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Kraftstoffe in der LandwirtschaftLemke ist offen für Biodiesel

Die Umweltministerin wollte die Herstellung von Biosprit eigentlich bis 2030 beenden. Angesichts der Bauernproteste rückt sie von dieser Haltung ab.

Umweg beim Biosprit für Landwirte Foto: Arterra/imago

Berlin afp | Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat sich offen für die Nutzung von Biodiesel in der Landwirtschaft gezeigt. Mit Blick auf die aus Getreide gewonnenen Kraftstoffe sagte sie am Dienstagabend dem ARD-Hauptstadtstudio: „Wenn wir die für die Landwirtschaft reservieren und dort einsetzen können, dann halte ich das auch als Umweltministerin für eine sinnvolle Lösung.“ Damit rückt Lemke teilweise von ihrer Haltung ab, die Herstellung von Biosprit bis 2030 beenden zu wollen.

An einem Verbot von Biokraftstoffen für Pkw scheint die Ministerin aber dennoch festhalten zu wollen. So sei es nicht sinnvoll, dafür auf begrenzter Ackerfläche in großem Umfang Treibstoffe herzustellen. „Das ist nicht effizient, das ist nicht gut für die Natur“, sagte Lemke. Demnach laufen im Umweltministerium derzeit Gespräche zu dem Thema.

Lemke kann sich indes auch Steuererleichterungen oder eine Befreiung auf Pflanzenkraftstoffe in der Landwirtschaft vorstellen. Damit ergebe sich ein Anreiz zur Umrüstung landwirtschaftlicher Fahrzeuge, da nicht alle Motoren für Biosprit geeignet seien. Sie äußerte sich unter dem Eindruck von Protesten der Landwirte gegen die Kürzung von Subventionen für die Landwirtschaft, vor allem beim Agrardiesel.

Noch Anfang vergangenen Jahres hatten sich Lemke und auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) entschieden für ein Ende von Biosprit aus Getreide ausgesprochen – die Herstellung ist vor dem Hintergrund der weltweiten fragilen Nahrungsmittelproduktion umstritten.

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14 Kommentare

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  • Deutschland: 60% Viehfutter, 20% Energiepflanzen, 20% Nahrungmittel.

    D.h., 20% unserer Anbaufläche wird dafür verwendet, dass irgendwelche Verbrenner rumfahren können.

    Die Bauern wollen also den Treibstoff anbauen, den sie dann auf ebendiesen Feldern verfahren.

    Nebenbei: Felder mit Energiepflanzen dürfen mit Ackerchemie verseucht werden, die für Lebensmittel nicht zulässig sind.

    • @Mitch Miller:

      Mal von der Tatsache abgesehen das die Energiepflanzen auch für den Betrieb von Biogasanlagen gebraucht werden um einen störungsfreien Betrieb beim Verwerten von Abfällen zu gewähleisten ist der Düngeaufwand und Pflanzenschutzaufwand aufgrund der geringeren Qualitätsansprüche eher geringer als bei Futter/Backgetreide. Egal was man anbaut, erst nach der Ernte steht fest wie es tatsächlich genutzt wird, weshalb es da keine "besondere Ackerchemie" braucht. Nebenbei gibt es im Antragsverfahren von Subventionen diverse Anreize geringeren PSM-Aufwand, Blühstreifen, Erosionsschutz etc. im Betrieb umzusetzen. Wer keine Anträge stellt und das sind betimmt mehr als die Hälfte aller Betriebe in Deutschland profitiert also nicht monetär von seinem bewussten Umgang mit den Ressourcen. Das in meinen Augen viel größere Problem sind die Internodienverkürzer die zunehmend eingesetzt werden, da immer weniger Stroh gebraucht wird.

    • @Mitch Miller:

      Das ist der ist-Zustand. Die Frage ist, wie viel Kraftstoff wird für Landmaschinen gebraucht im Vergleich zu dem, was insgesamt im Verkehr verbrannt wird. Der Anteil an Agrardiesel ist so gering, dass er kaum in Gewicht fällt.

  • Ein Liter Biospirit kostet im Großhandel ein EURO.



    Was spricht dagegen, dass Bauern ihren Sprit zum Eigenbedarf selbst produzieren. Muss man alles regulieren? Wenn dafür z.B. genmodifizierter hocheffizienter Mais oder Raps verwendet werden, spart man die Fläche, die man für den flächenverbrauchenden Anbau von biolgischen Lebensmiteln braucht.

  • Ach Gottchen, jetzt kommt schon wieder jemand mit dem "Biodiesel" um die Ecke.

    Biosprit ist extrem ineffizient!

    Wenn man Photovoltaik aufstellt, statt Pflanzen zur Biospriterzeugung kann man auf der gleichen Fläche circa das 100-fache an Energie erzeugen!

    Und Photovoltaik lässt sich auch auf die Wirtschaftsgebäude montieren, statt wertvolle Ackerfläche zu belegen!



    Windräder haben enbenso so gut wie keinen Flächenverbrauch, wenn man sie an die Wegkreuzung zwischen den Feldern aufstellt!



    Dann noch direkt am Windrad eine Ladestation angebracht, und schon hat der Elektrotrecker direkt am Feldrand seine "Tankstelle"!

    • @Heinz Kuntze:

      Einziges Problem in ihrer Argumentation ist der Punkt, dass es (derzeit) keine brauchbaren E-Traktoren gibt.

      Die Batteriekapazitäten sind für Maschinenarbeiten und machen den Traktor schwer. Zudem sind die Modelle sehr teuer.

      Viele Arbeiten müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sein und es gibt Wettereinflüsse, welche die Arbeiten behindern. Daher ist das Anforderungsprofil eine 24/7 Verfügbarkeit.



