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Deadname fliegt vom Uni-Zeugnis

Ab Mitte November können trans, inter und nicht binäre Studierende an der Universität Bremen ihren Namens- und Geschlechtseintrag korrigieren lassen. Das gilt, ohne Hürden, auch für Zeugnisse und andere Dokumente. In Kiel und Göttingen ist das jetzt schon der Fall

Von Franziska Betz

Langsam tut sich was für trans, inter und nicht binäre Studierende in Norddeutschland. Gleich an drei Unis wird es in Zukunft möglich sein, Namens- und Geschlechtseintrag ohne Hürden ändern zu lassen. Ab Mitte November gibt es diese Möglichkeit an der Universität Bremen, zuvor sind bereits die Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU) und die Georg-August-Universität Göttingen diesen Schritt gegangen. Die Universitäten beziehen sich dabei unter anderem auf die Hochschulautonomie.

Wenn Namens- und Geschlechtseintrag von trans, inter und nicht binären (TIN) Studierenden nicht denen entsprechen, die sie für sich verwenden, führt das im Uni-Alltag oft zu Problemen, Diskriminierung und Zwangs-Outings. Etwa dann, wenn der Deadname – der Name, der bei der Geburt vergeben, aber heute nicht mehr verwendet wird – auf Seminarlisten und Abschlusszeugnissen auf–taucht und für Mitstudierende und Dozierende sichtbar ist.

Deshalb können TIN-Studierende ihren Namens- und Geschlechtseintrag an vielen Hochschulen für hochschulinterne Systeme ändern lassen, allerdings meistens mit Hürden. So fordert beispielsweise die Uni Heidelberg eine Bescheinigung von ei­nem*ei­ner Ärz­t*in oder ei­nem*ei­ner Psy­cho­lo­g*in, alternativ müssen Studierende einen Ergänzungsausweis der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (Dgti) vorlegen.

Die Dgti ist ein Verein, der sich für die Rechte von trans, inter, nicht binären und agender Menschen einsetzt. Der Ergänzungsausweis ist „ein standardisiertes Ausweispapier, das alle selbstgewählten personenbezogenen Daten dokumentiert und ein aktuelles Passfoto zeigt“, erklärt die Dgti auf ihrer Website. Er wird von vielen staatlichen Stellen anerkannt, soll Diskriminierung vorbeugen und es einfacher machen, bei Personenkontrollen zu erklären, ­warum etwa der selbstgewählte Name sich nicht dem Namen auf dem amtlichen Ausweispapieren deckt.

An den meisten Unis, etwa an der Humboldt-Universität Berlin (HU), ist es zudem zwar möglich, den Namen in internen Dokumenten, wie etwa auf der Mensakarte, zu ändern, nicht aber auf Abschlusszeugnissen.

„Die TU Darmstadt war die erste Hochschule, die das ermöglicht hat“, sagt Eddi Steinfeldt-Mehrtens, Beauftragte*r für Diversität an der Kieler CAU. Die Kieler Uni hatte diese Möglichkeit schon 2022 als erste Uni in Norddeutschland eingeführt.

Kiel war wiederum Vorbild für die Uni Bremen, die die neue Regelung nun einführt: „Ich habe den Tag so gefeiert, als ich das auf die Webseite der Arbeitsstelle Diversität gesetzt habe“, sagt Nele Kuhn, Leiterin dieser Arbeitsstelle.

Und so steht der Antrag bald ganz regulär im Studienorganisations-Portal „Moin“ der Uni Bremen zur Verfügung – neben Urlaubsanträgen oder dem Antrag auf Nachnamensänderung nach einer Eheschließung. Studierende müssen den Antrag lediglich ausfüllen, unterschreiben und im Uni-Portal hochladen.

Die Bremer Hochschulleitung hatte die neue Regelung bereits im März 2022 beschlossen und war während des ganzen Prozesses „sehr supportive“, sagt Nele Kuhn. An der Uni Kiel, die die hürdenlose Namensänderung schon im Jahr 2022 eingeführt hat, war das zu Beginn nicht so leicht. „Es hat fast zwei Jahre gedauert und brauchte ordentlich Rückenwind vom Präsidium der Uni“, sagt Steinfeldt-Mehrtens. Zu Beginn hätten Menschen immer wieder gefragt, warum das überhaupt nötig sei. „Da musste ich erst mal erklären, was den persönlichen Leidensdruck von TIN-Studierenden ohne Namensänderung ausmacht.“

An der Uni Göttingen gibt es die Regel bereits seit Mai 2023.

Nach der Einführung sei die neue Möglichkeit in Kiel rege angenommen worden. „Im Jahr 2023 haben knapp 30 Studierende ihren Namen an der Uni Kiel geändert“, sagt Steinfeldt-Mehrtens. Die Besonderheit: In Kiel können nicht nur Studierende, sondern auch Mitarbeitende der Uni ihren Vornamen durch einen einfachen Antrag ändern. Laut Steinfeldt-Mehrtens ist Kiel bisher die einzige Hochschule, die das möglich macht.

Kiel, Göttingen und Bremen setzten damit auch die Empfehlungen der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (Bukof) um, die den Hochschulen laut Steinfeldt-Mehrtens empfohlen hatte, ihre Hochschulautonomie zu nutzen, um die Situation für TIN-Studierende zu verbessern.

Die Empfehlung der Bukof geht unter anderem auf ein Gutachten der Berliner Ju­ris­t*in­nen Ulrike Lembke und Alexander Tischbirek zum „rechtlichen Spielraum der Hochschulen bei der Verwendung des gewählten Namens inter- und transgeschlechtlicher Studierender“ vom Oktober 2019 zurück.

In dem Gutachten hatten Lembke und Tischbirek zunächst dargelegt, dass das Grundgesetz das Recht, „auf einen Vornamen, der mit der Geschlechtsidentität in Einklang steht“, enthält. Außerhalb der Hochschulen wird dieses Grundrecht im Moment noch durch das vielfach kritisierte sogenannte Transsexuellengesetz (TSG) abgebildet, dass unter anderem „eine mindestens dreijährige Wartezeit“ für einen Vornamenswechsel vorschreibt.

Diese bindet, so fassen es Lembke und Tischbirek zusammen, allerdings nicht eine „sich selbstverwaltende Universität“. Hochschulen sei es „ohne Weiteres rechtlich möglich“, den Wunschvornamen in Hochschulangelegenheiten zuzulassen und „damit die erheblichen Belastungen inter- und transgeschlechtlicher Studierender“ zu lindern.

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