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Alemannia Aachen zum RechtsextremismusViertklassige Statements

Alemannia Aachen schlingert bei der Abgrenzung zur AfD. Dabei steht auch für den Sport viel auf dem Spiel.

Fans von Alemannia Aachen und hoffenlich auch „Fans demokratischer Meinungen“ Foto: imago

G ut, dass die Vereinsführung von Alemannia Aachen das noch in einer zweiten Stellungnahme klargestellt hat: Niemand, der sich auf Demonstrationen gegen Rechtsextremismus ausspricht, spaltet die Gesellschaft. Eine erste Stellungnahme des Regionalligisten am Freitag, zu dessen Spielen im Schnitt immerhin knapp 14.000 Zuschauer kommen, musste man nämlich genau so verstehen.

Der Verein begründete seine Abwesenheit auf Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und die AfD nachträglich und konkret mit einem in Aachen präsentierten Plakat mit der Aufschrift „AfDler töten“. Und fügte an, an der Spaltung der Gesellschaft werde man nicht teilnehmen. Der Verein, so die allgemeine Begründung, „gehöre“ allen Menschen in der Stadt und solle „Fans aller Nationen, Religionen und demokratischer Meinungen miteinander verbinden“.

Fans der AfD feierten auf Social Media diesen Post der Alemannia, folgte dieser doch ihrer vorexerzierten Strategie, ein Plakat von zigtausenden herauszunehmen, um den bundesweiten Protest gegen Rechtsextremismus und ihre Partei zu diskreditieren. Der Klub realisierte, wie politisch seine vermeintlich unpolitische Stellungnahme war und erklärte tags darauf, diese sei ein Fehler gewesen. Man distanziere sich von der AfD und verwahre sich gegen deren Instrumentalisierung.

Der deutsche Sport hat seit geraumer Zeit mit einem grundsätzlichen Problem zu tun. Falls man sich weiter zum Kampf gegen Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus bekennen möchte, kann man sich nicht weiter zur parteipolitischen Neutralität bekennen.

Mutloser DOSB

All das hat sehr viel mit Sport zu tun. Unter massivem Rassismus in deutschen Fußballstadien haben in den 80er Jahren viele Menschen gelitten. Wer asylsuchende Menschen als „Messermänner“ bezeichnet wie die AfD-Vorsitzende Alice Weidel, schürt genau eine solche Stimmung wieder.

Und AfD-Politiker wie Björn Höcke, der die deutschen Fußballnationalspieler Mesut Özil und İlkay Gündoğan 2018 als Türken bezeichnete, haben schon früh gedanklich die Ausbürgerungen deutscher Staatsangehöriger vorgenommen, mit der die AfD offiziell nichts zu tun haben will.

Der DOSB hat bereits in einem Positionspapier von 2020 erklärt, rechtspopulistische Parteien würden die Werte des Sports untergraben, und dabei die AfD erwähnt. Es ginge darum, Haltung zu zeigen. Zu einem Aufruf, sich an den jüngten Demonstrationen zu beteiligen, konnte sich der DOSB aber nicht durchringen. Der Dachverband hätte ein gutes Vorbild sein können.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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4 Kommentare

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  • Die Alemannia und ihre Karlsbande.



    Ein trauriges Kapitel in deutschen Fußball.



    Wundert mich nicht das da rumgeeiert wird.

  • "konkret mit einem in Aachen präsentierten Plakat mit der Aufschrift „AfDler töten“."

    Der Slogan kommt ursprünglich (mit "Nazis") von der Partei Die P.A.R.T.E.I., und wurde gerichtlich abgesegnet - als Imperativ wäre es ein verbotener Gewaltaufruf, als reine Feststellung, dass die Umsetzung der politischen Forderungen von AfDlern ("neue SA gründen und aufräumen") nicht ohne das Töten unschuldiger Menschen vonstatten gehen kann, ist es eine rechtskonforme Meinungsäußerung.

    Ohne diesen Kontext ist das Ganze unverständlich.

    • @Ajuga:

      Danke für den Hinweis, hatte ich schon wieder ganz vergessen

  • Was ist falsch daran, Özil als Türken zu bezeichnen, sieht er sich doch ganz offensichtlich selbst so?