Schutz vor autoritären Angriffen: Gefährdetes Verfassungs­gericht

Eine Gruppe von Ver­fas­sungs­recht­le­r:in­nen stellt drei Modelle vor, wie man das höchste Gericht besser vor autoritären Angriffen schützen kann.

Richter:innen am Bundesverfassungsgericht.

Weiterhin verfassungsmäßig den Hut aufhaben: Rich­te­r:in­nen des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe Foto: Political-Moments/imago

FREIBURG taz | Eine Gruppe von Ver­fas­sungs­recht­le­r:in­nen bringt Schwung in eine Diskussion, die seit 2018 geführt wird: Wie kann man verhindern, dass eine neue autoritäre Mehrheit des Bundestags das Bundesverfassungsgericht als Kontrollorgan ausschaltet? In einer dreiseitigen Bestandsaufnahme bisheriger Vorschläge hat die Gruppe drei Modelle zusammengetragen, wie mit Grundgesetzänderungen die „Resilienz“ des Verfassungsgerichts verbessert werden kann.

Der Gruppe gehören unter anderem die Ex-Verfassungsrichter:innen Gabriele Britz und Michael Eichberger an sowie der Rechtsprofessor Klaus-Ferdinand Gärditz und Ulrich Karpenstein, Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins. Aktive Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen und Po­li­ti­ke­r:in­nen waren nicht dabei. Das Diskussionspapier liegt der taz vor. Alle drei Modelle einer Grundgesetzänderung wollen verhindern, dass eine autoritäre Mehrheit des Bundestags mit einfacher Mehrheit die Regeln für die Wahl und Arbeit des Verfassungsgerichts ändern können.

Erste Variante ist eine „Einvernehmenslösung“. In Artikel 94 des Grundgesetzes könnte folgender Satz eingefügt werden: „Gesetzliche Bestimmungen zum Aufbau des Gerichts, zu Wahl und Status der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts sowie wesentliche Verfahrensregeln ergehen im Einvernehmen mit dem Plenum des Bundesverfassungsgerichts.“ Ohne Zustimmung der Karlsruher Rich­te­r:in­nen könnte der Bundestag also nichts ändern.

Die zweite Variante würde in Artikel 94 folgenden Passus einfügen: „Gesetzliche Bestimmungen zum Aufbau des Gerichts, zu Wahl und Status der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts sowie wesentliche Verfahrensregeln bedürfen der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestags.“ Die Regelungen blieben im Bundesverfassungsgerichtsgesetz, könnten aber ausnahmsweise nur mit Zweidrittelmehrheit geändert werden.

In der dritten Variante würden zahlreiche Einzelregelungen direkt im Grundgesetz verankert, etwa die Wahl der Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen mit Zweidrittelmehrheit, die Begrenzung der Amtszeit auf 12 Jahre, das Verbot der Wiederwahl. Die Artikel 93 und 94 des Grundgesetzes würden dadurch deutlich länger.

Am Wochenende hatten sich bereits die Rechtspolitiker Johannes Fechner (SPD) und Stephan Thomae (FDP) für Grundgesetzänderungen zum Schutz des Verfassungsgerichts ausgesprochen. Am Montag zeigte auch die CDU/CSU-Fraktion Bereitschaft, an der Diskussion teilzunehmen. „Wir teilen die Sorge der parteipolitischen Einflussnahme auf die Justiz und insbesondere das Bundesverfassungsgericht“, sagte Fraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) den Zeitungen der Funke-Gruppe.

Für eine Grundgesetzänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich.

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