Rechter Fernsehsender Auf1: Doch keine „Medienrevolution“
Der Sender Auf1 verbreitet Verschwörungsmythen und rechte Hetze. In Deutschland darf er das aber nicht länger über Satellit.
Dann darf Höcke eine Stunde lang über das „Parlamentstheater“ im Landtag reden, über die „Kollaborateurselite, die uns beherrscht“, darf die Migrationspolitik der Bundesregierung als „Mordkomplott gegen das deutsche Volk“ bezeichnen. Die Stichworte dafür liefert der Moderator Martin Müller-Mertens. Er ist das deutsche Gesicht des Senders Auf1. Früher hat er für das Magazin Compact gearbeitet, das der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft.
Auf1 sollte, so hatte Höcke wohl gehofft, seine neue mediale Heimat werden. Der Sender kommt aus Österreich und findet dort vor allem unter Coronaleugnern, Putin-Fans, Rechtsextremen und Klimawandelleugnern ein Publikum. Seit September 2023 sendet Auf1 auch im linearen deutschen Fernsehen. Doch damit ist jetzt Schluss. Auf1 darf nicht länger via Satellit gesendet werden.
Der Sender hatte es nur dank eines Tricks überhaupt ins deutsche Fernsehen geschafft. Der Sender Auf1 hat in Deutschland keine eigene Lizenz. Er hat sich eingekauft in einen Regionalsender in Baden-Württemberger: in „Schwarz Rot Gold TV“, kurz SRGT. Betrieben wird SRGT von dem Stuttgarter Arzt Wilfried Geissler, der sich während Corona einen Namen in der Querdenker-Szene gemacht hatte. Er trat auf Demos auf, kandidierte für die AfD. Auf seinem Youtube-Kanal SRGT sendete er Videos über „Impfschäden“. 2021 beantragte er bei der Landesmedienanstalt in Baden-Württemberg eine Fernsehlizenz und bekam sie auch, ohne Widerspruch aus den Gremien.
Trickserei wird Sender zum Verhängnis
Ebenfalls 2021 gründete der Österreicher Stefan Magnet in Österreich den Sender Auf1, zunächst für das Internet. Auf1 steht für Alternatives unabhängiges Fernsehen. Stefan Magnet war in Österreich schon an einer rechtsextremen Zeitung beteiligt. Groß wurde sein Programm dank Corona, es fand schnell ein wachsendes Publikum. Auf Telegram hat Auf1 mittlerweile 252.000 Abonnenten.
Im September 2023 dann platzierte der Österreichische Medienunternehmer Stefan Magnet seinen Coup: Die „Medienrevolution“ ließe sich nicht aufhalten, verkündete er. Er habe Sendezeit bei SRGT gekauft, heißt es auf der Webseite von Auf1. Sechs Stunden am Tag, morgens und abends, lief seitdem dort das Programm von Auf1. Die zuständigen Behörden waren davon offenbar genauso überrascht wie die Fernsehzuschauer.
Corona spielt noch immer eine Rolle im Programm von Auf1. Dazu kommen Interviews, auch mit anderen AfD-Politiker*innen, Verschwörungsmythen über Bill Gates, angebliche LGBTQ-Propaganda und den Klimawandel. Laut Verfassungsschutz in Baden-Württemberg werde Auf1 auch von Personen rezipiert, die dem „Phänomenbereich ‚Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates‘ “ zugeordnet werden könnten, berichtet der SWR. Gemeint sind damit vor allem das Querdenken-Milieu und Reichsbürger*innen.
Die Landesmedienanstalt Baden-Württemberg versprach zu prüfen, und nun liegt das Ergebnis vor: SRGT darf Auf1 nicht länger verbreiten. Die Kommission, die für die Zulassung und Aufsicht des linearen Fernsehens zuständig ist, entschied dies allerdings nicht aufgrund der Inhalte des Senders, sondern bezieht sich auf einen Verstoß gegen den Medienstaatsvertrag. Die Medienaufsicht sieht in dem Deal zwischen Auf1 und SRGT einen „Verkauf von Sendezeit“ und damit eine Einflussnahme von Auf1 auf das Programm von SRGT. Dabei handele es sich um eine verbotene Themenplatzierung, heißt es in der Mitteilung. SRGT darf Auf1 ab sofort nicht mehr ausstrahlen.
„Wir sind angetreten, um mit AUF1 die Menschen unabhängig und frei zu informieren. Das werden wir weiterhin so erfolgreich tun“, kündigte Stefan Magnet auf Anfrage der taz an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuwahlen
Beunruhigende Aussichten
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Berichte über vorbereitetes Ampel-Aus
SPD wirft FDP „politischen Betrug“ vor
Scholz telefoniert mit Putin
Scholz gibt den „Friedenskanzler“
Toxische Bro-Kultur
Stoppt die Muskulinisten!
Grünen-Parteitag in Wiesbaden
Grüne wählen neue Arbeiterführer