: Alt, abersexy
Die Baubranche ist ein echter Klimakiller. Um das zu ändern, müssen gebrauchte Baustoffe und neue Gebäude zueinanderfinden. Wie das geht? Unterwegs mit einer Bauteiljägerin
Von Lisbeth Schröder (Text)und Felix Schmitt (Fotos)
Tee einschenken, Treppen hoch, ein kurzes Telefonat noch, der Akku macht bald schlapp. Ann Kathrin Goerke hat auf der Fahrt von Berlin nach Frankfurt fast durchgehend telefoniert. Sie will die Baubranche umkrempeln, und das muss schnell gehen. Auch heute, in einem leerstehenden mehrstöckigen Bürogebäude in der Frankfurter Innenstadt. Der Tag ist durchgetaktet: vom Bahnhof direkt ins Büro. 15 Uhr: Bestandsaufnahme im Gebäude. Um 16 Uhr kommen zwei Männer aus Österreich, um Türen auszubauen, um 17 Uhr ist ein Videotelefonat mit einer Architektin, die sich für die Teppichfliesen interessiert, danach eines mit einer Ausbaufirma. Dann schnell zum Zug nach Freiburg.
Die studierte Architektin ist an diesem Tag im Januar als Bauteiljägerin unterwegs. Türen, Glaswände, Teppichfliesen – all das und noch mehr will die 36-Jährige möglichst schnell an Menschen mit neuen Bauvorhaben bringen. Goerke ist Projektmanagerin bei Concular, einem Berliner Unternehmen, das sich auf die Wiederverwendung von Bauteilen spezialisiert hat. Das sanierungsbedürftige Bürogebäude wurde verkauft, der neue Bauherr hat nun Concular damit beauftragt, eine Bestandsaufnahme zu machen und alles zu verkaufen, was nur geht. Das ist nicht nur finanziell, sondern auch ökologisch sinnvoll, denn: „Wiederverwendung am Bau ist einer der größten Hebel im Kampf gegen den Klimawandel“, sagt Goerke. Sie fasst jahrzehntelange Baugeschichte so zusammen: „Architekten haben lange Zeit auf Neubau gesetzt. Diesen Luxus können wir uns heute gar nicht mehr leisten.“
Denn etwas muss sich ändern: Bauschutt macht derzeit etwa 55 Prozent des Mülls in Deutschland aus. Weltweit verursacht der Bausektor knapp 40 Prozent der Treibhausgasemissionen. Tendenz steigend, denn wenn für eine wachsende Bevölkerung ausreichend Wohnraum bereitstehen soll, müsste die Menschheit laut Weltwirtschaftsforum die nächsten 40 Jahre lang jeden Monat eine Fläche in der Größe von New York City errichten.
Mittlerweile hat die Baubranche das Thema für sich entdeckt. Unter dem Stichwort „Urban Mining“ beschäftigen sich Fachleute damit, wie sich Bauteile wiederverwenden lassen. Altbautüren werden in Neubauwohnungen eingebaut, gebrauchte Betonwände an neue Orte verfrachtet, oder das Rotorblatt eines Windkraftwerks dient mit dem entsprechenden Unterbau als Küchentisch, wie in der Technischen Universität Hamburg.
Seit jeher nutzen Menschen Altes, um daraus Neues zu erschaffen. Im Mittelalter bediente man sich an den Ruinen des römischen Reichs. So entfernten die Menschen in Italien etwa Marmor aus alten Thermen und setzten ihn in neue Häuser ein. Warum auch neu bauen, wenn die Bevölkerungszahl nicht stieg, sondern eher sank?
Heute werden Gebäude vorwiegend für den einmaligen Nutzen geplant. Während Türrahmen früher in die Wand geschraubt wurden und leicht wieder herauszutrennen waren, werden sie heutzutage eher mit Bauschaum in die Wand geklebt. Statt auf das Wiederverwenden wird auf Recycling gesetzt. Doch das ist nicht dasselbe. Janus zum Brock, der an der Technischen Universität Hamburg zum nachhaltigen Bauen forscht, stellt fest: „Leider findet dabei oft ein Downcycling statt.“ Das bedeutet, dass das alte Teil an Wert verliert. Altkleider werden eher zu Putzlappen verarbeitet als zu neuen Kleidern. Ebenso landet alter Beton nicht in einem neuen Gebäude. Er wird geschreddert und meistens zum Bau von Straßen verwendet. Gemischte Bauabfälle mit Beton, Ziegeln und Glas wandern oft direkt zur Deponie.
