Weltwetterorganisation warnt: 2023 war fast 1,5 Grad zu heiß

Ein 49-Jähriger hungert, um den Kanzler zu einer Aussage zur Klimakrise zu zwingen. Derweil hat die Welt ein Jahr der Klimaextreme hinter sich.

Ein Mann wird von mehreren Polizisten weggetragen

Wolfgang Metzeler-Kick wird von einem Protest der Klima-Gruppe Letzte Generation weggetragen Foto: Fritz Engel

BERLIN taz | Fast 10 Kilo hat Wolfgang Metzeler-Kick in 13 Tagen abgenommen. Der 49-jährige Klimaaktivist ist im Hungerstreik, nimmt täglich nur 250 Milliliter Saft mit Vitaminen zu sich. Er will Bundeskanzler Olaf Scholz zu einer Regierungserklärung bringen. „Der Fortbestand der menschlichen Zivilisation ist durch die Klimakatastrophe extrem gefährdet“, soll der SPD-Politiker sagen.

„Hungern, bis ihr ehrlich seid“, nennen sich Metzeler-Kick und seine Unterstützer*innen. Auch auf den Rest der Bundesregierung will die Gruppe Druck ausüben. Der hungernde Aktivist steht am Dienstagmorgen in einem schwarzen Anzug mit weißem Skelettaufdruck vor dem Bundesverkehrsministerium von Volker Wissing (FDP) und verteilt Kopien seines Briefs an Scholz an Passant*innen.

Derweil liefert die Weltwetterorganisation neue Hiobsbotschaften: Die globalen Temperaturen erreichten im Schnitt schon fast die gefürchtete Marke von 1,5 Grad Erderhitzung im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten. Genau waren es 1,45 Grad, wie die Weltwetterorganisation (WMO) am Dienstag in ihrem jährlichen Bericht zum Zustand des Weltklimas mitgeteilt hat. Das Jahrzehnt von 2014 bis 2023 sei das heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen.

Die Behörde der Vereinten Nationen warnt: Die hohen Temperaturen hätten bereits den Alltag von Millionen von Menschen auf den Kopf gestellt und zu Schäden in Milliardenhöhe geführt. „Hitzewellen, Fluten, Dürren, Waldbrände und deutlich intensivere Zyklone haben Elend und Chaos verursacht“, heißt es bei den Meteorolog*innen.

Klimakrise führt zu Flucht und Unterernährung

„Was wir im Jahr 2023 erlebt haben, war besonders besorgniserregend, speziell die beispiellose Erwärmung der Ozeane, der Rückzug der Gletscher und der Verlust des antarktischen Meereises“, sagt WMO-Chefin Celeste Saulo.

Deutschland hat seine Treibhausgasemissionen, die Hauptursache des Erhitzungstrends, laut Umweltbundesamt im vergangenen Jahr deutlich gesenkt, nämlich um rund 10 Prozent. Das lag an Fortschritten bei der Energiewende, aber etwa auch an der Wirtschaftsflaute. Es gibt allerdings Bereiche, in denen es beim Klimaschutz praktisch gar nicht vorangeht. Zum Beispiel der Verkehrssektor: Der Autoverkehr, ein Haupttreiber der Emissionen in dem Bereich, hat 2023 sogar wieder zugenommen.

Der deutsche Klimaforscher Karsten Haustein von der Uni Leipzig warnt angesichts der Daten vor dem „fehlenden Willen einiger Akteure, die Klimakrise ernst zu nehmen“. Besonders beunruhigend sei, dass die Zahl der von Überschwemmung und Dürre betroffenen Menschen im Globalen Süden stark zugenommen habe.

„Damit einhergehend hat sich nicht nur die Zahl der zur Flucht gezwungenen Menschen deutlich erhöht, auch das Problem der Unterernährung hat nach Jahren der Besserung seit circa fünf Jahren global wieder zugenommen“, so der Experte.

Wolfgang Metzeler-Kick will weiter auf Essen verzichten. Ein Sprecher des Kanzleramts bestätigt den Eingang seines Briefs auf Anfrage der taz, äußert sich aber nicht dazu. Bis zur Europawahl im Juni könne er den Hungerstreik durchstehen, sagt der Aktivist. Wenn Scholz dann noch nicht auf seine Forderung reagiert hat, will er auch auf den Saft verzichten. Ob ihn sein Umfeld nicht davon abhalten wolle? Gegenfrage: „Wie willst du jemanden abhalten, der bereit ist zu verhungern?“

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