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Asylverfahren außerhalb der GrenzeSPDler sägen am Asylrecht

Kanzler und Innenministerin haben Unions-Vorschläge für Asylverfahren in Drittstaaten abgewiesen. Nun schlagen drei SPD-Abgeordnete das Gleiche vor.

Migranten an der Küste von Gran Canaria im September Foto: Borja Suarez/reuters

Hamburg epd | Drei Bundestagsabgeordnete der SPD sprechen sich einem Medienbericht zufolge für Asylverfahren außerhalb Europas aus. In einem „Impulspapier“ schlügen die Sozialdemokraten Lars Castellucci, Frank Schwabe und Fabian Funke die Einrichtung von „Migrationszentren“ in sicheren Drittstaaten „als Anker- und Anlaufpunkt für Schutzsuchende“ vor, berichtete das Magazin Spiegel am Freitag online unter Bezug auf das Schreiben. Erst nach Bearbeitung ihrer Anträge sollen dem Vorschlag zufolge asylberechtigte Migrantinnen und Migranten in EU-Staaten einreisen dürfen.

Vor einigen Tagen hatte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Asylverfahren außerhalb der EU gefordert. Danach gefragt, hatten sich Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) skeptisch geäußert, ebenso SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese.

Castellucci, Schwabe und Funke schlagen laut Spiegel vor, die in Drittstaaten ausgelagerten Asylverfahren in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen und der EU zu organisieren. Alle humanitären und menschenrechtlichen Standards müssten in diesen Einrichtungen gewahrt bleiben. Zudem müsse die Rechtsstaatlichkeit garantiert sein. Niemand dürfe gegen seinen Willen in den neu zu schaffenden Einrichtungen festgehalten werden.

Die Initiatoren des Papiers zählen nicht zur konservativen Strömung der SPD. Schwabe ist Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Castellucci Beauftragter für Kirchen und Religionsgemeinschaften seiner Fraktion.

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7 Kommentare

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  • Wo sollen diese stattfinden? Tunesien ist jetzt ja wohl raus!

  • Interessant!



    Ich habe auch eine Meinung...



    Da haben sich also ganze 3(!) Abgeordnete der SPD zusammen gefunden.



    Das sind 1,45% der SPD Fraktion im Bundestag.



    Hiervon irgendeinen inhaltlichen Trend für die SPD abzuleiten, ist völlig abwegig.

  • Mal abgesehen davon, dass ein solches "Verlagern" in der Praxis nicht funktionieren dürfte, wieso sägt der Vorschlag am Asylrecht? Wenn - und das ist ja der Kern des Vorschlags - ein in einem rechtstaatlichen Verfahren von deutschen oder europäischen Richtern ein Asylantrag positiv oder negativ beschieden wird, spielt es für das Recht doch eine Rolle, ob der Gerichtssaal in Berlin oder Tunis liegt...

    • @mlevi:

      Vollig korrekt. Es würde auch viel Leid ersparen, wenn nicht erst der abenteuerliche Weg über Mittelmeer und verschiedene Drittstaaten - womöglich umsonst - zurückgelegt werden muss.

      • @Karla Wagner:

        Der Weg über das Mittelmeer ist, wie Sie so beschönigend sagen, "abenteuerlich" weil es mit Absicht so gewollt wurde.

        Das Mittelmeer ist der Burggraben der Festung Europa. Und möglichst viele Menschen sollen daran jämmerlich verrecken. Als Abschreckung für alle Anderen.

        Da gibt es keinen Raum für Verharmlosungen.

        Wie wäre es denn stattdessen mit der Idee einfach die ganz normalen Wege nach Europa zu öffnen? Das Schleppergeschäft wäre sofort beendet.

  • „Alle humanitären und menschenrechtlichen Standards müssten in diesen Einrichtungen gewahrt bleiben. Zudem müsse die Rechtsstaatlichkeit garantiert sein. Niemand dürfe gegen seinen Willen in den neu zu schaffenden Einrichtungen festgehalten werden.“



    Da bleibt aber die Frage, welcher Drittstaat unter diesen Kautelen bereit sein könnte, der EU das Migrantenproblem abzunehmen?

  • Was 2015 noch als rechtsradikal beschrien wurde, wird jetzt von der SPD als gangbarer Weg vorgeschlagen. Es macht mich wirklich betroffen, wie viel in der Migrationspolitik versäumt wurde, dass es nun zu solchen Maßnahmen kommt.