlin dpa | Die Asiatische Tigermücke ist in der Partymeile der deutschen Hauptstadt angekommen. Die eingeschleppte Art hat eine schwarz-weiße Zeichnung und ist für den Menschen nicht nur nervig. Sie kann auch Erreger wie Dengue-, Zika- oder Chikungunya-Viren übertragen. Durch die Klimaverschiebungen aufgrund der Erderhitzung fühlt sie sich zunehmend auch in Europa heimisch.

Bisher sind Exemplare in zwei Berliner Bezirken gesichtet worden: „Sowohl im Bezirk Treptow-Köpenick als auch im Bezirk Neukölln sind Tigermücken nachgewiesen worden“, antwortete die Senatsgesundheitsverwaltung auf eine SPD-Anfrage. „Weitere Tigermückenpopulationen in anderen Bezirken sind dem Senat derzeit nicht bekannt.“

Die Gefahren für eine Übertragung gefährlicher Viren auf den Menschen seien gegenwärtig und künftig von verschiedenen Faktoren abhängig, hieß es weiter. Dazu zählen unter anderem die Jahresmitteltemperatur, die Niederschlagsmenge und die Verfügbarkeit von Brutstätten. Derzeit erarbeite eine Arbeitsgruppe Pläne zum landesweiten Vorgehen gegen die Tigermücken. „Dieses Vorgehen soll möglichst bis zum Sommer 2024 festgelegt sein.“ Bislang ist in Deutschland noch keine Übertragung von Dengue-, Zika oder Chikungunya-Viren auf den Menschen bekannt geworden.

Zuständig für die Bekämpfung der Mücken als Gesundheitsschädlinge sind die Bezirke. „Das Bezirksamt Treptow-Köpenick teilt in Bezug auf die getroffenen Maßnahmen mit, dass es ein umfangreiches Monitoring in betroffenen oder potenziell betroffenen Gebieten durchgeführt hat. Zudem wurde über Prävention und Bekämpfung in den verschiedenen Kleingartenanlagen in vielen Veranstaltungen vor Ort aufgeklärt.“

Früher Beginn der Mückensaison

Die Stechmückensaison hat in diesem Jahr besonders früh begonnen. Wald- und Wiesenmücken schlüpfen bereits jetzt, sagt Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg. Und auch Hausmücken, die als flugfähige Mücke überwintern, haben bereits ihre Eier abgelegt. Der frühe Start der Mückensaison sei witterungsbedingt, oft geschehe dies erst Anfang Mai, erläuterte Werner. „Es ist alles drei, vier Wochen früher dieses Jahr.“

Die normale Entwicklung der Mücken kommt im Winter zum Erliegen. Bei Hausmücken dauere die Entwicklung unter den aktuellen Witterungsbedingungen vom Ei bis zur flugfähigen Mücke drei bis vier Wochen. Im Sommer sei diese Zeit wesentlich kürzer und umfasse nur sieben bis zehn Tage.

Dass es nach einem frostigen Winter weniger Mücken gebe, sei ein Irrglaube, sagte Werner. Mücken hätten ein „eingebautes Frostschutzmittel“, mit dem die überwinternden Arten gut über die kalte Jahreszeit kommen. Im Sommer hingegen bräuchten Mücken es feucht und warm, um hohe Populationsdichten aufzubauen, sagte Werner. „Es läuft im Moment gut für die Mücken.“ Eine weibliche Mücke könne in ihrem Leben 1.500 bis 2.000 Eier ablegen, abhängig von Temperatur, Brutmöglichkeiten und Nahrungsangebot.

Monitoring mit Bürgerbeteiligung

Werner ist am Mückenatlas beteiligt: Bei dem Citizen-Science-Projekt können Bürger durch das Einsenden von Stechmücken helfen, wissenschaftlich verwertbare Daten zu sammeln. Es werden auch Daten zur Asiatischen Tigermücke erhoben.

Tigermücken gelten als flugträge, ihr Aktionsradius betrage nur maximal 300 Meter, sagte Werner. Andere Mücken, wie Überflutungsmücken, können demnach mehrere Kilometer weit fliegen. Wenn die Asiatische Tigermücke in ihrem Radius keine Möglichkeit zur Eiablage findet, sei es beim Erkennen einer Population noch möglich, sie zu bekämpfen. Deshalb sei das Einsenden der Mücken so wichtig.

Auch wenn Mücken viele Menschen nerven – die Insekten und ihre Larven sind ein wichtiger Teil des Nahrungsnetzes, etwa für Singvögel, wie der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) betont. Spinnen, Fische, Amphibien und Libellen sind demnach ebenfalls auf das Vorkommen von Mücken angewiesen. Ein Verschwinden von Mücken aus dem Ökosystem hätte für eine Vielzahl von Tieren gravierende Folgen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • taz: Der frühe Start der Mückensaison sei witterungsbedingt, oft geschehe dies erst Anfang Mai, erläuterte Werner. „Es ist alles drei, vier Wochen früher dieses Jahr.“

    **Deutschland wird heißer und trockener. Der wärmeliebenden Europäischen Gottesanbeterin gefällt diese Entwicklung: Ihre Population wächst stetig**, schreibt National Geographic (22.07.2022). Aber nicht nur der europäischen Gottesanbeterin gefällt der Klimawandel, auch die asiatische Tigermücke fühlt sich langsam in Deutschland pudelwohl. Ein Insekt das es eigentlich nur in sehr warmen Gegenden dieser Welt gibt (ihre ursprüngliche Heimat ist Indonesien, Thailand und Vietnam) und das sich jetzt durch die globale Erwärmung sogar schon in Deutschland ausbreitet.

    Der Klimawandel macht das möglich. Für viele Deutsche ist der Klimawandel aber zu abstrakt und wohl auch immer noch in 'weiter Ferne'. Dass jetzt schon in den Sommermonaten immer mehr Bäume in Deutschland "leise verdursten" und es so warm geworden ist, dass die asiatische Tigermücke sich sogar bei uns schon heimisch fühlt, das bekommt der fleißige Deutsche, der jeden Tag "brav" zur Arbeit geht/fährt, damit sein Chef sich die neueste Luxuslimousine kaufen kann, doch gar nicht mit – oder er/sie will es gar nicht wissen. Das ausufernde Wirtschaftswachstum - das immer noch von den Politikern weltweit angebetet wird - macht sich als Klimawandel immer mehr bemerkbar, aber nichts wird dagegen unternommen, denn dann können ja die Wirtschaftsbosse ihr klimaschädliches Monopolyspiel nicht weiterspielen.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Berlin bereitet sich bisher, im Gegensatz zu anderen europäischen Großstädten wie Paris und Barcelona, praktisch garnicht auf die kommende Klimakatatrophe vor.



    Jetzt hat man scheinbar doch etwas gefunden, womit man Handlungswillen dokumentieren kann. Ohne die eigentlich wichtigen Probleme angehen zu müssen.

    Ich bin stolz auf dieses Land … (Sarkasmus aus)

  • Für speziell Interessierte:



    /



    Bei nabu.de



    "Insekten bestimmen, melden und dabei Arten kennenlernen"



    /



    www.nabu.de/tiere-...tmachen/30048.html



    /



    Wenn's nicht passt, kann's hier auch noch fortlaufend "passend gemacht" werden🤔



    /



    www.nabu.de/tiere-...n/unionsliste.html