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Fernverkehr der Deutschen BahnVerspätung als Normalfall

Seit 2020 geht es mit der Pünktlichkeit der Bahn rapide bergab. Die Bilanz für das vergangene Jahr fällt noch etwas schlechter aus als jene für 2022.

Nach Angaben der Bahn war der 22. Dezember 2023 der unpünktlichste Tag des Jahres Foto: Jan Woitas/dpa

Berlin dpa | Rund jeder dritte Fernzug der Deutschen Bahn (DB) war im vergangenen Jahr unpünktlich. Wie ein DB-Sprecher am Freitag kurz vor Ende des aktuellen Bahnstreiks in Berlin mitteilte, wurden 36 Prozent der Halte mit einer Verspätung von mehr als 5:59 Minuten erreicht. Die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr lag damit bei 64 Prozent nach 65,2 Prozent im Jahr 2022.

Zur Begründung nannte ein DB-Sprecher vor allem die vielen Baustellen. Die Schienen-Infrastruktur in Deutschland gilt als marode, viele Strecken sind dringend sanierungsbedürftig und entsprechend störanfällig.

„Rund 75 Prozent der Fernverkehrszüge wurden Ende des Jahres auf ihrer Fahrt durch mindestens eine Baustelle ausgebremst“, teilte die DB mit. Das zunächst ausgegebene Pünktlichkeitsziel von mehr als 70 Prozent im Fernverkehr hatte der Konzern schon vor einigen Monaten einkassiert.

Ein Halt wird laut Definition pünktlich erreicht, wenn der Zug weniger als 6:00 Minuten Verspätung hat. Im Regionalverkehr war das bei 91,0 Prozent der Züge der Fall – im Vergleich zu 91,8 Prozent im Jahr 2022. Im Jahr 2020 wurden noch 95,6 Prozent der Halte im Regionalverkehr und 81,8 Prozent im Fernverkehr rechtzeitig angefahren.

Aufgrund des Zustands des Streckennetzes ist es unwahrscheinlich, dass die Pünktlichkeitsquote schon in den nächsten Monaten wieder deutlich steigen wird. Bis 2030 will die Bahn Dutzende Strecken per sogenannter Generalsanierung zu Hochleistungskorridoren machen. Bevor es so weit ist, sind aber erneut viele Baustellen nötig. Bei einer Generalsanierung wird die jeweilige Strecke in der Regel monatelang komplett gesperrt.

Nach Angaben der Bahn war der 22. Dezember der unpünktlichste Tag des Jahres – mitten im Weihnachtsverkehr brachte Sturmtief „Zoltan“ den Verkehr in Deutschland insgesamt und damit auch den Bahnverkehr durcheinander. Die Pünktlichkeitsquote der Bahn lag im Fernverkehr an diesem Tag laut Konzern bei 35,6 Prozent. Die beste Bilanz fuhr die Bahn am Silvestertag ein – 84,2 Prozent der Fernverkehrshalte wurden am 31. Dezember pünktlich erreicht.

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7 Kommentare

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  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Habe neulich mit einer Bahnfahrerin gesprochen, die monierte, das ihr Anbieter zwar auch während des Streiks fährt, die eingleisige (!!) Strecke im Großraum Kiel –Lübeck aber zu störanfällig ist.



    Vielleicht könnte man hier als schnelle Abhilfe ja wieder wenigstens die Ausweichspunkte neu bauen, die man irrsinnigerweise aus Kostengründen damals abgeschafft hat.

    Ansonsten: Armes, kaputtgespartes Deutschland. Niemand beneidet uns darum.

  • "Bis 2030 will die Bahn Dutzende Strecken per sogenannter Generalsanierung zu Hochleistungskorridoren machen. Bevor es so weit ist, sind aber erneut viele Baustellen nötig."

    Und wie der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie im Spiegel kürzlich anmerkte: diese Bauprojekte der Bahn sind vollkommen unrealistisch geplant, Zitat: »Aber so wird die Bahn nie bekommen, was sie will. Ich weiß gar nicht, wer sich das so ausgedacht hat«

    Quelle: www.spiegel.de/wir...-9726-e30455b1c282

  • Der Regioverkehr wäre noch wesentlich pünktlicher, wenn er nicht immer den verspäteten Fernverkehr vorbeilassen müsste.

  • Süffisant annoncierte kürzlich trotz Notfahrplan der Bahn bei ausgedünnter Streckenbelastung der Zugführer eines RRX, des privaten Nahverkehr-Premium-Anbieters, er wechsele jetzt das Gleis, um für eine Überholung des Fernverkehrs Platz zu machen. Er bekundete ironisch Verständnis mit der Begründung, die Boni der DB-Vorstände seien sonst gefährdet. Nach wenigen Minuten und kurz hinter Dortmund Hauptbahnhof wurde sogar die Überholung wieder abgesagt: Auch die Verspätung kam verspätet, die Ankündigung zur Vorfahrt aber verfrüht. Das schafft in dieser Form kaum ein Unternehmen, ein echtes Alleinstellungsmerkmal und tägliches Ärgernis für viele PendlerInnen.



    Wenn es mehr Argumente für eine forcierte Privatisierung des Schienenverkehrs braucht, die "Ur-Bahn" liefert sie zunehmend selbst. Daseinsvorsorge war gestern, Vorstandsfürsorge ist heute.



    /



    Beim WDR als Quelle zur App "Verspätungsalarm"



    www1.wdr.de/mediat...ungsalarm-100.html

    • @Martin Rees:

      Nur weil der Lokführer eines privaten Unternehmens ein paar nette Sprüche gebracht hat, ist Privatisierung keine Antwort. Die Bahn ist nicht unpünktlich, weil sie nicht ausreichend privatisiert wäre, sondern weil sie zwecks Privatisierung jahrzehntelang kaputtgespart wurde.

  • Man hätte noch auf die vielen Komplettausfälle verweisen sollen, die für den Kunden ja wie eine Verspätung wirken.

    Ich weiß, die Bahn unterschlägt die konsequenterweise.

  • Jetzt hören sie doch mal auf so unsachlich auf die Bahn einzuprügeln!

    "Die Bahn ist toll"



    "Die Bahn ist sehr oft pünklich"



    "Die Bahn ist einfach großartig"



    "Die Bahn kommt"

    Denn die Führungsriege der Bahn muss ihre Super-Trooper-Boni ja schließlich zumindest verbal irgendwie rechtertigen.

    Obwohl ja in diesem, unseren Lande Boni noch nie an besondere Leistungen genüpft sind und waren.

    Vllt mal als neuer Slogan:



    "Fah' mir die Bahn - da wird dich wahm"