Ann Kathrin Goerke ist mit Bauen als Kreislaufwirtschaft aufgewachsen. Im Garten der Familie stapelten sich Haufen mit Steinen zum Beispiel von Baustellen, aus denen die Goerkes neue Gehwege oder Mauern konstruierten. Und mit Lehm und Stroh bauten sie einen Schuppen. Ihre Eltern brachten Ann Kathrin Goerke bei, wie man nachhaltig lebt. Aber auch, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss, um die Welt zu verbessern. Und so suchte Goerke nach ihrem.
2008 begann Goerke Architektur zu studieren. Sie galt als „Öko“, weil sie sich für Lehmbau interessierte. Nach dem Studium ging es in ein Architekturbüro, sie plante ihre ersten Gebäude, so nachhaltig wie möglich. Das Jahr 2018 war für sie ein Wendepunkt: Der Sonderbericht des Weltklimarats machte auf die Folgen einer Klimaerwärmung von 1,5 Grad aufmerksam – und darauf, dass diese bereits 2030 erreicht sein könnte. Goerke wollte verstehen und stieß auf Analysen wie die des World Wildlife Fund: Dem Planeten und der Menschheit drohen Dürren, Überhitzung und Versauerung. Mindestens 70 Prozent aller Korallenriffe wären bis 2050 verschwunden. „Ich war wochenlang richtig schockiert“, erzählt Goerke: „Ich dachte nur: Oh mein Gott, was machen wir hier alle?“ Ihr sei klar geworden: „Ich bin Teil davon. Ich plane Gebäude, in die tonnenweise Energie gesteckt werden muss. Und ich trage dadurch direkt dazu bei, dass sich die Klimakrise verschlimmert.“
2018 war auch das Jahr, in dem Greta Thunberg zum ersten Mal alleine vor dem Parlament in Stockholm protestierte. Ein Jahr später gingen zwei Millionen Menschen in 135 Ländern auf die Straße, Fridays for Future war geboren. Und damit eine Bewegung, die mehr von der Politik und den Unternehmen forderte.
Auch in der Baubranche rückten Fragen zum Thema Nachhaltigkeit ab 2019 immer mehr in den Fokus, so Ressourcenforscher zum Brock. Wie konkurrenzfähig bleiben, wenn immer mehr Kunden klimafreundliche Gebäude verlangen? Oder wenn strengere Regeln zu mehr Wiederverwendung verpflichten? Die Unternehmen hätten gemerkt: „Wenn man zu spät anfängt, Erfahrungen zu sammeln, ist man bald nicht mehr wettbewerbsfähig.“ Hierzulande rechnet der Zentralverband Deutsches Baugewerbe zwar für 2024 mit einem Verlust von 30.000 Jobs, da weniger Wohnungen gebaut werden. Weltweit allerdings steigt der Bedarf, laut International Labour Organization werden schon bald 6,5 Millionen neue Jobs gebraucht. Die Stellenanzeigen sprechen für sich: Gesucht werden Sustainability Consultants, Werkstudent*innen im Bereich Lifecycle Management oder Bauingenieur:innen für klimafreundliches Bauen. Auch Ann Kathrin Goerke orientierte sich um. 2023 fing sie bei Concular an. Für sie: ein Zurück zur Kreislaufwirtschaft.
Emissionen reduzieren und Ressourcen einsparen – am besten geht das, wenn Rohstoffe und Produkte nach der Nutzung ihren Weg zurück in den Wirtschaftskreislauf finden. Diese Methoden gibt es:
Wiederverwendung (Re-Use): Gegenstände ohne wesentliche Veränderung an anderer Stelle weiterzuverwenden ist der energieeffizienteste Weg überhaupt. Beispiele in der Baubranche: Stahlträger, Treppenstufen, Türen, Leuchten.
