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Vereint gegen FreihandelFrankreichs Senat lehnt CETA ab

Die Ratifizierung des Freihandelsabkommens ist in Frankreich damit zunächst gescheitert. Die Opposition fürchtet zu viel Konkurrenz aus Kanada.

Nicht nur in Frankreich, auch in Deutschland gab es Proteste gegen das Abkommen Foto: picture alliance/dpa | Wolfgang Kumm

Paris taz | Mit 211 gegen 44 Stimmen hat der französische Senat die Ratifizierung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) am Donnerstag abgelehnt. Das bringt die Regierung, die sich für eine Zustimmung im Interesse der französischen Exporte stark gemacht hatte, und auch Staatspräsident Emmanuel gegenüber den restlichen EU-Mitgliedstaaten, von denen 17 das Abkommen bereits ratifiziert hatten, in beträchtliche Schwierigkeiten. Denn bereits seit mehr als sechs Jahren funktioniert der Austausch zwischen der EU und Kanada für eine ganze Reihe von Gütern ohne Zollhindernisse.

Es waren die Kommunisten, die ihren „Joker“ für einen parlamentarischen Vorschlag nutzten und das Thema CETA-Ratfizierung auf die Tagesordnung gesetzt haben. Wenn es nach der Regierung gegangen wäre, hätte es die Debatte und die Abstimmung im Senat gar nicht geben dürfen.

Die Senatoren der Regierungsfraktionen versuchten zunächst alles, um das problematische Thema mit einem Antrag zu verschieben, und danach die Diskussionen in die Länge zu ziehen, bis ein Votum nicht mehr möglich wäre. Diese Manöver aber scheiterten am Widerstand der linken und rechten Oppositionsfraktionen, die für ein Mal vereint gegen ein Freihandelsabkommen antraten, das für sie – aus teils unterschiedlichen Gründen – nicht im Interesse Frankreichs erachten.

Obwohl dank des Abkommens Frankreich etwas mehr Wein und vor allem Camembert-Käse nach Kanada ausführt, kritisieren die CETA-Gegner eine unlautere Konkurrenz für Landwirtschaftsprodukte, weil in Kanada nicht dieselben Standards gelten würden wie in der EU. Grundsätzlich ging es um einen Schutz der einheimischen Produktion: „Wir wollen nicht einführen, was wir selber herstellen können“, machte die konservative Senatorin Valérie Boyer geltend, während der Grünen-Senator Guillaume Gontard von der liberalen Marktöffnung unter anderem wegen Importen von Landwirtschaftsprodukte mit in Europa verbotenen Pestiziden eine „Klima- und Gesundheitskatastrophe“ befürchtet.

Linke wie rechte CETA-Gegner im Senat sehen laut dem konservativen Fraktionschef Bruno Retailleau in der Ablehnung der Ratifizierung auch ein „Signal an die EU-Kommission, die gegenwärtig Mercosur verhandelt“. Das ist das Freihandelsabkommen mit Südamerika. Da die Regierung nicht verpflichtet ist, diese Abstimmungsniederlage sofort offiziell der EU mitzuteilen, können weiterhin provisorisch gemäß Abkommen Waren zollfrei ausgetauscht werden.

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4 Kommentare

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  • Die gewaltige Ablehnung im Senat hat noch einen weiteren Nachteil.

    Mercosur" hängt eh schon wegen Frankreich und Agrar-EU-Kollegen in der Warteschleife ohne Aussicht auf ein Ende.

    Die Ceta-Ablehnung macht das Zustandekommen von Mercosur nach jetzigem Stand absolut unmöglich.

    Berlin und die meisten deutschen Medien hüllen sich in Schweigen - ohnmächtiges Schweigen.



    Früher wurden so etwas mit dem Scheckbuch - dem deutschen Scheckbuch - geregelt-



    Dafür ist aber aktuell keine Luft mehr. Da der deutsche EU-Beitrag eh schon "himmlische" Höhen erreicht aht.

  • Es sei nur schüchtern an auch nicht ratifierte TTIP (aka "Chlorhünchen") erinnert: Jetzt sind wir kein Partner für das US-IRP, aber Kanada und Mexiko schon. Blöd.

  • Gut gemacht! Jeder Knüppel, der der voranschreitenden Vermarktwirtschaftlichung der Welt, zwischen die Beine geworfen wird, ist ein kleine Hoffnung, dass wir doch noch einmal eine anderen Weg finden, als die ganze Welt in einen Marktplatz für Kapitalverwertungsinteressen zu verwandeln.

  • Recht haben sie ...

    Wenn man zusammenfügt, was nicht zusammengehört, gibt es auf beiden Seiten ein paar Gewinner (die vorher sehr laut sind) und für jeden Gewinner ebensoviele Verlierer. Das wird üblicherweise unterschlagen.

    Der Unterschied zu früher ist, dass der Staat und die Gesellschaft bereits vorab die Kontrolle abgegeben haben, wenn ein negatives Problem auftritt.