Nato-Treffen in Brüssel: Voller Körpereinsatz für die Nato

Verteidigungsminister Boris Pistorius kündigt eine Stärkung des Militärbündnisses durch die Bundeswehr an. Manche halten die Zusagen für gewagt.

Ein Schiff der Deutschen Marine verlässt den Hafen.

Auch Schiffe der Bundesmarine sind der Nato zugesagt, hier die Korvette Oldenburg in Warnemünde Foto: BildFunkMV/imago

BRÜSSEL taz | Verteidigungsminister Boris Pistorius hat eine massive Ausweitung des Bundeswehrengagements in der Nato angekündigt. Zur Stärkung der US-geführten Militärallianz werde Deutschland künftig 35.000 Soldaten in sehr hoher Dauerbereitschaft halten, sagte Pistorius am Donnerstag bei einem Nato-Treffen in Brüssel. „Wir gehen de facto all in“, erklärte der SPD-Politiker.

Im Poker bedeutet „all in“ ein Spiel mit vollem Einsatz – mehr geht nicht. Bisher hatte sich Pistorius nicht als Pokerspieler geoutet, im Gegenteil: Die Bundesregierung hat das Risiko gemieden. Doch damit scheint es nun vorbei zu sein.

Neben den 35.000 Bundeswehrsoldaten seien der Nato auch noch bis zu 200 Flugzeuge, Fregatten, Korvetten und vieles andere mehr zugesagt worden, erklärte Pistorius. Die deutschen Truppen sollen ab 2025 dem Saceur – dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte in Europa – unterstellt werden.

Der Saceur wird traditionell von den USA gestellt. Derzeit hat US-General Christopher G. Cavoli den Posten inne. Er hat nicht nur das Oberkommando über die Nato-Truppen, sondern ist auch aktiv an den Vorbereitungen und an der Umsetzung der Gegenoffensive der Ukraine beteiligt.

Ziel heißt Abschreckung

Im August nahm Cavoli an einem Treffen mit dem ukrainischen Generalstab nahe der polnischen Grenze teil, bei dem der Militäreinsatz koordiniert wurde. Dieser „Kriegsrat“ mit Alliierten sei nichts Ungewöhnliches, sagte Mychajlo Podoljak, ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski.

Die deutschen Soldaten sollen allerdings – so weit bekannt – nicht in der Ukraine kämpfen, sondern vor allem der Abschreckung Russlands dienen. Sie sind Teil einer neuen, mehr als 300.000 Personen starken schnellen Eingreiftruppe. In Friedenszeiten unterstehen sie nationalem Kommando, im Kriegsfall dem Saceur.

Nach Angaben der Nato geht es bei der neuen Krisentruppe vor allem um die Abwehr eines Angriffs im Ausmaß der russischen Invasion in die Ukraine. Als besonders bedroht gelten die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. In Litauen will Deutschland dauerhaft 4.000 Soldaten stationieren.

Pistorius Pläne gelten als ehrgeizig, manche sprechen auch von gewagten Versprechen. Denn die Bundeswehr ist am Limit. Kurz nach Beginn des russischen Überfalls im Februar 2022 hatte Heeresinspekteur Alfons Mais beklagt, die Truppe sei „mehr oder weniger blank“ und könne die Nato kaum noch unterstützen.

Große Herausforderung

Nun prescht Pistorius mit weit reichenden Zusagen vor. Andere Länder haben sich bei dem Brüsseler Treffen noch nicht geoutet. Wie groß die Herausforderung für die Bundeswehr werden dürfte, zeigt ein Vergleich. Für die bisherige, kleinere Eingreiftruppe der Nato stellt Deutschland nur rund 16.000 Soldaten bereit.

Für eine Überraschung sorgte Pistorius auch mit der Mitteilung, Israel habe um Munition für Schiffe gebeten. „Es gibt erste Anfragen auch für Munition für Schiffe, darüber werden wir uns jetzt mit den Israelis austauschen“, sagte der Minister in Brüssel. Zudem gebe es die Bitte um umfangreiches Sanitätsmaterial. „Das werden wir jetzt zügig erledigen.“

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