Nordländer zur Cannabis-Legalisierung: Trotz Bedenken eingetütet

Das Cannabisgesetz passiert den Bundesrat. Während sich die Grünen im Norden freuen, äußern SPD-Politiker weiter Bedenken.

Cannabispflanzen

Für SPD-Politiker kein schöner Anblick: Cannabispflanzen Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | „We did it! Prohibition is over!“ Kaum hatte der Bundesrat am Freitagvormittag beschlossen, das umstrittene Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis nicht in den Vermittlungsausschuss zu überweisen, twitterte die Bremer Bundestagsabgeordnete Kirsten Kappert-Gonther als Erste erfreut, mit dem Ende der „Prohibition“ sei Geschichte geschrieben worden: „Danke an alle, die dazu beigetragen haben“.

Zuvor hatte die grüne Gesundheitspolitikerin Optimismus geäußert, dass das im Januar vom Bundestag verabschiedete Gesetz trotz zahlreicher Bedenken etlicher Bundesländer im Bundesrat nicht scheitert. Es löse nicht alle Probleme, so Kappert-Gonther, sei aber der überfällige Paradigmenwechsel für mehr Kinder- und Jugendschutz.

Besitz und Anbau von Cannabis sind damit mit zahlreichen Vorgaben für Volljährige zum Eigenkonsum ab 1. April erlaubt. Zum 1. Juli sollen auch nichtgewerbliche Vereinigungen zum gemeinschaftlichen Anbau starten, sogenannte Cannabis Social Clubs.

Bis zuletzt war unklar, wie die Abstimmung ausgeht. Unklar war lange auch, wie die Nord-Bundesländer abstimmen. Generell gilt: Sind sich die jeweiligen Koalitionspartner nicht einig, muss sich das Land enthalten.

Freude und Zweifel im Norden

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) machte seine Ablehnung kurz vor der Debatte noch einmal deutlich: Er halte es für „Unsinn, Cannabis zu legalisieren“, sagte er am Freitagmorgen im Deutschlandfunk. Das Gesetz sei „einfach handwerklich so schlecht gemacht“, dass es nicht umsetzbar sei, wenn es zum 1. April in Kraft tritt.

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatten Bedenken gegen das Gesetz geäußert. Es sei „keine Krone der Gesetzgebung“, sagte Weil im Nachrichtenportal Table Media. Ebenso hatten sich Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher sowie Innensenator Andy Grote (beide SPD) deutlich gegen dagegen ausgesprochen.

Bei der Abstimmung am Freitag, ob der Bundesrat das Gesetz in Vermittlungsausschuss schickt, haben sich alle Nord-Bundesländer schließlich enthalten, weil sich die Koalitionspartner nicht einigen konnten.

Ganz unterschiedlich sind entsprechend die Reaktionen im Norden. Hamburgs grüne Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank begrüßte das Gesetz. „Es ist gut und richtig, dass sich Erwachsene nun nicht mehr strafbar machen, wenn sie einen Joint rauchen“, sagte sie.

Stephan Weil fordert Korrekturen

Auch für die grüne Justizsenatorin Anna Gallina ist das Gesetz „der notwendige Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik“. Gallina sprach aber auch von einem „bitteren Nachgeschmack“, den „der ganze Prozess rund um das Gesetz“ hinterlasse. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sich gegen die Bedenken der Jus­tiz­mi­nis­te­r*in­nen der Länder gesperrt habe. Die Freigabe komme zu schnell.

Peter Tschentscher hingegen sagte der Deutschen-Presse-Agentur, dass er das Gesetz nach wie vor für einen Fehler halte: „Es wird in vielen Bereichen großen Schaden anrichten und die Probleme der Drogenpolitik in Deutschland weiter verschärfen.“ Vor allem junge Leute erhielten dadurch ein „falsches Signal“.

Niedersachsens Ministerpräsident Weil glaubt nicht an ein Ende der Debatte. „Ich bin ziemlich sicher, das Thema Cannabis, das wird uns eine ganze Weile beschäftigen“, sagte er nach der Abstimmung. Die Bundesregierung sei gut beraten, sich zu fragen, an welchen Stellen das Gesetz womöglich nachträglich noch korrigiert werden müsse.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.