Recycling: Beschädigte oder stark abgenutzte Produkte werden in ihre Ursprungsrohstoffe zurückverwandelt und anschließend neu verarbeitet. Beispiele in der Baubranche: Beton, Asphaltbeläge.
Downcycling: Recycelte Produkte haben oft einen geringeren Wert als das Ursprungsprodukt. Altpapier etwa wird nicht zu gleichwertigem Papier recycelt, sondern in qualitativ weniger wertvolle Produkte umgewandelt, wie z. B. Taschentücher oder Pappe.
Upcycling: Die Produkte werden beim Recyclingprozess aufgewertet. Dafür können sie auch umgewandelt werden und nach dem Recyclingprozess unter Umständen einen ganz anderen Zweck erfüllen. Beispiele: Aus alten Autoreifen werden Schaukeln, aus Paletten Möbelstücke.
Wie geht das, möglichst viele alte Teile für Neues zu benutzen? Und wie lässt sich gegen festgefahrene Strukturen und Gesetze arbeiten? Ein erster Schritt ist, den Bestand an verfügbaren Teilen ordentlich zu dokumentieren. Und dabei verwendet die Baubranche zunehmend Apps, künstliche Intelligenz oder auch Bilderkennung.
Catherine De Wolf, Professorin für Kreislauftechnik in der Architektur an der ETH Zürich, ist sich sicher, dass digitale Methoden in vielen Bereichen helfen könnten. Denn oft werden alte Steine, Fenster oder Waschbecken erst zum Verkauf angeboten, wenn ein Gebäude abgerissen oder neu genutzt werden soll. Und dann muss es schnell gehen. Das Problem: Die Planung von neuen Häusern dauert oft Jahre – Planer*innen müssten also lange im Voraus wissen, welche gebrauchten Materialien zum Zeitpunkt des Baus zur Verfügung stehen. Deshalb werden oft nur neue Materialien genutzt.
Catherine De Wolf sieht die Lösung darin, zunächst auf städtischer Ebene anzuschauen, was bald verfügbar wird. Gerade ist eines ihrer Projektteams damit beschäftigt, bestehende Gebäude mittels Google Street View zu erfassen. Die Bilder werden mit maschinellem Lernen und Bilderkennung analysiert. Ähnlich wie Apps zur Gesichtserkennung ein Lächeln von einem Weinen unterscheiden können, soll der Algorithmus etwa Holz von Steinen differenzieren. „So wollen wir in Zukunft vorhersagen, wann was abgerissen, neu gebaut oder demoliert wird“, erklärt die Forscherin. Also bei welchem Haus die Steine bröckeln oder in welchem Block demnächst Fenster durch eine Renovierung anfallen. Anhand dieser Informationen können die zuständigen Firmen Ressourcen und Personal besser einteilen. Und Planer:innen von Gebäuden bekommen einen groben Anhaltspunkt, mit welchem Material sie in ein paar Jahren rechnen können.
Im Frankfurter Bürogebäude ist Projektmanagerin Goerke gerade dabei, sich hinzuknien. Sie holt das Maßband raus und misst eine Teppichfliese aus. Dann löst sie die Fliese vom Boden ab. Ratsch. Es hört sich an, als würde ein Klebeband abgezogen werden. „Die ist aus Holland“, erklärt sie, als sie den Stempel auf der Innenseite sieht, und holt ihr iPad raus. Die Fliesen wurden bereits vor dem Termin von anderen Concular-Mitarbeiter*innen in der App der Firma gespeichert – mitsamt Größe, Herkunftsort und Alter. So können sie auf der Webseite der Firma, ähnlich wie auf Ebay, verkauft werden. Eine Architektin hat bereits Interesse an den Teppichfliesen angemeldet. Zwei Männer aus Österreich hingegen wollen Brandschutztüren haben.
