piwik no script img

Verbände für Klima-Kurskorrektur„Totalausfall“ Wissing

Vierzig Verbände unterzeichnen Aufruf an die Bundesregierung für eine bessere Klimapolitik. Vor allem der Verkehrsminister steht in der Kritik.

Die Klimakrise muss bewältigt werden, fordern Aktivisten Anfang August im bayrischen Ludwigsstadt Foto: dpa

Berlin dpa | Angesichts drohenden Scheiterns beim Erreichen der deutschen Klimaziele rufen Verbände die Bundesregierung zum Umsteuern auf. Ein entsprechendes Schreiben haben mehr als vierzig Einrichtungen und Verbände unterzeichnet, darunter die Arbeiterwohlfahrt, der Bund für Umwelt und Naturschutz und der Verkehrsclub Deutschland. Das Forderungspapier liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Am Dienstag hatte der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung erneut bescheinigt, dass sie nicht auf Kurs ist, um das Klimaziel für das Jahr 2030 zu erreichen. Bis dahin müsste Deutschland 65 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. Probleme bereiten insbesondere der Verkehr und Gebäudesektor.

„Wir fordern Bundeskanzler Olaf Scholz auf, sein Kabinett endlich auf Klimakurs zu bringen und das Erreichen der Klimaziele bis 2030 sicherzustellen“, erklärte die Geschäftsleiterin Politik des Dachverbands Klima-Allianz Deutschland, Stefanie Langkamp. FDP-Verkehrsminister Volker Wissing sei „ein Totalausfall“ für den Klimaschutz. „Das unzureichende Programm ist ein erneuter Rechtsbruch in Bezug auf das Klimaschutzgesetz.“ Mit dessen geplanter Reform wolle die Ampel-Koalition die Vorgaben sogar noch weiter abschwächen.

In ihrem Papier fordern die Unterzeichner unter anderem einen Kohleausstieg bis 2030 nicht nur wie bislang geplant im Westen, sondern in ganz Deutschland und analog einen Plan zum Gasausstieg. Sie sprechen sich auch für ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen und von 80 Stundenkilometern auf Landstraßen aus. Zudem müssten klimaschädliche Subventionen abgebaut werden, etwa bei Dienstwagen oder der Besteuerung von Kerosin im Luftverkehr. Bei der energetischen Sanierung von Gebäuden sei mehr Tempo nötig.

Reduzierung der Tierbestände im Stall

In der Landwirtschaft müsse mehr klimaschädliches Methan vermieden werden, etwa durch eine Reduzierung der Tierbestände vor allem in Stallhaltung, so die Unterzeichner. Zugleich müssten weniger Fleisch- und Milchprodukte hergestellt werden; um entsprechende Anreize zu schaffen, könne die Mehrwertsteuer angepasst und eine bessere Kennzeichnung eingeführt werden.

Zudem solle der CO2-Preis, der Heizen und Tanken mit fossilen Brennstoffen teuer macht, schneller ansteigen. Spätestens ab 2024 müsse auch das von der Ampel-Koalition geplante Klimageld kommen, das Bürgerinnen und Bürger im Gegenzug entlasten soll. Ein System dafür soll es aber erst ab 2025 geben.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Ich habe noch den Spruch von Lindner im Kopf, der FFF hat er im Interview gesagt, lasst das mal die Experten machen...



    Welche Experten meint er denn nun ???

  • Kann mir jemand erklären, warum im Verkehrsministerium über Jahrzehnte hinweg die größten Flaschen am Ruder sind?

    • @stph:

      wahrscheinlich ist es der Autolobby ziemlich egal wer unter ihr Verkehrsminister ist..

    • @stph:

      Also mir ist Herr Wissing sehr sympathisch. Meinetwegen kann er seine Politik ruhig fortsetzen. Ich sehe da keine Konflikte. Vielleicht sind die Ziele auch einfach unrealistisch.

  • Die Grünen wollten ja unbedingt das Außenministerium.



    Warum sie das Verkehrsministerium unbedingt der FDP überlassen mussten, ist mir ein Rätsel

    • @john kling:

      ... deshalb sind auch die Grünen Schuld am fehlenden Fortschritt des Klimaschutzes im Verkehrssektor und natürlich nicht die FDP!

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    "Totalausfall"?



    Für mich ist Wissing kein Totalausfall.



    Ich hab von ihm - wie von der ganzen FDP, großen Teilen der SPD um Scholz und einigen Grünen übrigens - in Sachen Klimaschutz nichts, komplett nichts erwartet.



    Insofern hat Wissing und haben Scholz und Co. meine Erwartung erfüllt.



    Was da läuft ist ein bisschen Alibi-Veranstaltung als Vorhang für die nach wie vor grassierende Lobby-Politik zugunsten der radikal-kapitalistischen (Groß-)Unternehmen.

  • Die Forderungen der vierzig Verbände und Einrichtungen sind ja richtig gut.

    Chapeau! :-)

  • Fortschritt bei den Einsparungszielen 2030



    man achte auf Verkehr



    www.faz.net/aktuel...lten-18862480.html

  • Tja, ob ein FDP Minister in der FDP Diktatur abgesetzt wird? Ich glaube nicht. Rein arbeitsrechtlich ist Unfähigkeit kein Kündigungsgrund. Aber das kann Wissing hier nicht geltend machen, denn es handelt sich um absichtliche Sabotage. Juristisch könnte ich mir vorstellen, dass er da mindestens rausfliegen müsste.

    • @Jalella:

      Sicherlich kann Scholz von der FDP verlangen, dass Wissing zurücktritt. Das würde die Ampel aber platzen lassen. Und da keine von den 3 Parteien weiss ,ob sie bei Neuwahlen wieder in der Regierung sind, passiert nichts!