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Die WahrheitAlles wird gut

Lebenslänglich Bayer: Zum Ende eines schwierigen Jahres lässt es sich nicht leugnen, Bayern ist ein begnadetes Land – trotz Markus Söder.

V om Schneitberger Peter, einem wahrhaft finsteren Gesellen, erzählt man sich, dass er das erste Mal seit mehreren Jahrzehnten gelächelt hat. Die Frau vom Huber Franz ist schon seit fast zwei Wochen nicht mehr von ihrem Mann vermöbelt worden. Und die Züge im Süden des Landes fallen jetzt nicht mehr wegen der Schneemassen aus, sondern wegen Hochwasser.

Die Brezen bei der Landbäckerei in Großhöhenrain sind schon wieder nicht teurer geworden. Bei Endsee im Landkreis Ansbach haben sie bei Ausgrabungen gut 20.000 Jahre alte Kieferfragmente von Höhlenbären gefunden, womit der Beweis angetreten werden kann, dass es zumindest in der frühen Steinzeit nicht nur Rindviecher in Bayern gegeben hat.

Ladenhüter wie Magnetschwebebahnen zaubern Nürnberger Lokalpolitikern ein Lächeln ins Gesicht. Und wer am Montag den Romantischen Weihnachtsmarkt auf Schloss Thurn und Taxis in Regensburg besuchen möchte, zahlt statt 9,50 Euro nur 6 Euro Eintritt, sodass Gloria, die Fürstin mit der harten Rechtsauslage, ihrem Vermögen ein paar Euro weniger hinzufügen kann.

Im niederbayerischen Pilsting werden die Waffen schon einmal durchgeladen, denn Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat sich angekündigt, um in der kommenden Woche die neue Rundschießanlage des Jagd- und Schießsportzentrums Schmidt zu eröffnen. Allüberall im Land freuen sich Menschen an der Literatur, besuchen Lesungen des Versepos „Heilige Nacht“ und nehmen keinen Anstoß daran, dass dessen Autor Ludwig Thoma ein Antisemit niederster Gesinnung war. Und der bayerische „Tatort“-Kommissar Miroslav Nemec freut sich für seinen Kollegen und Mitermittler Udo Wachtveitl, dass dieser beim Blick in den Spiegel doch tatsächlich ein Haar auf seinem Haupt entdeckt hat, das noch nicht ergraut war.

Kabarettistin Monika Gruber hat bei der Gartenarbeit auf dem Komposthaufen einen Witz über die Grünen gefunden, den sie noch nicht gerissen hat. Die Süddeutsche Zeitung versendet fortan gute Nachrichten aus München via Whatsapp. Und in Gmund am Tegernsee ist ein lupenreiner SPDler mit der Goldenen Ehrennadel der Gemeinde ausgezeichnet worden, weil er sich seit 30 Jahren für die Dorfmusikanten engagiert.

Über dem Tegernseer Tal leuchtet ein vom resozialisierten Steuerhinterzieher Ulrich Hoeneß in weihnachtliches Licht gesetzter Nadelbaum. Die Tochter des Ministerpräsidenten ist aus New York eingeflogen, um mit ihrem Vater ein Herz für Kinder zu zeigen. Und bei der Zugfahrt von Salzburg nach München haben Freunde gepflegter Lektüre wegen der Kontrollen an der Grenze zu Österreich in Freilassing nun zehn Minuten mehr Zeit, in einem guten Buch zu lesen.

Sogar die Sonne hat sich für ein paar Minuten gezeigt. Es ist, wie es ist: Seit Ministerpräsident Markus Söder angekündigt hat, das Gendern in Schulen und Behörden zu verbieten, geht es aufwärts in Bayern.

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
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3 Kommentare

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  • "In Bayern möchte ich nicht einmal gestorben sein."

    Herbert Achternbusch (1938 - 2022)



    zitiert nach br.de

  • ...und nachdem Andrea Tandler wegen der Maskenaffäre zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, blinkt ein Lichtlein durch den bayrischen Amigofilz, der vielleicht wie einst Al Capone den Beginn einer neuen Ära ankündigt. Weihnachten wird man/frau jedenfalls auch dieses Jahr den Bayern heimleuchten.

  • Na Mahlzeit

    Jo mei. Schon Bruno Paul (1874 - 1968) wußtes:



    - Verlaß! Alles beim alten! -



    “I glaab der Toni liabt ma nimmer.



    Seit drei Wochen hett er mi nimmer schla‘gn!“*



    encrypted-tbn0.gst...dfIBqWMMQ&usqp=CAU

    Na Servus

    unterm—-*



    o.s.ä. - Sorry - Grad inne Grabbel =>



    Bruno Paul, ; Klassiker der Karikatur Band 11



    www.buchfreund.de/...-karikatur-band-11