Senegals Präsident entschärft Krise: Kein drittes Mal für Macky Sall

In einer mit Spannung erwarteten Ansprache verzichtet Senegals Staatschef auf eine dritte Amtszeit. Das nimmt seinen Gegnern den Wind aus den Segeln.

Senegalesen protestieren mit einem großen Banner gegen den Präsidenten Macky Sall

In Marseille demonstrierten im Juni Anhänger von Senegals Oppositionsführer gegen Präsident Sall Foto: Zuma wire/imago

BERLIN taz | Bei Senegals Präsidentschaftswahlen im Februar 2024 wird Amtsinhaber Macky Sall nicht erneut kandidieren. Mit dieser Zusage hat der Staatschef in einer Fernsehansprache am Montagabend eine politische Krise unabsehbaren Ausmaßes vorerst entschärft.

„Senegal ist größer als meine Person“, erklärte Sall, „und es ist voller Leader, die genauso fähig sind, das Land voranzubringen.“ Er stehe zu seinem Wort, nicht zu einer dritten Amtszeit anzutreten, obwohl die Verfassungsreform von 2016 ihm das Recht dazu gebe. „Ich habe einen Ehrenkodex und einen Sinn für historische Verantwortung, und diese weisen mich an, meine Würde und mein Wort zu wahren“, so der Staatschef.

Macky Sall war 2012 zum ersten Mal gewählt worden – er setzte sich gegen den damaligen Präsidenten Abdoulaye Wade durch, der damals selbst für eine dritte Amtszeit kandidierte, die er zuvor mit einer Verfassungsreform ermöglicht hatte. Massenproteste der Demokratiebewegung verhinderten Wahlfälschung durch Wade und brachten Sall an die Macht.

Um so größer war die Enttäuschung, als der neue Präsident 2016 die Verfassung erneut in einer Weise ändern ließ, die drei Amtszeiten ermöglichte. Sall ließ sich 2019 zu seiner zweiten Amtszeit wiederwählen, die nun formal die erste nach der Verfassungsreform war, und ließ die Frage einer Kandidatur 2024 offen.

Da zugleich politische Gegner des Präsidenten juristisch kaltgestellt wurden – erst Karim Wade, der Sohn des Amtsvorgängers, und dann Hauptstadtbürgermeister Khalifa Sall –, wuchs in Senegal der Eindruck, als bastele sich Macky Sall sein eigenes Machtsystem auf Dauer zurecht. Dies war ein Grund für die Popularität des neuen Oppositionsführers Ousmane Sonko, der mit einer eher populistischen Kampagne die perspektivlose städtische Jugend begeistert hat.

Auch Sonko ist juristisch kaltgestellt worden. Zuletzt wurde er am 1. Juni wegen „Verführung Minderjähriger“ in einem Prozess wegen mutmaßlicher Vergewaltigung einer Mitarbeiterin eines Massagesalons schuldig gesprochen. Das schließt ihn nach jetzigem Stand von einer Präsidentschaftskandidatur 2024 aus.

Indem Sonko seinen Prozess boykottierte, seine Anhänger gegen die Justiz mobilisierte und seine Anklägerin öffentlich mit trumpistischem Sexismus überzog, machte er zugleich deutlich, dass er kaum als Retter der Demokratie taugt. Er hat sich in seiner Residenz in Dakar verschanzt und weigert sich, seine Haft anzutreten.

Das Urteil gegen Sonko führte zu massiven Unruhen, deren Niederschlagung je nach Berichten 24 bis 30 Tote forderte. Seitdem wartete ganz Senegal gespannt auf den nächsten Funken in Form einer Kandidatur des Präsidenten. Am Sonntag erst rief Sonko zum „Endkampf“ gegen Sall auf, egal was der in seiner Ansprache sagen würde.

Aber davon ist jetzt nach Salls Verzicht keine Rede mehr – Sonko bleibt stumm, Sall wird mit Lob überschüttet. „Möge diese wohlüberlegte Entscheidung endgültig das politische Klima in diesem Bruderland beruhigen“, reagierte Nigers Präsident Mohamed Bazoum, neben Sall der einzige andere zivile gewählte Präsident in der Sahelzone. UN-Generalsekretär Antonio Guterres sprach von einem „sehr wichtigen Beispiel für die Welt“. In Senegal sprach Menschenrechtsaktivist Alioune Tine, zuletzt Mali-Beauftragter der UN-Menschen­rechtskommission, von einer „Erlösung“ für Senegal.

Offen bleibt nun, wer 2024 für Senegals Regierungsallianz BBY (Benno Bokk Yakaar – In Hoffnung vereint) kandidiert und ob darüber hinaus Reformen möglich sind. Senegal „braucht heute keinen Messias oder Guru“, schreibt der Kolumnist Vieux Savane in der Zeitung Sud Quotidien. „Wir müssen überlegen, welche Mechanismen wir einführen, damit Politik nicht länger als Instrument der persönlichen, familiären und Clan-Bereicherung missbraucht wird.“

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