Grünen-Chefin in der Lausitz: Vertrauen bilden im Kohlerevier
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang besucht zwei Tage lang die Lausitz. Der Ausstieg aus der Kohle ist ein Reizthema. Lang wirbt um Vertrauen.
Seit Montag ist Lang auf Sommertour, die ersten beiden Tage verbringt sie in der Lausitz. Ihre Mission: zuhören und Vertrauen aufbauen. Das Verhältnis zwischen den Grünen und dem Kohlekonzern ist traditionell schwierig, im März hatte die Partei für zusätzlichen Ärger gesorgt. Zwei Vertreter des Gesamtbetriebsrats wollten zur Fraktionsklausur nach Weimar kommen, dann wurde die Beschlussvorlage für die Klausur bekannt. Darin stand, dass die Grünen den Kohleausstieg im Osten um acht Jahre auf 2030 vorziehen wollen. Die Arbeitnehmervertreter sagten ab.
„Das war ein böses Foul“, sagt Toralf Smith, einer von ihnen. Es müssten endlich die versprochenen Subventionen fließen, damit der Konzern Planungssicherheit habe, fordert Smith. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck, meint er, tue nicht genug dafür, dass die EU-Kommission die Beihilfen genehmige. Und natürlich habe das Hochfahren der Kraftwerke als Folge der Energiekrise die Personalplanung des Konzerns vollständig durcheinandergebracht. „Die Verunsicherung in der Belegschaft könnte größer nicht sein.“
Habeck hat die Leag bereits zweimal besucht, jetzt also Lang. Sie betont bei jeder Gelegenheit, dass man die Kompetenzen und Erfahrungen vor Ort nützen müsse. Und dass es um die Menschen vor Ort und Sicherheit für ihre Jobs gehe. Dass Klimaschutz als Ziel nicht reicht, um die Leute hier mitzunehmen, scheint angekommen zu sein. Doch die Grünen stehen auch unter Druck ihrer Mitglieder und Wähler*innen, in Sachen Kohleausstieg zu liefern.
Lausitz soll zum Green Valley werden
400 Auszubildende gibt es bei der Leag, hundert von ihren hatten am Montag ihren ersten Arbeitstag. Als Lang ankommt, stehen viele von ihnen mit Transparenten vor der Tür. „Hier ist die nächste Generation“ heißt es auf einem Banner. Das „nächste“ steht über „letzte“, was durchgestrichen ist. Die Jugendlichen sind höflich, wütende Proteste gibt es nicht. Als die Grünen-Chefin durch die verschiedenen Ausbildungsbereiche geht, sagen Einzelne, dass sie auch nach der Ausbildung in der Region und bei der Leag bleiben wollen.
„Das ist mein Zuhause“, sagt einer von ihnen. „Manchmal habe ich Angst, wie es weitergeht“, meint auch der Jugendausbildungsvertreter. Leag-Chef Thorsten Kramer betont später beim Gespräch in der Unternehmenszentrale in Cottbus hingegen, dass sich der Konzern bereits ändere. Die Lausitz werde zum „Green Valley“, sagt er, zum „grünen Tal“. Je schneller der Ausbau in die alternativen Energien erfolge, desto eher könne das Unternehmen aus der Kohle aussteigen. Das Tempo reiche noch nicht.
Auf Tagebauflächen der Leag sollen große Solar- und Windenergieparks entstehen, das Unternehmen will bis 2030 Photovoltaik- und Windanlagen mit 7 Gigawatt Leistung auf einer Fläche von 33.000 Hektar aufbauen. Die Kraftwerke sollen künftig mit Wasserstoff betrieben werden. Die Leag wolle weiter Energie produzieren, denn „das ist unsere DNA“, sagte Kramer.
Transformation muss gelingen
Bei der Transformation sei die Zukunftsperspektive für die Menschen das Wichtigste. Man müsse darauf achten, dass „es“ nicht entgleite. Deutlicher wird Kramer nicht. Er dürfte damit die politische Situation in der Lausitz meinen. In der Region an der Grenze von Brandenburg und Sachsen ist die AfD stark, in beiden Ländern wird der Landtag im kommenden Jahr gewählt. Die extrem rechte Partei könnte auf Platz eins landen. „Es geht nicht nur um soziale, sondern auch um demokratische Verantwortung“, betont auch Lang
Am Dienstag trifft die Grüne im Gründerzentrum „Dock 3“ auf dem Schwarze-Pumpe-Gelände Christine Herntier, die parteilose Bürgermeisterin von Spremberg – der brandenburgischen Gemeinde, auf der ein Teil des Geländes liegt. Im Gespräch wiederholt Herntier mehrfach: „Es darf kein zweites Mal passieren, dass hier in der Lausitz die Transformation nicht gelingt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video