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Zu wenige Trainerinnen bei der WMMännliche Profiteure

Die größere Sichtbarkeit des Frauenfußballs zieht gerade auch Trainer an. Gegen den Mangel an Trainerinnen wird zu wenig getan.

Frankreichs Trainer Herve Renard ist mit Kadidiatou Diani offenbar zufrieden Foto: Carl Recine/reuters

D ie Sichtbarkeit der Fußballerinnen, das unterstreicht diese WM, wächst global. Auf den Trainerbänken scheinen von dieser Entwicklung mittelfristig die Männer zu profitieren. Bei der WM 2019 war der Anteil der Trainerinnen im Vergleich zum vorherigen Turnier noch gestiegen. Doch mit der medial besseren Ausleuchtung der Frauenturniere und den dadurch besseren Verdienstmöglichkeiten werden nun Männer von dem Business angezogen, die sich bis vor Kurzem als reine Männerfußballtrainer verstanden.

Mit der Professionalisierung des Frauenfußballs ist die Zeit des despektierlichen Naserümpfens vorbei. Auch deshalb stagniert die Frauenquote bei dieser WM. Von 32 Teams werden nur 12 von Trainerinnen betreut. Einige Verbände lassen es sich mittlerweile einiges kosten, um renommierte Trainer für ihre Frauen zu gewinnen. Frankreich verpflichtete etwa Hervé Renard, der bei der Männer-WM 2022 noch Saudi-Arabien betreute.

Der Franzose vermittelt zwar gerne den Eindruck, er mache das quasi ehrenamtlich und verweist auf seine Gehaltseinbußen. Nun ja, schon seine ausgehandelte WM-Titel-Prämie (600.000 Euro) soll sechsmal so hoch sein wie der Bonus, der seiner Vorgängerin Corinne Diacre versprochen wurde. Vom Männerfußball zum Frauenfußball ist auch Andries Jonker in den Niederlanden gewechselt und überzeugt dort mit erfolgreicher Arbeit.

Weil weltweit die Zahl der Trainerinnen, die mit Lizenzen für den Profibereich ausgestattet sind, gering ist, dürfte sich dieser Trend mittelfristig verstärken. Beim DFB will man davon noch nichts wissen. Dies dürfte auch einer der Gründe gewesen sein, warum DFB-Präsident Bernd Neuendorf bei der Aufarbeitung des Scheiterns des Nationalteams die übliche Reihenfolge lieber einmal umkehrte.

Wenig Alternativen

Bevor nun in den nächsten Tagen analysiert wird, was wer falsch gemacht hat, steht bereits die Weiterbeschäftigung von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg fest. Es gibt derzeit nämlich unter den deutschen Trainerinnen kaum eine Alternative. Und beim DFB gilt die unausgesprochene Regel, zumindest die nationalen Auswahlteams von Frauen trainieren zu lassen, da doch schon in der Bundesliga Frauen selten zum Zuge kommen. Lediglich beim SC Freiburg gab es zuletzt eine Trainerin.

Der Frauenmangel auf den Trainerbänken ist beim DFB schon lange ein Thema. Nur geändert hat sich seither wenig. Selbst der von einem rein weiblichen Gründerinnenteam vorangetriebene Investorinnenklub Viktoria Berlin, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, sich von Männerabhängigkeiten zu lösen, bemühte sich vergeblich um eine Trainerin.

Den letzten DFB-Profitrainerlehrgang haben 15 Männer und eine Frau besucht. Und der Ausbildungsleiter Daniel Niedzkowski wird auf der Website der DFB-Akademie so zitiert: „Das Aufnahmeprüfverfahren hat in zwei Bewerbungsphasen für ausgewogene Teilnehmer*innen-Zusammensetzungen auf hohem Niveau gesorgt.“

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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