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WHO soll Gesundheitsnotstand ausrufenKlimakrise ist ungesund

200 Wissenschaftsmagazine fordern von der WHO, wegen der Klimakrise den Gesundheitsnotstand auszurufen. Klappt das wie einst bei Corona?

Klima und Biodiversität – Teile desselben Problems betrachten Foto: Achim Duwentäster/imago

Berlin taz | Mehr als 200 wissenschaftliche Fachjournale weltweit haben einen gemeinsamen Aufruf veröffentlicht, in dem sie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auffordern, wegen des Klimawandels und des Artensterbens den gesundheitlichen Notstand auszurufen.

„Die allgemeine Umweltkrise ist mittlerweile so schwerwiegend, dass sie einen globalen Gesundheitsnotstand darstellt“, heißt es in dem Aufruf, der unter anderem von so renommierten Magazinen wie The Lancet, Global Journal of Medicine and Public Health oder dem British Medical Journal verfasst wurde. Deutsche Magazine haben den Aufruf nicht mitverfasst.

Die Welt reagiere derzeit auf die Klima- und die Naturkrise, „als wären es getrennte Herausforderungen“, heißt es in dem Aufruf. „Das ist ein gefährlicher Fehler.“ Die Politiker müssten den globalen Gesundheitsnotstand anerkennen „und dringend Maßnahmen ergreifen“. Nur wenn Klima und Biodiversität als Teile desselben komplexen Problems betrachtet werden, könnten Lösungen entwickelt werden.

Tatsächlich bedeutet einen Gesundheitsnotstand auszurufen die höchste Alarmstufe, die es bei der Weltgesundheitsorganisation gibt. Zuletzt hatte sie diese Maßnahme in der Coronapandemie ergriffen. Dadurch waren alle 193 Mitgliedsländer aufgefordert, Informationen auszutauschen und alles zu tun, um das betreffende Problem in den Griff zu bekommen. Allerdings ist der Einfluss der WHO gering, „die Weltgesundheitsorganisation besitzt ja keine Direktivmacht“, erklärt Henny Annette Grewe, Professorin, die am Public Health Zentrum in Fulda zu Klimawandel und Gesundheit forscht.

Mehr als Empfehlungen abgeben könne die WHO nicht, „für die Umsetzung sind die nationalen Parlamente zuständig“. Und da hake es: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe im Sommer einen Hitzenotfallplan angekündigt, „geliefert hat er noch nicht“, so Grewe. „Dass die Klimakrise auch eine Gesundheitskrise ist, wird mittlerweile wahrgenommen.“ Trotzdem gebe es seit Unterzeichnung des Parisprotokolls zur Eindämmung der Klimaerhitzung keinerlei Fortschritt, die Emissionen steigen weiter.

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6 Kommentare

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  • Guter Ansatz! Die Klimaerwärmung bewirkt allerdings nicht nur eine Gesundheitskrise. Sie bewirkt ja auch massive Migrationsbewegungen weg vom Äquator.

    Dort ist es jetzt ja schon unerträglich heiß/setzt Wüstenbildung ein.

    Die Migrationsbewegung könnte auch innerhalb Europa's beginnen, wenn nächsten Sommer wieder häufig über 45 Grad und große Waldbrände in Griechenland, Italien und Spanien auftreten.

  • Mutter Erde wird, ein paar Grad mehr oder weniger verkraften, sie ist aber eben nicht groß genug für die gegenwärtige Überbevölkerung und die daraus resultierenden Umweltprobleme.

    • @Faz:

      Meinen Sie mit Überbevölkerung die 7 Milliarden Menschen oder die über 70 Milliarden Land-"Nutz"-tiere?

      Eigentlich lässt sich das ziemlich leicht lösen. Wir sind nicht zu viele Menschen, sondern zu verschwenderisch mit den Resourcen.

  • Die Klimakrise geht mindestens die nächsten 50 Jahre, egal was für Massnahmen getroffen werden. Also wäre eine Ausrufung der höchsten Alarmstufe eine Dauerstufe. Mit dem Effekt, dass sie sich abnutzt und nicht wirklich etwas für aktuelle Ereignisse aussagt. Irgendwas an der Forderung muss anders sein.

    • @fly:

      So ähnlich ergeht es der "Doomsday clock" (Weltuntergangsuhr). Diese wurde 1947 gestartet mit der Einstellung 7 Minuten vor 12. Zeitweise stand die Uhr auch mal 2 Minuten vor 12. Und was hat die Uhr in den letzten 85 Jahren erreicht? Eigentlich nichts, außer ständig medialen Alarm zu zeigen.

    • @fly:

      "Mit dem Effekt, dass sie sich abnutzt und nicht wirklich etwas für aktuelle Ereignisse aussagt."

      Sie haben da ein sehr großes Misstrauen gegenüber der normativen Kraft des Faktischen.

      Wenn ein "normaler" Sommer in Deutschland zu 50.000 Hitzetoten führt, und in einem "heißen" Sommer die Grillwürstchen ausgehen, weil die Fleischtransporter als Leichenhallen rekrutiert wurden, ist das mit dem Ignorieren nicht so einfach.