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Rekord-Erkältungen erzeugten RezessionKrise durch Kranke

Der rekordhohe Krankenstand ist für den Rückgang der Wirtschaftskraft in Deutschland 2023 verantwortlich. Ursache: Vor allem Erkältungskrankheiten.

Ein Schnupfen kann auch größere Folgen haben Foto: imago

Berlin rtr | Einer Studie des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) zufolge hat der rekordhohe Krankenstand im Jahr 2023 die deutsche Wirtschaft in eine Rezession gedrückt. „Erhebliche Arbeitsausfälle führten zu beträchtlichen Produktionseinbußen – ohne die überdurchschnittlichen Krankentage wäre die deutsche Wirtschaft um knapp 0,5 Prozent gewachsen“, heißt es in der noch unveröffentlichten Studie, die der Düsseldorfer Rheinischen Post vorliegt.

Deswegen sei die Wirtschaft um 0,3 Prozent geschrumpft. „Wäre der Krankenstand nicht erneut so hoch gewesen, wären im Jahr 2023 etwa 26 Milliarden Euro zusätzlich erwirtschaftet worden“, schreiben die Autoren der Studie, Claus Michelsen und Simon Junker, wie das Blatt berichtete.

Auch der Krankenversicherung seien durch den enormen Krankenstand in den vergangenen beiden Jahren fünf Milliarden Euro verloren gegangen. Der hohe Krankenstand hat laut Studie auch zu Steuermindereinahmen von 15 Milliarden Euro geführt.

Dem Bericht zufolge sind die Krankenstände in den verschiedenen Branchen aber unterschiedlich ausgefallen. Rund 70 Prozent des Produktionsausfalls fielen demnach aufgrund der Größe der jeweiligen Branchen im Fahrzeugbau, im Maschinenbau, in der Metall-, Elektro-, in der Pharma- und in der Chemieindustrie an. In der Metallerzeugung war der Krankenstand mit 6,8 Prozent am höchsten.

Jede versicherte Erwerbsperson 19,4 Tage krankgeschrieben

Auch die größte gesetzliche Krankenkasse, die Techniker Krankenkasse (TK) bestätigte die außergewöhnlich hohe Rate an Fehltagen bei Erwerbstätigen in 2023. Diese lagen deutlich über dem Niveau der Jahre vor der Corona-Pandemie, wie die TK erklärte.

Demzufolge sei jede versicherte Erwerbsperson bei TK im Schnitt 19,4 Tage krankgeschrieben gewesen. „Hauptgrund für die hohen Fehlzeiten sind wie im Vorjahr Krankschreibungen aufgrund von Erkältungskrankheiten wie grippale Infekte, Bronchitis oder Grippe. Sie machen mehr als ein Viertel der Fehltage aus“, sagte Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, den Funke-Zeitungen. Im Schnitt fehlte jeder Erwerbstätige 5,11 Tage wegen Erkältungskrankheiten. Vor der Corona-Pandemie waren die Beschäftigten deshalb nur 2,37 Tage krankgeschrieben. Die zweithäufigsten Fehlzeiten entstanden durch psychische Erkrankungen mit durchschnittlich 3,6 Tagen pro Jahr. Ausgewertet wurden die Daten von rund 5,7 Millionen der insgesamt 11,3 Millionen TK-Versicherten.

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8 Kommentare

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  • Man muss bei solchen "Studien" immer beachten, wer sie in Auftrag gab. In diesem Falle waren das, wie meist, Arbeitgeber. Und die suchen immer gerne die Fehler bei den Arbeitnehmer*innen. Ich gehe davon aus, dass einfach nur die krankheitsbedingten Fehlzeiten mit Stundensätzen belegt wurden, dass aber nicht berücksichtigt wurde, dass die Arbeit erkrankter Mitarbeiter*innen vertretungsweise auch von anderen Mitarbeitern übernommen wurde. Und schon gar nicht wurde einberechnet, wie viel Schaden durch chronische Unterbesetzung in den Betrieben angerichtet wird. Und es wird auch nicht berücksichtigt, wie viel mehr Leute krank werden, wenn die erkälteten oder grippeinfizierten Menschen sich trotz Krankheit in die Firma geschleppt und weitere Mitarbeiter*innen angesteckt hätten.

