Forscher fürchten Epidemie: Warnung vor Superspreader Olympia
Wissenschaftler*innen warnen vor einer Dengue-Fieber-Epidemie durch die Tigermücke. Der Klimawandel hat sie hierzulande heimisch gemacht.
Berlin taz | Werden die Olympischen Spiele zu einem „Superspreading Event“ für Dengue-Fieber, Zikaviren oder West-Nil-Fieber? Zumindest befürchten das Wissenschaftler*innen eines der weltweit führenden Medizinforschungszentren in Paris, des „Institut Pasteur“ – des französischen Pendants zum deutschen Robert Koch-Institut.
Eine im Fachmagazin Eurosurveillance erschienene Studie1 warnt, dass infizierte Besucher der Spiele auf die üppige Population der in Paris eingewanderten Tigermücke treffen könnten. Mit verheerenden Ausmaßen: Die Infizierten könnten Erreger unwissentlich zu den Spielen tragen und von den Tigermücken in Paris an Sportbegeisterte aus aller Welt weitergegeben werden. Ein Stich genügt: Fahren diese dann infiziert in die Heimat zurück, könnten sie dort eine Epidemie auslösen.
Aedes albopictus, wie die Asiatische Tigermücke wissenschaftlich heißt, stammt, wie der Name sagt, ursprünglich aus den süd- und südostasiatischen Tropen und Subtropen. Im Zuge der Globalisierung reiste sie im Ei-Stadium auf Schiffen, in Warencontainern, in kleinen Pfützen im Innern von Altreifen nach Europa. Vermutlich in den 1990er Jahren kam sie in Italien an, breitete sich fast im ganzen Land aus und mit den steigenden Temperaturen als Folge des Klimawandels darüber hinaus. Inzwischen ist sie in weiten Teilen Südeuropas heimisch, an der spanischen Mittelmeerküste, in Kroatien, Albanien, Frankreich, aber auch in Deutschland.
In Paris und Umgebung ist die Tigermücke bereits eine Plage: Der Gesundheitsdienst der französischen Hauptstadtregion Ile-de-France versprühte beispielsweise im vergangenen Jahr Insektizide, um der wachsenden Population Herr zu werden. Die Anwohner*innen wurden aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben.
Dengue-Fälle nehmen bereits zu
Was die schwarz-weiß gefleckte Stechmücke gefährlicher als einheimische Artgenossen macht: Sie überträgt hierzulande bislang unbekannte tropische Krankheiten. Das Dengue-Fieber kann zu schweren Gesundheitsschäden bis zum Tod führen, Symptome sind hohe plötzliche Fieberschübe, Hautausschläge und sehr starke Gliederschmerzen. Die Verbreitung der Mücke hat die Dengue-Fälle in Frankreich bereits sehr stark angehoben, im ersten Quartal dieses Jahres stieg die Zahl der Diagnosen um das 13-fache an, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Und Dengue ist nur eine Krankheit, die die Mücke überträgt.
In Deutschland wurden die Eier der Asiatischen Tigermücke erstmals 2007 in Baden-Württemberg nachgewiesen. Früher konnte diese Mücke hierzulande nicht überleben, weil es im Winter zu kalt war. Doch im Zuge des Klimawandels ist der Frost in Deutschland deutlich seltener geworden und die Sommer bereits so warm, dass Tigermücken sich auch hier wohlfühlen und gut vermehren können.
Nerviger als heimische Mücke
Wer die Tigermücke erlebt, wird sie als viel nerviger als die etwa 50 einheimischen Arten beschreiben: Sie ist mit meist nur einem halben Zentimeter eher klein im Vergleich zu „deutschen“ Stechmücken, tagaktiv, aber extrem angriffsfreudig. Das Robert-Koch-Institut stellte einen „starken Anstieg der Dengue-Fieber-Meldefallzahlen in den ersten Monaten 2024“ fest. Übertragungen durch einheimische Mücken wurden aber noch nicht nachgewiesen – und die Fälle liegen aktuell nur im oberen dreistelligen Bereich.
Auch Mark Booth, Epidemiologe an der Newcastle University in Großbritannien, warnt vor einer neuen Epidemie: „Jeder, der während der Olympischen Spiele in Paris lebt, wird Teil eines riesigen Naturexperiments – ob er es weiß oder nicht.“ Allerdings sei dies nichts Neues: „Die Olympischen Spiele 2016 in Brasilien wurden beinahe verschoben, weil man sich vor Zikaviren fürchtete.“
Leser*innenkommentare
Lasagne_666
Sorry Nick Reimer: Vieles stimmt und ist ewichtig, aber das:
". Die Verbreitung der Mücke hat die Dengue-Fälle in Frankreich bereits sehr stark angehoben, im ersten Quartal dieses Jahres stieg die Zahl der Diagnosen um das 13-fache an, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum"
ist fahrlässig/falsch: Der korrekt wieder gegebene Anstieg hat erstmal nichts mit der größeren Verbreitung der Tigermücke zu tun. Das sind alles Infektionen, die sich die Menschen bei einem Auslandsaufenthalt zugezogen haben und nicht in Frankreich. Es gibt solche Fälle, ja, das stimmt, aber der beschriebene Anstieg hat (noch...) nichts damit zu tun.
Axel Schäfer
" .... im ersten Quartal dieses Jahres stieg die Zahl der Diagnosen um das 13-fache an, ....." vielleicht mal die Basis der Zahl zur Einordnung angeben?!
13 mal 1 ist für das Gesundheitssystem sicher besser in den Griff zu bekommen als 13 mal 1.000.
Andreas J
In Paris gibt es immer jede Menge Migranten und Touristen aus aller Welt. Für Rechte sicherlich ein gefundenes Fressen. Ausländer schleppen Krankheiten ins Land. Während Corona gab es Anti-asiatischen Rassismus und wegen AIDS wurden Afrikaner diskriminiert.