Ann Kathrin Goerke, Architektin und Bauteiljägerin
Das Problem bei solchen Apps: Derzeit gibt es zu viele davon. Bei der einen ist zu einer Tür nur das Foto hinterlegt, bei einer anderen sind dazu Daten in einem speziellen Modell abgespeichert. „Wir müssen einen gemeinsamen Nenner finden“, sagt de Wolf: „Alle Apps müssen ein ähnliches System benutzen.“ Das große Ziel: Ein „Tinder for Reuse“, an dem De Wolf mit acht anderen Forschungsgruppen und 24 Partnern aus der Industrie arbeitet. In ein paar Jahren soll es einen Algorithmus geben, der alle Apps miteinander verbindet. Damit Projekt und Bauteil dauerhaft miteinander glücklich werden.
16 Uhr. Die Österreicher werden zunächst von Goerke durch das Gebäude geführt. In fast jedem Raum steht ein altes Telefon auf dem Boden, im Badezimmerschrank verstecken sich noch einige Seifenproben, woanders stapeln sich alte Bodenplatten, Kabel und Teppiche. Daneben stehen zwei leere Kaffeebecher. „Es sieht immer so aus, als hätten die Leute alles plötzlich aus der Hand fallen lassen“, sagt Goerke.
Sie klopft Wände rund um weiße Brandschutztüren ab: „Ich bin mir nicht sicher, ob die so gut ausgebaut werden können.“ Doch die beiden Österreicher machen sich schon an die Arbeit, ihr Werkzeug haben sie dabei. Die beiden Männer, der eine dunkles, der andere graues Haar, laufen zur Garage, stapeln Kästen mit dem Werkzeug und eine Leiter auf einen Rollwagen und gehen den Weg zurück. Goerke nimmt ihnen die Kabeltrommel ab, fragt, ob die beiden zufällig noch Glastrennwände haben wollen. Der Fernseher, ob der auch zu haben sei? „Wir machen euch einen guten Komplettpreis“, sagt die Projektmanagerin.
Eigentlich fahren die beiden Männer Autorennen. Die Türen brauchen sie aber für den Umbau einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung. Dort helfen sie ehrenamtlich aus. Dabei helfen ihnen weder Planer:innen noch Architekt:innen – alles passiert in Eigenregie. Die gebrauchten Teile seien vor allem eines: rentabel. Aber klar, Nachhaltigkeit spiele auch eine Rolle.
Es wird geschraubt, es werden Nägel aus Holz gezogen und an dem Rahmen der Tür entlanggeschnitten, um sie aus der Wand zu trennen. Als die Männer die Tür schließlich lösen, kracht sie dem einen auf den Fuß, er verzieht das Gesicht. Dann müssen sie den Rahmen von der Wand lösen, ein Konstrukt aus Streben und Glas. Die Nägel waren so reingehämmert, dass sie kleine Kratzer am Lack hinterlassen. Auch ansonsten ist das Gebäude nicht gerade auf einfachen Ausbau angelegt: Die Fliesen sind auf die Böden geklebt, die Fenster mit Bauschaum in der Wand befestigt.
In solchen Klebern oder Schäumen können sich giftige Mittel verbergen. Doch um Fliesen oder Fenster neu zu nutzen, müssen sie frei von Schadstoffen sein. „Holzschutzmittel, bleihaltige Farben oder im schlimmsten Fall Asbest – das ist eine bunte Mischung an Schadstoffen, die gerade in älteren Gebäuden ist“, weiß auch zum Brock. Concular lässt aus diesem Grund Schadstoffgutachten erstellen. Damit ist es aber nicht getan: Wer haftet, falls man unwissend giftige Teile in ein neues Gebäude setzt? Jede Menge Fragen, die es noch zu beantworten gilt, bevor man Baustoffe im großen Stil wiederverwendet. Ganz zu schweigen von ästhetischen Dimensionen: Wie integriert man die alten Fenster, Türen oder Glaswände in eine Welt, in der Architekt*innen modern und zeitgemäß bauen wollen?
Denn die Orte, an denen gearbeitet wird, wandeln sich. Goerke zeigt auf die Pläne für den Umbau des Büros. Aus dem tristen Grau und den einzelnen Büros soll ein einziger großer, heller Raum werden. Dadurch, dass immer mehr Menschen von zu Hause aus arbeiten, entsteht mehr Platz. „Open Space“, neudeutsch für „Großraumbüro“, ist das Gebot der Stunde. Statt einzelnen Zellen aus Beton wird heute eher mit Glaswänden geplant.
