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Wechsel zur Freien Wähler VereinigungBoris Palmer sucht neue Heimat

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer kandidiert für die Liste der Freien Wähler Vereinigung 2024. Deren Vorsitzender zeigt sich erfreut.

Boris Palmer und Thomas Hölsch von der Freien Wählervereinigung im Landratsamt, 4.12.23 Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Tübingen dpa | Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer kandidiert für die Liste der Freien Wähler Vereinigung (FWV) im Wahlkreis Tübingen bei der Kommunalwahl in Baden-Württemberg am 9. Juni 2024. Das teilte Palmer am Montag in Tübingen mit. Über seine Motivation sagte er: „Es geht ums Geld.“ Für das kommenden Jahr seien 60 Millionen Euro an Kreisumlage geplant. Im Kreistag könne er die Höhe der Kreisumlage mitbestimmen und darüber, wie viel Geld in seine Stadt für Projekte zurückfließe. Es sei sinnvoll, wenn der Oberbürgermeister im Kreistag sitze.

Zuerst hatte das Schwäbische Tagblatt berichtet. Der Zeitung sagte der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Landkreis Tübingen, Thomas Hölsch: „Es entspricht unserer DNA, parteilose und kommunal aktive Bürgermeister in den Reihen zu haben.“ Palmer sei im Frühsommer „auf uns zugekommen“.

Der SWR zitierte dazu ebenfalls Hölsch mit den Worten: „Ich denke, er passt gut in unsere Truppe.“ Die Freien Wähler seien parteiunabhängig und nur der kommunalen Sache verpflichtet. „Bei uns darf auch jeder seine eigenen Ideen mit einbringen.“ Außerdem gebe es in der Vereinigung keinen Fraktionszwang – „es darf jeder nach seinem Wissen und Gewissen entscheiden“. Der Landesverband der Freien Wähler Baden-Württemberg ist ein Verein und keine Partei.

Umstrittener Palmer sucht neue Heimat

Palmer (51) ist seit 2007 Oberbürgermeister in Tübingen und eckt immer wieder mit politischen Aussagen an. Mit Äußerungen etwa zur Flüchtlingspolitik sorgte er oftmals für Kontroversen, auch wurde ihm Rassismus vorgeworfen. Bundesweites Aufsehen und Anerkennung brachte aber sein Management während der Coronapandemie sowie seine kommunale Umweltpolitik.

Im Mai dieses Jahres war der umstrittene Politiker bei den Grünen ausgetreten nach einem Eklat um die Verwendung des N-Wortes bei einer Migrationskonferenz in Frankfurt. Schon vorher ruhte seine Mitgliedschaft wegen anderer umstrittener Äußerungen.

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6 Kommentare

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  • Wenn sich heute einer von einem zerstrittenen und träumerischen Haufen abwendet, dann ist das zumindest einmal verständlich. Wenn aber ein Ex-Grüner zu einer AFD-nahen Akkumulation von Unzufriedenen wechselt, dann ist das recht unverständlich - auch wenn er dann mehr Geld für seine Gemeinde in Aussicht stellt. Dass die AFD rechts der CSU anzusiedeln ist, haben wir ja bei Söder und Oiwonger demonstriert bekommen. Selbst wenn die sich als nur kommunalpolitisch darstellen wollen - wer glaubt denn, dass die so sehr weit von ihrem Bundesvorsitzenden entfernt sind?

    Dazu gibt es einen ganz anderen Fakt zu bedenken: In so einem Kreistag geht es nicht um die Gesamthöhe der zu verteilenden Summe. Man soll den richtigen Schlüssel finden, um das Geld korrekt und nach Bedürfnis an die verschiedenen Gemeinden zu verteilen. Dass da jede Gemeinde die meiste Kohle für sich herausholen will, ist zwar verständlich, aber doch egoistisch und nicht langfristig gedacht. Wenn Palmer zu viel Cash heim bringen könnte, fehlt es an anderer Stelle. Natürlich wäre er im Kreistag ein absolut parteiisches Mitglied.

    Die andere Frage ist, ob das traditionell eher grüne Tübingen so einen Möchte-Gern-Sherriff noch einmal an der Spitze der Gemeinde sehen will. (Man erinnere sich nicht nur an seinen unverschämten Auftritt als Oberpolizist!)

    Einst holten die Grünen das dortige OB-Amt von der sog. Christlichen Partei. Und die wird wohl von den vielen umstrittenen Eskapaden des Selbstdarstellers Palmer profitieren. Na denn: Prost!

  • naja, Palmer muß halt provozieren. Vermutlich hält er sich für stark genug diesen rechten Haufen zu bändigen. Plamer geht halt da hin wo`s weh tut und das mit Vorliebe.



    Könnte man jetzt nalysieren, hilft aber nicht.. ist halt seine Persönlichkeit. Nur die Werbung für die freien Wähler, die täte nicht Not.

    • @nutzer:

      Im Artikel zu kurz kommt, dass es sich bei der Freien Wählervereinigung in Baden-Württemberg nicht um die Partei der Freien Wähler in Bayern handelt. In BaWü ist das eine Wählervereinigung, die maximal auf Kreisebene antritt und in welcher sich beispielsweise auch Bürgermeister für die Kandidatur im Kreistag aufstellen lassen.



      Mit den rechtskonservativen FW von Hr. Aiwanger in Bayern hat das recht wenig zu tun.

    • @nutzer:

      Könnten Sie etwas genauer erklären, was oder wer genau die Freien Wähler in Tübingen zu einem "rechten Haufen" macht?

      Zugegeben, die Mitgliederliste wirkt nicht ultimativ progressiv, aber spontan habe ich da keinen Dreck gefunden. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

    • @nutzer:

      Diese Freien Wähler sind keine Partei sondern ein Verein - es besteht daher in hohem Maße eine Verwechslungsgefahr mit den Freien Wählern, die sie vermutlich meinen.

      • @unbedeutend:

        ja sie haben Recht, die Freien Wähler, denen Palmer sich angeschlossen hat, sind nicht die Freien Wähler, die ich im Sinne hatte. Da war ich falsch informiert.



        Eine etwas unglückliche Namenskorrelation und eine Nichtinformiertheit meinerseits.



        Mein Post ist damit Unsinn. Aber ich kann ihn nicht löschen.