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Krankenhausatlas und GesundheitswesenPlötzlich transparenter

Ab Mai sollen Patienten mehr über die Qualität von Kliniken erfahren. Der Verband der Krankenhäuser präsentiert vorher ein eigenes Angebot.

Hier schon mal so eine Art Krankenhausatlas, Miniaturausgabe Foto: Marcus Brandt/dpa

Berlin taz | Zufall ist das Timing gewiss nicht: Kurz bevor das Bundesgesundheitsministerium mit dem „Krankenhausatlas“ mehr Transparenz zur Qualität von Krankenhauseingriffen schaffen will, kommt der Branchenverband Deutsche Krankenhausgesellschaft mit einem erweiterten eigenen Angebot um die Ecke. Ist der Krankenhausatlas von Karl Lauterbach (SPD) dann noch nötig?

Nach einigen Differenzen zwischen Bund und Ländern war Ende März das Krankenhaustransparenzgesetz in Kraft getreten. Es ist Grundlage für den Krankenhausatlas, mit dem die Qualität von Krankenhausbehandlungen anhand von Kenngrößen wie Fallzahlen, Personalausstattung und Komplikationsraten veröffentlicht werden sollen – mit bereits vorhandenen und zusätzlich erhobenen Daten.

Das Krankenhaustransparenzgesetz ist Teil einer umfassenden Krankenhausreform, deren Kern noch nicht beschlossen ist und um die es ebenfalls seit Monaten Streit zwischen Bund und Ländern, aber auch mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft gibt.

Ebendiese Krankenhausgesellschaft stellte nun am Montag eine erweiterte Version ihres Krankenhausverzeichnisses vor. Was bisher vor allem eine Übersicht über die Basisdaten aller Krankenhäuser war – also mit Infos zu Kontaktdaten, Leistungsangebot und mehr –, soll nun ebenfalls Transparenz über die Qualität spezifischer Behandlungen schaffen. In einer Online-Suchmaske können krankenhausspezifisch Fallzahlen und weitere Kenngrößen nach Behandlungsarten abgefragt und auch verglichen werden.

„Wir sind sehr gespannt, was der Bundesgesundheitsminister mit seinem Atlas Zusätzliches liefern will“, hieß es von der Deutschen Krankenhausgesellschaft bei der Vorstellung. Vorstand Gerald Gaß vermutete politische statt qualitativer Motive beim Minister Lauterbach und seinem Krankenhausatlas – etwa durch das bessere Abschneiden großer Kliniken. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hatte zuvor eine Förderung von 10.000 Euro monatlich vom Bundesgesundheitsministerium für ihr Verzeichnis bekommen, die Mitte 2023 nicht verlängert wurde.

Krankenhausatlas soll ab 16. Mai online sein

„Offensichtlich hat die Kliniklobby das Gesetz als Motivation begriffen, über stationäre Angebote und Leistungen transparenter als bisher zu kommunizieren“, hieß es von einem Sprecher des Bundesgesundheitsministers. Den Krankenhausatlas ersetze das neue Angebot der Krankenhausgesellschaft allerdings nicht: Dieser soll laut Gesundheitsministerium neben zusätzlichen Daten vor allem auch die Möglichkeit einer Bewertung der Alternativen durch die Pa­ti­en­t*in­nen bieten. So sei etwa die Angabe von Fallzahlen ohne Bezugsgröße – wie im Verzeichnis der Deutschen Krankenhausgesellschaft – nicht aussagekräftig.

Laut Gesundheitsministerium soll der Krankenhausatlas nach zweiwöchiger Testphase am 16. Mai öffentlich zugänglich sein.

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2 Kommentare

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  • Neue Erkenntnisse oberhalb und/oder unterhalb vom Radar?



    Ein Monitoring der Leistung ist kein Novum, es ist Voraussetzung für die Bezahlung.



    "Qualitätsberichte im PDF-Format – Referenzdatenbank



    Der vollständige Qualitätsbericht eines Krankenhauses kann in der sogenannten Referenzdatenbank eingesehen werden: Hier werden die jährlichen Qualitätsberichte im PDF-Format als Referenzberichte bereitgestellt.



    (....)



    Zu beachten ist: Die Referenzberichte werden jeweils bis zum 31. Januar des auf das Erstellungsjahr folgenden Jahres veröffentlicht. Das bedeutet, dass beispielsweise die Daten zum Berichtsjahr 2022 im Jahr 2023 „erstellt“ wurden und bis zum 31. Januar 2024 veröffentlicht werden konnten."



    www.g-ba.de/themen...qualitaetsbericht/

  • Es wäre ein schon lange überfälliger Schritt, wenn die Krankenhausreform endlich käme.



    Die Sicherheit bei notwendigen Operationen und das Wohl der Patient*innen sollte endlich vor den Interessen von Klinik-Lobbyisten und "Regionalfürsten" stehen.

    Für mich persönlich zählten auch schon in der Vergangenheit Fachkompetenz und Fallzahlen eine größere Rolle ,als die Frage, ob eine Klinik ein paar Kilometer näher an meinem Wohnort liegt als eine andere.



    Künftig wird es - Lauterbach sei Dank - für mich als mündigen Patienten hoffentlich leichter werden die Leistung verschiedener Kliniken zu vergleichen.