: Effizienz auf der Kippe
Die Baubranche leidet unter gestiegenen Zinsen. Die Bauministerin verspricht ein Hilfspaket – und sägt an der geplanten Verschärfung von Energiestandards
Bundesbauministerin Klara Geywitz stellt die von der Ampel-Regierung geplante Verschärfung der Energiestandards für Neubauten infrage. „Aus meiner Sicht ist die Situation jetzt nicht so, dass man bei den Baupreisen und den ganz stark zurückgegangenen Bauanträgen noch weitere Standardverschärfungen machen sollte“, sagte die SPD-Politikerin am Montag den Sendern RTL/ntv. Der Energieeffizienzstandard EH-40 soll eigentlich ab Anfang 2025 vorgeschrieben werden.
Geywitz will im September ein Hilfspaket für die kriselnde Baubranche vorstellen. „Wichtig ist, dass wir in so einer Situation einen Impuls setzen“, hatte sie bereits am Sonntag gesagt. Die Baubranche brauche einen Nachfrageimpuls, weil Kreditfinanzierungen deutlich teurer geworden seien. Im Rahmen des sogenannten Wachstumschancengesetzes von Finanzminister Christian Lindner (FDP) werde es Hilfen geben. Geywitz hatte zuletzt bereits eine degressive Abschreibung im Wohnungsbau vorgeschlagen.
Im ersten Halbjahr sind die Baugenehmigungen eingebrochen, wie das Statistische Bundesamt zuletzt mitteilte. Es waren 50.600 oder 27,2 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2022. Laut Ifo-Institut setzt sich der Absturz verstärkt fort. Im Juli klagten 40,3 Prozent der befragten Unternehmen aus der Branche über einen Auftragsmangel, nach 34,5 Prozent im Juni, wie das Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut mitteilte. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 10,8 Prozent. „Es braut sich ein Sturm zusammen“, sagte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Nach einem langjährigen Boom würgen die höheren Zinsen und die drastisch gestiegenen Baukosten das Neugeschäft förmlich ab.“
Seit dem Frühling 2022 sind auffällig viele Auftragsstornierungen im Wohnungsbau zu beobachten. Aktuell klagten 18,9 Prozent der Betriebe über abgesagte Projekte. Im langfristigen Mittel betrug der Anteil nur 3,1 Prozent. Viele Unternehmen zehren noch von Auftragspolstern, die sie in besseren Zeiten aufbauen konnten. Für einige Betriebe wird die Situation allerdings schon bedrohlich, wie das Ifo erläuterte. Im Rahmen der jüngsten Umfrage meldeten 10,5 Prozent der Wohnungsbaufirmen Finanzierungsschwierigkeiten. Im Vorjahr waren es nur halb so viele. (rtr)
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