Aber sollte man nicht mehr mit dem arbeiten, was ohnehin schon vorhanden ist, statt noch mehr Glas oder andere Rohstoffe zu verschwenden? Laut Angelika Mettke, Professorin für Bauliches Recycling an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU), hätten einige Bauherren, Planer*innen und Architekt*innen Probleme mit dem Image von gebrauchten Baustoffen und -teilen. Alten Beton wiederverwenden? „Das ist für viele wenig ansprechend“, sagt Mettke. Also lieber unsichtbar. Mettke und ihr Team konnten bereits vor zwanzig Jahren zeigen, dass sich alte Betonblöcke aus Wohnungen etwa gut zum Bau von Deichen verwenden lassen.
Während draußen die Lichter in den Frankfurter Wolkenkratzern im Dunklen aufleuchten, neigt sich der Ausbau der Tür dem Ende entgegen. Die Männer pressen die letzten Glasplatten aus dem Rahmen und hieven ihn aus der Wand, Goerke stemmt an der Seite, während die beiden Männer die Mitte halten. Die Projektplanerin ist glücklich, denn während die Männer mit dem Ausbau beschäftigt waren, hat sie noch einen weiteren Deal eingetütet: Innentüren und auch Teppichfliesen gehen an die Architektin, mit der sie per Video gesprochen hat.
Doch ein Material spielt an diesem Tag keine Rolle. Jener Stoff, der neben Wasser das am meisten verwendete Material der Welt ist. Dessen Produktion so ressourcenintensiv ist, dass er darüber entscheidet, ob die Wiederverwendung effizient genug ist: Beton.
„Wenn es nach mir und meinen Mitstreitenden ginge, dann würde das Wort Beton komplett gestrichen“, sagt Goerke dazu: Denn einerseits werden für die Herstellung von Beton riesige Mengen an Sand gebraucht, was zu illegalem Raub an den Stränden führt und der Natur schadet. Zum anderen ist sein anderer Grundstoff, Zement, laut einem Artikel im Fachmagazin Nature für mindestens 8 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Würde man alte Gebäude komplett umnutzen, also Fenster, Türen oder Betonwände zu hundert Prozent wiederverwenden – die größten Hürden auf dem Weg zu einer grünen Baubranche wären beseitigt.
Die vollständige Wiederverwendung von Bauteilen ist wünschenswert, gestalte sich aber oft schwierig, so zum Brock. Angenommen, ein Gebäude wird abgerissen. Dann fallen vielleicht 30 Türen an, die man in das Gebäude daneben einsetzen könnte. „Aber was ist, wenn wir 40 brauchen?“, fragt der Forscher, „wo kriegen wir jetzt 10 Türen her, die genauso aussehen?“ Professorin Mettke zufolge muss man deswegen „den ganzen Lebenszyklus ins Auge fassen“. Schon bei der Planung eines Gebäudes müsse bedacht werden, welche Teile und Stoffe vorhanden sind – vorausgesetzt, sie erfüllen die entsprechenden Anforderungen.
Zeit also für das „Tinder for Reuse“, durch das die Planer:innen wissen, was gerade auf dem Markt ist. Für mehr Menschen, die sich auf den Ausbau spezialisieren. Und für Bauteiljäger:innen wie Ann Kathrin Goerke, die sich darum kümmern, dass genau dieser Wandel vonstattengeht.
Denn der EU-Klimawandeldienst Copernicus vermeldete im Februar 2024, dass das 1,5-Grad-Ziel erstmals über einen Zeitraum von 12 Monaten hinweg überschritten worden ist. Forschende warnen vor einem verheerenden Kippen des Golfstroms. Und wieder: „Alles geht so weiter wie bisher“, sagt Goerke, „dabei zeigen die Nachrichten, dass wir selbst in Europa sehr stark betroffen sind.“ Sie sei sehr schockiert gewesen. Trotzdem motivieren sie solche Nachrichten. „Wir brauchen jetzt die absolute Notbremse.“ Die Frage wird sein, wie schnell wir sind.
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