piwik no script img

Vor den Wahlen in SenegalOppositionskandidaten freigelassen

10 Tage vor der Wahl in Senegal werden die beiden wichtigsten Oppositionspolitiker aus der Haft entlassen. Jetzt wollen sie auch gewinnen.

Un­ter­stüt­ze­r:in­nen von Oppositionspolitiker Ousmane Sonko feiern dessen Freilassung in Dakar in der Nacht zum 15. März

Cotonou taz | Der Autokorso ist lang, das Hupkonzert laut, und aus mehreren Fahrzeugen wehen Flaggen. In der Nacht zu Freitag haben auf den Straßen von Senegals Hauptstadt Dakar An­hän­ge­r:in­nen von Ousmane Sonko und Bassirou Diomaye Faye deren Freilassung aus dem Gefängnis gefeiert. Die große Party wirkt so, als habe letzterer bereits die Präsidentschaftswahl, die am 24. März stattfindet, gewonnen. Auf manchen Plakaten wird der 43-Jährige schon zum fünften Präsidenten der Republik erklärt.

Beide Oppositionskandidaten sind Senegals bekannteste Inhaftierte gewesen. Sonko ist wegen „Verführung der Jugend“ vergangenes Jahr zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden und war nicht als Kandidat zugelassen. Der Prozess von Diomaye Faye stand jedoch noch aus, was seine Kandidatur wiederum möglich machte.

Überraschend war, dass sich Sonko so deutlich hinter ihn stellte. In der Nacht zu Freitag haben sie erneut gezeigt, dass es ihnen durchaus gelingen kann, Menschen zu mobilisieren. Ob alle An­hän­ge­r:in­nen tatsächlich in gut einer Woche auch ihre Stimme abgeben, wird sich allerdings erst zeigen.

Möglich gemacht hat die Freilassung das neue Amnestiegesetz, das das Parlament vergangene Woche verabschiedet hat. Schon direkt danach hatte es Spekulationen gegeben, ob beide aus dem Gefängnis kommen. Offiziell heißt es, dass es der Versöhnung dienen soll.

„Kandidat für den Systemwechsel“

In Senegal ist es in der zweiten Amtszeit von Macky Sall – er hätte nur mithilfe einer Verfassungsänderung erneut kandidieren können – immer mehr zu Einschränkungen von Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit gekommen. Bei Protesten im Februar gegen die Verschiebung der Wahl, die ursprünglich am 25. Februar hätte stattfinden sollen, starben vier Menschen. Das Land gilt als zunehmend tief gespalten.

Autokorso mit feiernden Menschen in der senegalesischen Hauptstadt Dakar am 15. März Foto: Zohra Bensemra/reuters

Es gibt allerdings auch Kritik: Möglicherweise verhindert das Gesetz die Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen, die ab 2021 bei politischen Protesten begangen wurden. Mehr als 40 Menschen kamen seitdem ums Leben. Vor allem bei Demonstrationen gegen den Sonko-Prozess wurden zahlreiche Personen verhaftet, ohne dass es anschließend zu Prozessen kam.

Bassirou Diomaye Faye gilt als „Kandidat für den Systemwechsel“. Er gehörte der von Sonko gegründeten Partei Pastef an, die vergangenes Jahr verboten wurde. Das Lager hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gegen Salls Regierung positioniert und Kritik an einer einstigen Kolonialmacht Frankreich, aber auch an Wirtschaftsabkommen mit Europa geäußert. Stattdessen gibt es eine Rückbesinnung auf den Panafrikanismus.

Die Freilassung wird in Senegal von einigen Be­ob­ach­te­r:in­nen auch als ein Eingeständnis von Sall gewertet, dass die Regierungskoalition die Wahl nicht mehr gewinnen kann. Weder dem bisherigen Premierminister Amadou Ba, noch den übrigen 17 Kan­di­da­t:in­nen ist es in der vergangenen Woche gelungen, so viele Menschen zu mobilisieren. Erreicht im ersten Wahlgang niemand die absolute Mehrheit, gibt es eine Stichwahl.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Grundsätzlich eine gute Nachricht. Der Senegal hatte angefangen, mir Sorgen zu machen, da die einstmals relativ stabile Demokratie immer weiter in Richtung Autoritarismus abrutschte. Die Spaltung im Land gibt immer noch Grund zur Sorge: die ungleiche Verteilung und zunehmende Armut, die Verwüstung im Norden sowie wachsende informelle Siedlungen um Dakar herum lassen Extremisten an Macht gewinnen.

    Eine neue Regierung wird viel in Glaubwürdigkeit und Einigkeit investieren müssen. Sich dabei auf afrikanische Werte zu besinnen, könnte dabei helfen.