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Putins österreichische FreundinAus Wien ins russische Dorf

Katrin Kneissl, frühere Außenministerin Österreichs, auf deren Hochzeit Putin tanzte, zieht nach Russland. Sie sieht sich als „politischen Flüchtling“.

Vielleicht bald wieder so traut vereinigt: Kneissl und Putin auf ihrer Hochzeit 2018 Foto: Alexei Druzhinin/ap

Berlin taz | Karin Kneissl, ehemals Außenministerin Österreichs, zieht in ein russisches Dorf. Mit dabei sind ihre Ponys – die reisen in einem russischen Militärflugzeug an, von der russischen Militärbasis Hmeimim in Nordsyrien aus, Nachbarland ihrer Interimswahlheimat Libanon. Was ist da los?

Wer sich an die kontroverse Politikerin erinnert, ist kaum überrascht. Unter Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz gab Karin Kneissl von Ende 2017 bis Mitte 2019 die Chefdiplomatin der Alpenrepublik. Kneissl zog zwar als Parteilose in die Regierung ein, wurde aber von der rechten FPÖ nominiert. Die ideologischen Gemeinsamkeiten sind groß, das hoben auch ihre Äußerungen zur Flüchtlingskrise 2015 hervor.

Bekannter ist sie aber für ein Tänzchen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin, der sich auf ihrer Hochzeit im Jahr 2018 die Ehre gab. Im cremefarbenen Hochzeitsdirndl und eleganten Anzug walzten die beiden durchs Landgasthaus, zum Abschied knickste Kneissl höflich. Die österreichischen Sozialdemokraten fanden das damals „befremdlich und naiv“, Kurz war’s wuascht, wie man in Wien sagt.

Kneissl Naivität vorzuwerfen, ist wohl selbst naiv. Als Außenministerin rief sie 2019 zur „Realpolitik“ bezüglich Syrien und seinem Diktator Baschar al-Assad auf – und stellte sich damit gegen die Mehrheit des Westens, der auch heute noch auf Sanktionen und die absolute Ablehnung Assads setzt. Nachdem die Regierung Kurz und damit auch Kneissls Politikkarriere ein Ende gefunden hatte, heuerte sie 2020 beim Auslandssender Russia Today an. 2021 zog sie in den Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft ein. Die Stoßrichtung Kneissls ist kohärent und klar beabsichtigt.

Die 58-jährige Wienerin selbst sieht sich heute als „politischen Flüchtling“, der unter erheblichem Druck stünde, wegen ihrer Nähe zu Russland und Putin. Nachdem sie 2023 bekannt gegeben hatte, in den neu gegründeten staatsnahen russischen Thinktank Gorki berufen worden zu sein, ist die Salonfähigkeit im Westen vollkommen dahin. Macht aber nichts. In Russland warten neue Freunde – und die Ponys.

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4 Kommentare

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  • Warum werden die riesigen Investitionen von Kneissl in russischen Unternehmen nicht thematisiert? Kneissl kann gar nicht anders als nach Russland auszuwandern. Ansonsten verliert sie alles. Auch viele BRD- Menschen sind in russischen Unternehmen investiert. Die haben alles verloren. Nur keiner spricht darüber.

  • "Kneissl Naivität vorzuwerfen, ist wohl selbst naiv."



    Mag sein. Wenn einem ein Leben in Putins Russland allerdings als erstrebenswert erscheint, darf man das dann trotz allem gezielten Einfädelns trotzdem dumpfbackig nennen?

    • @MeinerHeiner:

      Als politischer Flüchtling muß man nehmen was man kriegt.

      • @0 Substanz:

        Und die Kohle wird wohl auch passen.