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Herabstufung der US-KreditwürdigkeitEine Eintagsfliege

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch die Ratingagentur Fitch wird keine Auswirkungen haben. Das Land wird sich so verschulden können wie bisher.

Der Dollar ist immer noch die Leitwährung, wen interessiert da AAA oder AA+ Foto: Rick Wilking/reuters

E s ist ein reiner Marketing-Gag: Die Ratingagentur Fitch hat die Bewertung für die USA herabgesetzt. Die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten liegt jetzt nicht mehr bei AAA, dem „Goldstandard“, sondern nur noch bei AA+. Mit dieser Abstufung hat es Fitch zwar weltweit in die Medien geschafft, aber reale Konsequenzen wird dieser Schritt nicht haben. Die US-Regierung wird sich genauso billig verschulden können wie bisher.

Das zeigt bereits die Vergangenheit. Fitch ist nämlich nicht die erste Rating­agentur, die die Kreditwürdigkeit der USA herabstuft. Konkurrent Standard & Poor’s hat schon 2011 entschieden, die USA von AAA auf AA+ abzuwerten. Den Investoren auf den Finanzmärkten war dies damals völlig egal: Die Kreditkosten für die US-Regierung sanken hinterher sogar. 2011 lagen die durchschnittlichen Renditen für 10-jährige Staatsanleihen bei 2,78 Prozent, 2012 waren sie dann auf 1,8 Prozent gefallen.

Die Erklärung dafür ist simpel: Für die Investoren gibt es keine Alternative zu den USA, wenn sie einen „sicheren Hafen“ für ihr Geld suchen. Der Dollar ist immer noch die weltweite Leitwährung, New York ist das wichtigste Finanzzentrum, und die USA sind der größte frei zugängliche Markt.

China hätte theoretisch vielleicht das ökonomische Potenzial, die USA als globale Leitwirtschaft abzulösen. Aber bekanntlich ist das Land eine Diktatur, die sich nicht unbedingt an internationale Rechtsnormen hält. Zudem ist die Währung nicht frei konvertierbar. US-Staatsanleihen sind also so begehrt, dass die Investoren sogar bereit sind, Verluste in Kauf zu nehmen.

Um wieder in die Gegenwart zu springen: Im Jahr 2022 warfen 10-jährige US-Papiere im Durchschnitt eine Rendite von 2,95 Prozent ab. Die Inflation lag in den USA aber bei knapp 8 Prozent. Die Investoren haben also draufgezahlt, nur um ihr Geld im „sicheren Hafen“ USA zu parken. An dieser globalen Finanzordnung wird sich nichts ändern, nur weil Fitch die USA herabstuft.

Aber als Marketing-Gag hat es funktioniert. Für einen Tag war die Ratingagentur in aller Munde.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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2 Kommentare

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  • Ist nicht die EU "der größte Markt der Welt", und danach kommt NAFTA (mit USA), danach Asien?

    • @Limonadengrundstoff:

      vielleicht Markt, aber nicht die größte Währung.