Machtkampf in Senegal: Beliebter Oppositioneller im Visier

Die Jugend in Senegal setzte große Hoffnungen in Oppositionsführer Sonko. Nun kommt der Populist in Haft und seine Partei wird verboten.

Politiker Ousmane Sonko an einem Mikrofon.

Oppositionspolitiker Ousmane Sonko wurde wiederholt von der Regierung festgesetzt Foto: Sylvain Cherkaoui/ap/dpa

BERLIN taz | Als hätte Westafrika gerade nicht schon genug Krisen, treibt Senegals Regierung unter Präsident Macky Sall die Konfrontation mit ihren Gegnern auf die Spitze. Der unter der unzufriedenen Jugend wegen seiner antiwestlichen Haltung populäre linkspopulistische Oppositionsführer Ousmane Sonko wurde am Freitag festgenommen und am späten Montagabend unter Anklage der Verschwörung gegen den Staat in Haft genommen. Seine Partei Pastef (Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit) wurde vom Innenministerium für aufgelöst erklärt.

In Vorbereitung darauf hatte Senegals Regierung bereits am Montagmorgen das mobile Internet abgeschaltet, nach Angaben des zuständigen Ministeriums „wegen der Verbreitung von Hass und Subversion in einem Kontext der Bedrohung der öffentlichen Sicherheit“.

In den großen Slumvierteln der Hauptstadt Dakar schlossen die Geschäfte am Montag früher und die Straßen gehörten ab dem späten Nachmittag maskierten Jugendlichen mit Brandbomben, die Straßensperren aus brennenden Autoreifen errichteten, wie die Zeitung Sud Quotidien berichtete. Die Sicherheitskräfte hätten sich darauf beschränkt, öffentliche Gebäude zu schützen. In der südsenegalesischen Stadt Ziguinchor, deren Bürgermeister Sonko ist, gab es demnach hingegen schwere Unruhen mit Straßenkämpfen und zwei Toten.

Vor zwei Monaten hatte die Verurteilung Sonkos zu zwei Jahren Haft wegen Verführung Minderjähriger – er war wegen Vergewaltigung einer Mitarbeiterin eines Massagesalons angeklagt – schwere Unruhen vor allem in Dakar nach sich gezogen. Nach offiziellen Angaben wurden 16 Menschen getötet, die Sicherheitskräfte setzten Berichten zufolge auch Provokateure und Scharfschützen in Zivil ein.

„Häufige Aufrufe zum Aufstand“

Sonkos Anhänger gingen damals davon aus, der Präsident plane vor der Wahl 2024 eine in der Verfassung nicht vorgesehene Kandidatur für eine dritte Amtszeit. Als Sall Anfang Juli erklärte, keine Wiederwahl anzustreben, sanken die Spannungen, aber offen blieb, ob Sonko trotz seiner Verurteilung antreten dürfe. Nun ist das endgültig ausgeschlossen: Der populäre Oppositionsführer Senegals soll sich wegen Aufrufs zum Aufstand, Bildung einer kriminellen Vereinigung auch im Zusammenhang mit terroristischen Vorhaben, Gefährdung der Staatssicherheit, Verschwörung gegen den Staat, Landfriedensbruch, Diebstahl und Verbreitung falscher Nachrichten vor Gericht verantworten. Nach Angaben von Juristen muss er mit bis zu 20 Jahren Haft rechnen.

Das Verbot seiner Partei begründet das senegalesische Innenministerium mit „häufigen Aufrufen zum Aufstand“. Damit ist die wichtigste aufstrebende Oppositionskraft des Landes kaltgestellt. Gegründet wurde Pastef im Jahr 2014 von Sonko, bei der Präsidentschaftswahl 2019 landete er mit knapp 16 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz. Bei der Parlamentswahl 2021 bildete Pastef mit der Partei von Expräsident Abdoulaye Wade die Koalition YAW (Yewwi Askan Wi – Setzt das Volk frei). Diese holte auf Anhieb den zweiten Platz mit 33 Prozent der Stimmen und 56 der 165 Parlamentssitze.

Das harte Vorgehen des Staates stößt jetzt auf scharfe Kritik. „Senegal macht einen Rückschritt um 63 Jahre“, sagte Seydi Gassama, Direktor der Menschenrechtsorganisation Amnesty International im Senegal, unter Verweis auf Senegals Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960. Mehrere Oppositionspolitiker machten geltend, ein Parteiverbot benötige einen richterlichen Beschluss und könne nicht einfach von der Regierung verfügt werden.

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