Recherche zur Fähraffäre: Zweifel an der Stürmung

Wieviel Nötigung gab es tatsächlich Anfang Januar am Fähranleger? Der NDR hat die Proteste gegen Wirtschaftminister Habeck nachrecherchiert.

Menschenmenge drängt sich vor einer Fähre im Dunkeln

Gedränge vor der Fähre in Schüttsiel am 4. Januar Foto: WestküstenNews via dpa

Die Meldung hatte zu Jahresbeginn für große Aufregung gesorgt. Eine wütende Menschenmenge blockierte am 4. Januar im nordfriesischen Schlüttsiel eine Fähre. An Bord waren neben Anderen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit seiner Familie. Besondere Brisanz bekam der Vorfall durch die Meldung, dass ein Teil der Protestierenden die Fähre stürmen wollte. Doch die beruhte nur bedingt auf Tatsachen.

„Bei der Blockade einer Fähre im nordfriesischen Schlüttsiel mit Robert Habeck an Bord gab es nach Recherchen des NDR keinen Versuch, das Schiff zu erstürmen“, heißt es in einer Pressemeldung des Norddeutschen Rundfunks.

Der Sender hatte mit Passagieren, Po­li­zis­t*in­nen und der Schiffsbesatzung gesprochen. Dazu gehört der Steuermann der Fähre Timo Silberstein, der direkt am Anleger in unmittelbarer Nähe der Blockade stand. „Die Stimmung war relativ entspannt, so würde ich es beschreiben. Wir waren relativ ruhig, ich hatte auch überhaupt keine Angst, dass mir irgendetwas passiert,“ wird Silberstein vom NDR zitiert. Erst am Ende sei die Situation eskaliert, als einzelne Teilnehmer im Moment des Ablegens Richtung Fähre liefen.

Mit Malte Massow wurde auch einer der protestierenden Bauern aus der Region vom NDR befragt. „Niemand war in der Absicht da, irgendwelche Schlägereien anzufangen. Wir wollten einfach nur da sein, um ihn zu empfangen und ein paar Worte auszutauschen.“ Auch einige der eingesetzten Po­li­zis­t*in­nen bestreiten einen geplanten Sturm auf das Schiff. Allerdings habe es in dem Moment, als die Fähre wieder ablegte, einen Druck aus der Menschenmenge gegeben.

Polizeikette durchbrochen

Erst nachdem das Schiff den Anleger wieder verlassen hatte, hätten einige De­mons­tran­t*in­nen die Polizeikette am Anleger durchbrochen. „Ich habe die Brücke angehoben und in dem Moment haben einige, bei weitem nicht alle, ich kann keine Zahl nennen, 5 bis 10 Leute vielleicht, die Polizeisperre durchbrochen und sind die Brücke hochgelaufen“, schilderte Steuermann Timo Silberstein diese Szene.

Der NDR hat die Recherche auch noch durch eine Pressemeldung bekannt gemachten Das ist durchaus ungewöhnlich. Weil in den vergangenen Tagen viele rechte Kanäle die Ereignisse um die Fähre für ihre Kampagne gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen, entsteht der Eindruck, der NRD hätte auf diesen Shit-Storm reagiert.

Ob künftig auch mit Pressemeldungen korrigiert wird, wenn sich Meldungen über Aktionen von Kli­ma­ak­tivs­t*in­nen oder An­ti­fa­schis­t*in­nen im Nachhinein als falsch herausstellen, bleibt offen.

Anm. d. Red.: Der Titel „Kein Versuch zu stürmen“ wurde nachträglich in „Zweifel an der Stürmung“ geändert. In der NDR-Recherche wird zwar behauptet, dass es keinen Stürmungsversuch gab – allerdings durchaus eine Bewegung, die eine Interpretation eines solchen Ereignisses als zulässig erscheinen lässt – zeitlich allerdings erst in dem Moment, als die Fähre bereits wieder dabei war, abzulegen.

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