Klimaschutzverträge für die deutsche Wirtschaft: Köder fürs Klima

Die Klimaschutzverträge sind ein Argument für den grünen Wirtschaftsstandort Deutschland. Unternehmen dürfen vom Staat finanziell erleichtert werden.

Robert Habeck steht am Rednerpult und spricht

Robert Habeck stellt das Verfahren der neuen Klimaschutzverträge mit der energieintensiven Industrie vor Foto: Britta Pedersen/dpa

Die deutsche Industrie wird überleben. Die Angst vor der Deindustrialisierung und ähnlichen Katastrophen ist wenig begründet. Momentan steckt die Wirtschaft zwar in einer Schwächephase, was nach einem langen Boom aber nichts Besonderes ist. Manche Firmen bedrücken zudem die absehbar hohen Kosten der Transformation zur Klimaneutralität. In dieser Hinsicht sind die sogenannten Klimaschutzverträge, die Wirtschaftsminister Robert Habeck am Dienstag präsentierte, ein gutes Gegenargument. Energieintensive Unternehmen sollen sich in Ausschreibungen um eine neue Art öffentlicher Förderung bewerben, damit sie ihre hiesige Produktion klimaneutral umbauen.

Die Milliarden Euro, die Firmen bekommen werden, wirken als Schutz gegen ihre Abwanderung aus Deutschland und Europa. Denn es gibt zwei große wirtschaftspolitische Herausforderungen. Erstens die geoökonomische und geopolitische Konkurrenz zwischen Europa, China und den USA. Wenn dort hohe Subventionen fließen – und das tun sie –, kann man hier nicht tatenlos zuschauen. Zweitens die Transformation zur Klimaneutralität: Der Emissionshandel, also der steigende Preis für Kohlendioxidausstoß, ist ein starker Treiber zur Ökologisierung der Produktion. Allein kann er aber auch dazu führen, dass Unternehmen sich nach billigeren Stand­orten umsehen. Deshalb erscheint es ratsam, ihnen das Bleiben finanziell zu erleichtern.

Das kann man aus unterschiedlicher Sicht für schlecht halten. So wünschen sich Liberale möglichst freie Märkte und Preisbildung. Aber Marktwirtschaft ist immer auch politisch. Ohne Dutzende Milliarden Euro Subventionen für Airbus würden wir heute alle Boeing fliegen – was besonders die CSU in Bayern unattraktiv fand.

Sicherlich kennen die Unternehmen ihre Produktionskosten besser als der Staat, und sicherlich übertreiben die Konzernvorstände gerne ein bisschen, wenn sie Geld aus öffentlichen Kassen erbitten. Bei den Klimaschutzverträgen erscheinen die Aussichten jedoch ganz gut, dass die Firmen die Be­am­t:in­nen nicht um den Finger wickeln. Denn die Ausschreibungen erzwingen Konkurrenz unter den Antragstellern, wodurch die Kosten für die Bundesregierung nicht ins Uferlose steigen.

Mit etwas Glück werden die Klimaschutzverträge außerdem ihren Beitrag dazu leisten, dass gewinnstarke neue Produkte hier hergestellt und weltweit verkauft werden – energieeffiziente Elektrolyseure zum Beispiel, die grünen Wasserstoff erzeugen. Das neue Verfahren generiert Milliarden Euro Investitionen in das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand der Zukunft.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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