  • Wie geil ist DAS denn! jetzt wir auch noch schuld, am Untergang der Wirtschaft und dem Stress bei den KapitalistINNEN. Also echt- wenn wir JETZT nicht antreten, unsere Fehler (durch falsches Anziehen oder Verweigern der langen Büx ) wieder gut zu machen ZB durch kostenloses Arbeiten über 5 Monate oder mehr kaufen trotz Inflation dann gehts uns aber schlecht! Oh Boy.....

  • "Ursache: Vor allem Erkältungskrankheiten."

    Ursache: Falsche Ernährung, zu wenig Bewegung, zu viel Stress, alles versursacht durch ebenjende Wirtschaft, die uns mit Konsumgütern und Technik zuschmeißt und nun selber darunter Leidet.....aber Roboter stehen ja schon in den Startlöchern um uns abzulösen, dann gibt es dieses Problem bald nicht mehr...

  • Es wäre ja für den Artikel interessant gewesen, Überlegungen darüber anzustellen, welchen Anteil Corona-Erkrankungen an dem haben, was in der Studie unter "Erkältungskrankheiten" läuft. Auf Corona-Infektionen wird ja kaum noch getestet, daher ist die Dunkelziffer wohl enorm – laut Abwasserwerten könnte die Inzidenz in den vergangenen Monaten so hoch gewesen sein wie überhaupt noch nie: corona-pandemieradar.de/de/abwasser – das "Ende der Pandemie" lässt grüßen.

    Das Verrückte (wohl nicht nur) in Deutschland ist: Das interessiert 2024 alles kein Schwein mehr. Sogar Teile der Kapitalfraktionen sind inzwischen vernünftiger als die Corona-Politik der Ampel, die sich von der "Coronaskepsis"-Querfront inklusive faschistischem Pack die Richtung weisen lässt. Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung der Inzidenz wären technisch gut umsetzbar. Das würde nicht nur die Gesundheit und mitunter das Leben von etlichen Menschen schützen, sondern es würde sich sogar volkswirtschaftlich lohnen. Sogar Linke interessiert kaum noch, was die für beendet erklärte Pandemie mit der Gesundheit der Leute anrichtet und wie sich dagegen praktisch vorgehen ließe. Es ist zum Heulen.

    • @smallestmountain:

      Das Grundproblem liegt viel tiefer.

      Wir sind für unseren Lebensstil grundsätzlich bereit über Leichen zu gehen, im buchstäblichen Sinn.

      Bei der Pandemie Bekämpfung war das Abwiegen zwischen Menschenleben und Wirtschaft sichtbar, aber es zieht sich durch alle Bereiche.

      Corona hat sich normalisiert.

      So wie Asthmafälle, Atemwegserkrankungen, überfahrene Fußgänger: innen/ Radfahrerinnen, usw.

      Wie viele Menschen sterben an Feinstaubbelastung durch Kohlekraftwerke jedes Jahr?

      Das lässt sich statistisch ermitteln und man könnte die Kraftwerksbetreiber dazu zwingen das zu kompensieren.

      Natürlich kann kein Einzelfall zugeordnet werden, aber Ausstoß Menge und statistisch rel. Daten.

      Für diese statistischen Wert wird der zu erwartenden

  • Krankenstand hin oder her. Das das der Grund für die Rezession sein soll, nun ja... Das hat ganz andere Ursachen.

  • Eine Pharma Lobby Gruppe bekommt genau das Forschungsergebnis das sie will.

    • @Littleneo:

      Jede Lobby hat das Recht, die Studien zu bestellen, die sie sich leisten kann! :)

      Was das Bild an der Stelle ein wenig stört: bei der größten Kategorie, den Erkältungskrankheiten, können die forschenden Pharmahersteller mit ihren patentgeschützten Produkten wenig gewinnen. Gut, dahinter die psychischen Erkrankungen, da wird's wieder interessanter.