Wärmewende und Heizungsgesetz: Noch schnell eine Gasheizung

Wegen zu hoher Strompreise sind Wärmepumpen noch nicht wettbewerbsfähig. Ver­brau­che­r*in­nen müssen sich auf schwankende Preise einstellen.

Blaue, gelbe und rote Stellen einer Thermografie eines Einfamilienhaus

Thermografie eines Einfamilienhauses Foto: Martin Fally/Panthermedia/imago

Freiburg taz Im Sinne der Bundesregierung war das wohl nicht: In den ersten neun Monaten des Jahres 2023 lag der Absatz von Gasheizungen mit 625.000 Geräten um 38 Prozent über dem Vergleichswert des Vorjahres. Das geht aus Zahlen des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) hervor. Der Verkauf von Ölheizungen verdoppelte sich sogar im gleichen Zeitraum auf 81.500 Geräte. Heizungswärmepumpen kamen auf einen Absatz von 295.500 Stück.

Damit ist der Verkauf von Heizgeräten aller Art in diesem Jahr um 46 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen. Erstmalig seit dem Boom im Zuge der Wiedervereinigung in den 1990ern setzten die Hersteller wieder binnen eines Jahres mehr als eine Million Heizungen ab.

Der Höhenflug dürfte zwei Gründe haben. Zum einen haben Hauseigentümer angesichts gestiegener Energiepreise in effizientere Heiztechnik investiert. Auch die Politik der Bundesregierung hatte offenbar ungewollte Konsequenzen: Die Debatte über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) habe „dafür gesorgt, dass viele Hausbesitzer sich im Jahresverlauf für eine Heizungsmodernisierung entschieden haben, um den Anforderungen des GEG zuvorzukommen“, schreibt der BDH.

Aufgrund der Vorzieheffekte erwartet der Verband für das kommende Jahr einen deutlichen Markteinbruch. Von den Mitgliedsunternehmen rechneten 85 Prozent der Unternehmen für das erste Quartal 2024 mit einer „schlechten oder sogar sehr schlechten Marktentwicklung“. Eine Marktbelebung durch das GEG erwarteten die Unternehmen nicht, so der BDH.

Strom ist zu teuer

Zweifellos wird die Bundesregierung ihr Ziel, jährlich 500.000 neue Wärmepumpen in die Häuser zu bringen, 2023 verfehlen – und nächstes Jahr wohl auch. Die Hersteller sitzen zum Teil bereits auf Überkapazitäten. Ein Grund: Ohne staatliche Förderung kann die Wärmepumpe zumindest derzeit nicht mit der Gastherme konkurrieren – dafür ist der Strom zu teuer, beziehungsweise das Erdgas zu billig.

Die Kilowattstunde Strom dürfe maximal 2,5-mal so teuer sein wie die Kilowattstunde Erdgas, damit die Rechnung aufgehe, sagt Marek Miara, Wärmepumpenexperte am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme. Der Faktor liege in Deutschland aktuell jedoch bei 3,4. Deswegen ruft die Wärmepumpenlobby nach Vergünstigungen. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern der BDH und der Bundesverband Wärmepumpe eine Entlastung beim Strompreis – konkret eine Absenkung der Stromsteuer und zugleich einen reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent für Wärmepumpenstrom.

Zeitvariable Stromtarife

Unterdessen wird jedoch immer deutlicher, dass die Kosten des Heizens mit Wärmepumpe in Zukunft vor allem von einem Faktor abhängig sein werden: von der Flexibilität der Anlage, auf die Preissignale des Strommarkts zu reagieren. Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, sagt, wer seinen Stromverbrauch nicht netzdienlich steuere, werde in Zukunft draufzahlen.

Denn zeitvariable Stromtarife sind absehbar. Diese werden nötig, weil aufgrund der fluktuierenden Erzeugung aus erneuerbaren Energien der Wert des Stroms immer mehr schwankt. Da zugleich der Stromverbrauch in Deutschland durch die Elektrifizierung von Mobilität und Wärmemarkt langfristig auf das Dreifache steigen werde, wie Quaschning prophezeit, brauche man variable Tarife, um die Wärmepumpen vernünftig in das Stromsystem zu integrieren. Speicher im Haus könnten dann verhindern, dass die Wärmepumpe ausgerechnet zu einer Zeit läuft, wenn es Netz­engpässe gibt oder die Stromerzeugung gerade sehr teuer ist. Ab 2025, so heißt es in der Heizungsbranche, würden zeitvariable Stromtarife Realität.

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