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Der Berliner Senat und die Signa-PleitePlanungsstopp jetzt

Uwe Rada
Kommentar von Uwe Rada

Trotz des Baustopps bei den Signa-Projekten in Berlin hält Bausenator Gaebler an den Planungen fest. Eine schlüssige Begründung bleibt er schuldig.

Protest gegen die Schließung einer Filiale von Galeria Kaufhof 2020 in Düsseldorf Foto: picture alliance/dpa | Roland Weihrauch

J a, was muss denn noch alles passieren? Signa ist pleite, über allen Baustellen ist Ruh, aber der Bausenator von der SPD rollt der Baumafia immer noch den roten Teppich aus? Geht's noch? Oder hat Christian Gaebler vielleicht sogar recht?

Tatsache ist, dass die Senatsverwaltung die Arbeiten am vorhabenbezogenen Bebauungsplan am Hermannplatz und am Rahmenplan für den Kurfürstendamm nicht stoppen will. Warum, das hat sie gegenüber der taz so begründet: „Wir haben ein städtebauliches Interesse an der Entwicklung der verschiedenen Projekte“, sagte Sprecher Martin Pallgen. „Wir werden aus Gründen der Stadtentwicklung und zur Sicherung der Warenhausstandorte die Planungen nicht stoppen.“

Heißt konkret: Gaebler hält am „Letter of Intent“ fest, den Signa, Galeria-Karstadt-Kaufhof und der Senat im August 2020 vereinbart hatten. Im Gegenzug für den Erhalt von vier der sechs von Schließung bedrohten Kaufhäuser sicherte der Senat zu, zügig Baurecht am Alexanderplatz und am Kudamm zu schaffen. Die Bestandsgarantie war für drei bis zehn Jahre angesetzt.

Doch gilt das überhaupt noch? Die Grünen sind da skeptisch. Ihr Stadtentwicklungsexperte Julian Schwarze sagte der taz am Freitag, dass Signa sich auch verpflichtet habe, 45 Millionen Euro in die vier Kaufhäuser zu investieren. Das sei aber nicht geschehen. „Signa hat damit den Letter of Intent aufgekündigt“, so Schwarze.

Warum also soll sich der Senat an eine – rechtlich ohnehin nicht bindende – Absichtserklärung halten, die Signa schon gebrochen hat? Würde Signa tatsächlich die verbliebenen Standorte schließen, wenn der Senat den roten Teppich am Hermannplatz und am Kudamm wieder einrollt?

B-Plan ohne Gegenleistung?

Nein, glauben die Grünen, denn das liege vielleicht nicht mehr in der Hand von Signa. Gut möglich wäre auch, dass Galeria-Kaufhof ein drittes Mal insolvent gehe und alle Standorte schließen müsse. Mit einem B-Plan in der Hand könnte Signa allerdings das Projekt am Hermannplatz vergolden, ohne dass der Senat eine Gegenleistung hätte. „Vielleicht hat der Senat nur ein Problem damit, auf den falschen Partner gesetzt zu haben und tut sich jetzt schwer, sich das einzugestehen“, vermutet Julian Schwarze, der wie die Linke einen sofortigen Planungsstopp fordert.

Aus Sicht der beiden Oppositionsparteien wäre es stattdessen nötig, sich über jeden einzelnen Standort Gedanken für die Zukunft zu machen. Ein Gedanke dabei wäre die Unterbringung der ZLB in einem der Kaufhäuser, anstatt dafür, wie von Kultursenator Joe Chialo (CDU) vorgeschlagen, die Galeries Lafayettes kaufen zu müssen.

Noch aber ist unklar, wie sich die Signa-Pleite auf die Preise für die einzelnen Immobilien auswirken wird. Klar ist nur: Mit dem Planungsrecht hilft der Bausenator wohl eher Signa als dem Land Berlin und den Beschäftigten der Warenhäuser.

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Uwe Rada
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.
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1 Kommentar

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  • Die Forderung der Opposition "sich um jeden Standort Gedanken zu machen" und die Planungen fortzusetzen sind kein Gegensatz. Wenn es gelingt, mit einem Nachfolgeinvestor die Gegend insgesamt aufzubessern, lohnen sich ie Planungen allemal. In der jetzigen Form ist die ausgebaute Ruine verbesserungsbedürftig.