Islamistischer Terrorismus: Faeser sieht „akute Terrorgefahr“

Die mutmaßlich für den Moskauer Anschlag verantwortliche Terrorgruppe ISPK sei auch in Deutschland aktiv, warnt Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

Nancy Faeser steht vor Mikrofonen

Warnt vor islamistischen Anschlägen in Deutschland: Bundesinnenministerin Nancy Faeser Foto: Britta Pedersen/dpa

BERLIN taz | Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt vor einer akuten Terrorgefahr auch in Deutschland. Die Terrorgruppe „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK), die sich zu dem Blutbad im russischen Krasnogorsk bei Moskau bekannt hat, sei längst auch in Deutschland aktiv, sagte die SPD-Politikerin der Süddeutschen Zeitung: Vom ISPK gehe derzeit auch in Deutschland die größte islamistische Bedrohung aus.

Eine Einschätzung, die Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) teilt. „Die Gefahr islamistischer Anschläge ist auch hierzulande real und seit der Eskalation des Nahost-Konflikts durch die Hamas am 7. Oktober 2023 sogar so hoch wie lange nicht“, so Lindholz in einer Mitteilung am Sonntag. Der Verfassungsschutz warne schon „seit längerem gerade auch vor diesem IS-Ableger“. Sie fordert, den Anschlag in Moskau zum Anlass zu nehmen, die Sicherheitskonzepte der in weniger als 100 Tagen in Deutschland stattfindenden Fußball-EM zu überprüfen.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte dem Handelsblatt, der fürchterliche Terrorangriff in Moskau zeige deutlich, wie konkret die Gefahr durch islamistische Terrorzellen nach wie vor sei. Gerade mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland und die Olympischen Spiele in Frankreich gelte es, „erhöht wachsam“ zu sein.

Das Bundesinnenministerium hatte bereits im Februar darauf hingewiesen, dass „die Gefahr, die vom islamistischen Terrorismus ausgeht, in der jüngeren Vergangenheit und nicht zuletzt durch die Auswirkungen des Nahostkonflikts angestiegen“ sei. In der Antwort auf eine AfD-Anfrage heißt es weiter, dass der ISPK, dessen Hauptwirkungsgebiet in Afghanistan und Pakistan liegt, vermehrt Anschlagsziele außerhalb seines bisherigen Einflussbereichs in den Blick nehme.

Während der Weihnachtsfeiertage 2023 seien mehrere Personen mit mutmaßlichem Bezug zum ISPK festgenommen worden. Auch der vereitelte Anschlag auf den Kölner Dom ist wohl dieser Terrorgruppe zuzurechnen.

Im Visier der Behörden

Nach Auskunft der Bundesregierung trauen die Verfassungsschutzbehörden aktuell rund 1.700 Personen in Deutschland islamistisch-terroristische Anschläge zu. Die Polizei hatte erst vergangene Woche Dienstag zwei Männer in Gera festgenommen, die auf Anweisung des IS-Ablegers Anschläge auf das schwedische Parlament geplant haben sollen.

Der ISPK sei vermutlich der einzige IS-Ableger, „der aktuell fähig wäre, im Westen einen großen, koordinierten Anschlag durchzuführen“, so der Terrorismusexperte Peter Neumann im Dezember in einer über den Kurznachrichtendienst X verbreiteten Analyse. Festnahmen von IS-Unterstützern hätten auch in Europa immer häufiger einen Zusammenhang mit ISPK aufgewiesen. In Deutschland sei es fast immer um tadschikische beziehungswweise zentralasiatische Netzwerke gegangen.

Nach dem Terroranschlag in Russland drückten auch hochrangige deutsche Po­li­ti­ke­r:in­nen den Betroffenen ihr Mitgefühl aus – wegen der auf Eis liegenden Beziehungen mit Moskau aber nur distanziert auf der Plattform X. Üblich wäre in solchen Fällen ein Kondolenzschreiben an die Staatsführung des jeweiligen Landes.

„Die Bilder aus Moskau von Attentätern, die wahllos auf Konzertbesucher feuern, sind schrecklich“, schrieb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Mein Mitgefühl gilt den Familien der Ermordeten sowie den vielen Verletzten.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb: „Wir verurteilen den schrecklichen Terrorangriff auf unschuldige Konzertbesucher in Moskau. Unsere Gedanken sind mit den Angehörigen der Opfer und allen Verletzten.“

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