      Bspw. müssen Spitzabstände (auch im Ökobau) eingehalten werden. Liegt eine Schlechtwetterphase vor, dann müssen die trockenen Abschnitte ausgenutzt werden. Ist es zu heiß, können die Arbeiten nur in den Nacht- und Morgenstunden ausgeführt werden.



      Eine herannahende Regenfront kann die Getreideernte zerstören, daher wird auch hier falls nötig 24 Stunden am Stück gearbeitet.



      Für Ladeunterbrechungen fehlt daher die Zeit. Zumal dies für den Landwirt unbezahlte Arbeitsstunden sind.

      • @stefschu:

        Dachte ich mir doch, dass das Argument kommt:"Es gibt doch noch gar keine Elektrotraktoren".



        Denn genau dieses Argument zeigt ja die Crux mit der Subvention des Agrardiesels.



        Denn so lange man eine veraltetete Technologie künstlich mittels Subventionen am Leben erhält wie im Falle des Agrardiesels hat natürlich die neue Technologie keine Chance. Solange der Biodiesel künstlich billig gehalten wird, kauft natürlich niemand einen Elektrotraktor.



        Rein technologisch gesehen sind natürlich Elektromotoren viel besser zur Feldarbeit geeignet als Dieselmotoren, da Elektromotoren ihr Drehmoment ab der Drehzahl Null erbringen, während Diesel ja nur ein sehr schmales Drehzahlband erbringen. Elektromotoren haben einen Wirkungsgrad von >90%, Dieselmotoren rund 40%, und das nur innerhalb des kleinen optimalen Drehzahlbereiches. . 60% der erzeugten Energie geht als Wärme verloren.



        Und das Thema 24/7 Verfügbarkeit lässt sich leicht durch Wechseltrafos erreichen.

        Aber, wie gesagt, mir ist auch klar: Solange der Diesel künstlich mit Subventionen am Leben erhalten wird, hat der Elektromotor keine Chance

  • Wieso Biodiesel? Da waren wir vor Jahren schon mal einen Schritt weiter: Pflanzenölkraftstoff (PÖK)! Kein Umestern, weitere diverse Vorteile, ökologisch Anbauen, Ernten, Pressen, Losfahren …

    • @Uwe Lütge:

      Ja, auf zahlreichen Flächen ässt sich nichts anderes anbauen oder die Fruchtfolge zwingt zu Ölsaaten. Ein entspannte Verhältnis zu alternativen Methoden könnte viel Geld und etwas CO2 sparen. Politik denkt so: da es nicht für alle reicht, nie reichen kann, verbieten wir es eben für alle. Doch wie bei der Stromversorgung wäre ein Energiemix sinnvoll. PÖK kann nur Nische sein. Doch für den einzelnen Hof kann es die Rettung sein.

  • Na also. Selbst Politiker sind manchmal lernfähig.

  • Kein BIO-Diesel Konzern wird ein paar Liter für ein paar Bauern, den hilf- und ideenlosen Vor-Schlag, überlegen.

  • Na prima. Dann haben wir intensiv gedüngte, intensiv glyphoiserte Rapsflächen (oder was-auch-immer die Dieselpflanze du jour sein mag) und wo anders hungern die Leute.

    Ich erinnere daran, dass der anfängliche Ausfall durch den Ukrainekrieg ungefähr dem entsprach, was zu jener Zeit in Biokraftstoff versenkt wurde [1].

    Hungerflüchtlinge? Da schiessen wir dann drauf. Oder genauer: wir sauberen Deutschen lassen darauf schiessen.

    Herr, schmeiss Hirn vom Himmel.

    [1] www.newscientist.c...-from-ukraine-war/

  • Das ist also die Lösung. Biosprit statt Lebensmittel produzieren. Das perfekte Perpetuum Mobile. Die Bauern verfeuern zur Klimarettung ihre Pflanzen selbst. Für ein paar Milliarden mehr, könnten sie sicher überredet werden, beides zu lassen. Win win.



    Ernährt werden wir dann von ausländischen Agrarkonzernen. Nicht, als wenn das etwas Neues wäre. Man schaue in die Obst- und Gemüseabteilung des Supermarkts seiner Wahl.



    Wer es sich leisten kann, also gewiss die von Frau Lang mit 2.000 € verorteten Rentner (doppelt so viel, wie neue Rentner bekommen, gut dreimal so viel wie Rentnerinnen) geht zum Bioladen seiner Wahl, der die lokal produzierte Ware natürlich mit dem Lastenrad angeliefert bekommt.



    Alles wird gut.

  • Biodiesel ist ein unübersichtliches Thema. FDP-Leute wie Lindner und Wissing wecken den Eindruck, man könne irgendwie e-Fuel produzieren, ohne diesen Kraftstoff näher zu definieren. Dabei wäre es synthetisches Benzin oder synthetischer Diesel. Diese Kraftstoffe rußen weniger und haben keine Schwermetallbelastung. Nur sind sie halt zu teuer und als Nahrungskonkurrent nur begrenzt verfügbar. Je eher dieser Unsinn gestoppt wird, desto besser. Eine Möglichkeit ist ein Verbot von Biokraftstoffen für PKW. Doch neben Landmaschinen gibt es Maschinen, die sich nicht ohne weiteres umrüsten lassen. Wie die Ackerfläche ist auch der Bedarf an Agrardiesel begrenzt. Doch statt dafür wertvolles Getreide zu nehmen, kann vieles aus Vergährungsanlagen kommen. Es ist nur schwer verständlich, warum die Produktion von Biogas gedeckelt wurde. Wenn hierzulande die Energiegewinnung aus Abfällen behindert wird, wird das keinen Regenwald retten, der zugunsten von Ölpalmen gerodet wird.