Italiens erste Regierungschefin: Tutto benissimo bei Georgia Meloni

Die Jahresbilanz von Italiens rechtsradikaler Ministerpräsidentin fällt sehr positiv aus, Misserfolge werden umgedeutet und weggelächelt.

Georgia Meloni gestikuliert am Donnerstag bei ihrer Pressekonferenz in Rom

Georgia Meloni am Donnerstag bei ihrer Pressekonferenz in Rom Foto: Andrew Medichini/ap

ROM taz | Weiter so! Auf diese Kurzformel lässt sich die Bilanz bringen, die Italiens Ministerpräsidentin Georgia Meloni auf ihrer Pressekonferenz zum Jahresauftakt präsentierte: Die Rechtsregierung mache alles richtig, sowohl bei der Flüchtlings-, der Wirtschafts- oder der Europapolitik. Und im Jahr 2024 werde sie ihr rechtes Profil weiter schärfen.

Eigentlich hätte Meloni schon am 21. Dezember vor die Presse treten sollen, um das abgelaufene Jahr zu kommentieren. Doch eine Influenza hatte das verhindert, mit dem Effekt, dass gleich zwei seitdem aufgekommene Fragen auf der Agenda landeten, die für Meloni einigermaßen unangenehm sind: ein Korruptionsverfahren, das ihren Koalitionspartner, den Minister für Infrastrukturen sowie Lega-Chef Matteo Salvini, streift, und ein Vorfall in der Neujahrsnacht. Da hatte der Abgeordnete Emanuele Pozzolo von Melonis Partei Fratelli d’Italia mit einem Pistolenschuss einen Partygast verletzt.

Beide Probleme lächelte Meloni weg und setzte damit den Ton der gesamten Pressekonferenz. Der schießwütige Abgeordnete: Sein Gebaren sei einfach „unverantwortlich“ gewesen. Deshalb werde seine Parteimitgliedschaft sofort auf Eis gelegt, auch werde sein Parteiausschluss geprüft. Die Frage hingegen, wie Melonis Partei ihre Führungsfiguren auswählt – Pozzolo fiel in den Vorjahren als Mussolini-Verehrer wie als Impfgegner auf –, beantwortete sie gleich gar nicht.

Ähnlich ausweichend war ihre Antwort auf die Nachfrage nach dem jetzt aufgekommenen Korruptionsskandal. Hier geht es um Mega-Aufträge der staatlichen und damit Salvinis Infrastrukturministerium unterstehenden Gesellschaft Anas. Die verwaltet das Straßennetz Italiens.

Meloni verteidigt Salvini bei Skandal in seinem Umfeld

Die Hauptbeschuldigten sind Denis und Tommaso Verdini, Vater und Bruder der Lebensgefährtin Salvinis, der bisher eisern schweigt. Dem schloss sich jetzt auch Meloni an, schließlich werde gegen Salvini bisher nicht ermittelt.

Auch sonst ist für Meloni alles in Butter. Beispiel Flüchtlingspolitik: Natürlich sei sie „unzufrieden“ damit, dass im Jahr 2023 157.000 Mi­gran­t*in­nen übers Mittelmeer nach Italien kamen, viel mehr als in den Vorjahren. Doch sie arbeite an langfristigen Lösungen „in Afrika“, um künftig Fluchten nach Italien zu verhindern, durch Entwicklungszusammenarbeit wie durch Einrichtung von Auffanglagern an der Südküste des Mittelmeers.

Die Frage nach dem schikanösen Umgang mit den NGOs, deren Schiffen regelmäßig Häfen weit im Norden Italiens zugewiesen werden, beantwortete sie mit keinem Wort.

Ihre Strategie war, den Ball flach zu halten und Misserfolge einfach in Erfolge umzudeuten, wie etwa auf dem Feld der Übergewinnsteuer für die Banken. Die war ein Schlag ins Wasser.

Meloni fiel in Europa bisher nicht als Störenfried auf

Bisher ist ihre seit Oktober 2022 amtierende Regierung nicht – auf der Spur von Ungarn oder bis vor Kurzem Polens – als rechtspopulistischer Störenfried in Europa aufgefallen. Doch es gibt erste Zeichen, dass sich dies ändern könnte.

Nicht nur lehnte Italiens Parlament es im Dezember ab, den Europäischen Stabilitätsmechanismus zu modifizieren. Es weigert sich auch, die Bolkestein-Richtlinie der EU zum freien Wettbewerb komplett umzusetzen, und will weiter die Strandlido-Betreiber vor Ausschreibungsverfahren schützen – beides für Meloni kein Problem.

Ebenso ist es für sie kein Problem, im neuen Jahr Verfassungsreformen zu beginnen, die Italiens rechten Umbau vorantreiben sollen. Oben auf ihrer Agenda steht, wie sie am Donnerstag betonte, die Einführung der Direktwahl des Ministerpräsidenten. Es ist ein alter Traum der Rechten, dass endlich mit plebiszitärem Mandat „durchregiert“ wird.

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