Militärhilfe für Ukraine: Pistorius wirbt für Unterstützung

Der Bereitschaft der Verbündeten zur langfristigen Ukrainehilfe bröckelt. Der Bundesverteidigungsminister wirbt dafür, dass Deutschland am Ball bleibt.

Foto: Funke Foto Services/imago

Die Erfolge der ukrainischen Offensive sind überschaubar, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine droht in einen zähen Modus überzugehen. Hinzu kommt: Die Bereitschaft der Verbündeten, die Ukraine langfristig zu unterstützen, ist am Bröckeln. Alles Gründe, warum Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in den vergangenen drei Tagen in Lettland und Litauen für die Verlässlichkeit Deutschlands im Nato-Bündnis warb. Eine Führungsrolle, mehr Verantwortung soll das Land übernehmen bei der Abschreckung Russlands.

Pistorius’ größte Zusage in diesem Zusammenhang ist die bereits bekannte „gefechtsbereite Brigade“ der Bundeswehr, die in Litauen stationiert werden soll. Die Pläne sehen vor, dass 4.000 Personen dauerhaft vor Ort sind – mit ihren Ehe­part­ne­r*in­nen und Kindern. Voraussetzung ist eine entsprechende Infrastruktur, also zum Beispiel Kasernen. Bereits im Juli beim Nato-Gipfel im litauischen Vilnius wurde deutlich, dass die baltischen Staaten die Brigade befürworten. Rund eine Milliarde Euro will Litauen zuschießen, um die Vorbereitungen voranzutreiben. Bis Ende des Jahres soll es Details geben.

Estland, Litauen und Lettland drängen wegen ihrer geografischen Nähe aber auch aus schmerzhaften historischen Erfahrungen heraus auf mehr Militärhilfe für die Ukraine. Der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur prangerte am Dienstag bei einer Sicherheitskonferenz in Tallinn an, dass Europa noch nicht alles getan hätte.

Regierungschefin Kaja Kallas forderte die Nato-Staaten auf, ihre Ausgaben für Verteidigung deutlich zu erhöhen. Estland will 2024 diesen Etat auf 3,2 Prozent seines Bruttoinlandsprodukt erhöhen. Die Bundesregierung will im kommenden Jahr mit Hilfe des Sondervermögens auf zwei Prozent kommen.

Lieferung von Flugkörper von Typ Taurus bleibt ungeklärt

Ungeklärt ist nach wie vor, ob die Bundesregierung sich durchringen kann Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine zu liefern oder bei ihrer ablehnenden Haltung bleibt. Die Debatte um die bunkerbrechende Waffe ist enorm emotional aufgeladen, und wird zum echten Gamechanger, zum Hoffnungsträger stilisiert.

Obwohl offen ist, ob das Kriegsgerät mit einer Reichweite von rund 500 Kilometern überhaupt zum Einsatz kommen kann, da entsprechende Systeme und Ausbildung noch fehlen. Aber Andeutungen aus den USA, dass die Ukraine doch die langersehnten ATACMS-Raketen erhalten sollen – die vom Boden aus abgefeuert werden und eine Reichweite von rund 300 Kilometern haben –, haben auch die Taurus-Debatte in den vergangenen Tagen in Deutschland wieder angeheizt. Klar ist bei beiden Systemen – Wunderwaffen, die in Kürze der Ukraine zum Sieg über den Aggressor Russland verhelfen wird, sind sie beide nicht.

Wie glaubwürdig die Verlässlichkeit der Bundeswehr im Kampfmodus und Pistorius’ Fähigkeit, Truppe und Behördenapparat unter Kon­trolle zu halten sind, wird aber durch ein anderes Gerät derzeit in Frage gestellt. Die digitalen Funkgeräte, die in mehr als 10.000 Fahrzeugen der Bundeswehr eingebaut werden sollten, haben diese bisher nicht erreicht – beziehungsweise konnten nicht eingebaut werden. Wegen Technikproblemen, Fehlinterpretationen bei der Bestellung oder unterschätzter Komplexität. Aber: Für die der Nato zugesagte gefechtsbereite Division sollen andere Funkgeräte sichergestellt werden.

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