piwik no script img

Spannungen zwischen DR Kongo und RuandaZurück ins vorige Jahrhundert

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda braut sich ein Krieg zusammen. Die Welt sollte der Gewalteskalation nicht untätig zusehen.

Kongos Präsident Felix Tshisekedi am 10. Dezember in Goma Foto: Moses Kasereka/epa

D as Konfliktgebiet Afrika der Großen Seen rangiert auf der Rangliste der globalen Aufmerksamkeit weit unten. Aber was sich derzeit zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda zusammenbraut, verdient die höchste Alarmstufe.

Bei seinem letzten Auftritt vor den Wahlen an diesem Mittwoch hat der kongolesische Präsident Félix Tshisekedi gedroht, Ruanda den Krieg zu erklären, und zum Sturz des ruandischen Präsidenten Paul Kagame aufgerufen, da dieser kongolesische Rebellen unterstützt. Kongo hat auch die Wahlbeobachtungsmission der Ostafrikanischen Gemeinschaft gecancelt und hofft auf militärische Unterstützung aus dem südlichen Afrika.

Vor einem Vierteljahrhundert, im Sommer 1998, führte eine fast identische Konfrontation die Region in einen brutalen Krieg, der halb Afrika mobilisierte und die DR Kongo über Jahre in Stücke zerriss. Millionen Menschen starben an den Folgen.

Die internationale Staatengemeinschaft sah erst zu und mobilisierte nach dem Friedensschluss die größte UN-Blauhelmmission der Welt, um den Scherbenhaufen Kongo wieder zusammenzufügen und ein neues Staatswesen für die heute 100 Millionen Kongolesen aufzubauen.

Soll das alles vergeblich gewesen sein, bloß weil ein bedrängter Staatschef jetzt die populistische Karte zieht? Tshisekedi ist Kongos erster Präsident ohne militärischem Hintergrund und hat sich mehr als seine Vorgänger der Verbesserung der Lebensumstände der Menschen gewidmet. Aber nun reaktiviert er das alte Völkermorddenken der 1990er Jahre. Wenn das so weitergeht, muss Ruanda reagieren und Afrika wird ins vergangene Jahrhundert zurückgeworfen.

Deeskalierend müsste die internationale Gemeinschaft wirken, aber von ihr kommen die völlig falschen Signale: Der UN-Sicherheitsrat berät dieser Tage über den Abzug der UN-Blauhelme aus Kongo. Die regionale Eskalationsspirale dreht sich wie schon vor 25 Jahren. Die Versäumnisse von damals, als man die Gewaltakteure gewähren ließ, muss die Weltgemeinschaft nicht wiederholen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Der Westen hat sich bereits klar positioniert- die Einweihung des BioNTech Ablegers hat diese Position erst diese Woche klar untermauert.

  • Richtig ist es das nicht weggeschaut werden darf was dort passiert. Nur gibt es eine afrikanische Gemeinschaft die nicht wegschauen sollte. Alles was von außerhalb Afrikas kommt wird wie immer keinen Bestand haben. Da es den Kräften außerhalb dieses Kontinents nie um den Frieden und die Menschen ging, sondern um verlässliche Gesprächs- und Geschäftspartner, egal welcher Gesinnung.



    Also sollten wir uns auf europäische Probleme konzentrieren, es gibt genug.

  • Ihren Worten wünsche ich dringendes Gehör!