piwik no script img

Waldbrände in GriechenlandPopulismus statt Selbstkritik

Kommentar von Ferry Batzoglou

Der Tod zweier Löschflugzeug-Piloten offenbart das Missmanagement in der griechischen Waldbrandbekämpfung.

Ein fliegender Sarg, ein Löschflugzeug vom Typ CL-215 (Archivbild) Foto: imago

D er traurige Epilog, seine Beerdigung, erfolgte am Donnerstag ab 17 Uhr Ortszeit im nordgriechischen Kilkis. Der Pilot Periklis Stefanidis wurde nur 27 Jahre alt. Er war am Dienstag bei der Brandbekämpfung auf der Halbinsel Euböa abgestürzt. Auch sein Kopilot Christos Moula, 34, starb. „Ein fliegender Sarg“ ist laut Kritikern ihr heillos veraltetes Löschflugzeug vom Typ CL-215. Es war 48 Jahre alt, als Stefanidis und Moula in den Tod flogen.

Kurz vor dem Absturz hatte der konservative Premier Kyriakos Mitsotakis einen Stützpunkt der Löschflugzeuge besucht. Grinsend (!) räumte er ein, das Fluggerät CL-215 habe „häufig Pannen“, und versprach in einem Atemzug die Modernisierung der Flotte – für Stefanidis und Co zu spät.

Bis dato verloren fünf Menschen bei den hiesigen Feuern ihr Leben, darunter zwei Hirten und eine Frau, die in ihrem Wohnwagen verbrannte. Mit landesweit rund vierzigtausend Hektar verbrannter Erde ist zudem der ökologische und ökonomische Schaden enorm. Dabei hat die hiesige Feuersaison gerade erst begonnen.

Derweil betreiben die Griechen Ursachenforschung, wie sie dieses Unheil bloß heimsuchen konnte. Statt ihr Augenmerk auf die Klimakrise oder die skandalös schlechte Waldbrandvorbeugung zu richten, prangern Kommunalpolitiker lauthals Brandstifter an. Die Zeitung Estia vermutet gar „einen verdächtigen asymmetrischen Schlag ­gegen die Perle unseres Tourismus“, womit das Blatt unverblümt den bisher ultimativen hellenischen Brand-Hotspot Rhodos meint.

Makis Voridis, ein einflussreicher Athener Minister, legt nun nach. Der Geheimdienst ermittele mit Blick auf „die Involvierung türkischer Brandstifter in unserem Vaterland“, so Voridis. Bewahrheitete sich der schlimme Verdacht der Griechen, würde dies die Türken als besonders hinterhältige Täter entlarven. Denn Ankara hat Feuerwehrkräfte ins brennende Hellas geschickt, um seinem Nachbarn in höchster Not unter die Arme zu greifen.

Fehlt nur noch, dass Mitsotakis und Co Flüchtlinge und Migranten als Brandstifter ins Fadenkreuz nehmen. Ein Lehrstück für unsäglichen Populismus. Und brandgefährlich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

KORRESPONDENT ATHEN
1967 in Weiden in der Oberpfalz (Bayern) geboren, in der Südpfalz (Rheinland-Pfalz) aufgewachsen, Abitur in Baden-Württemberg. Grundstudium der Rechtswissenschaft in Heidelberg sowie Studium der Politikwissenschaft, Philosophie und Geschichte in Köln. Brach 1994 im Alter von knapp 27 Jahren die Zelte in Deutschland ab. Lebt seither in Athen. Redakteur für Wirtschaft und Sport in der deutschsprachigen "Athener Zeitung" (Anfang September 1999 bis Ende März 2002), anschließend Korrespondent für deutschsprachige Medien. Länderschwerpunkt Griechenland und Zypern. Henri Nannen Preis 2012 in der Kategorie Dokumentation.
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Solange ich mich zurückerinnern kann, wird jeden Sommer die gleiche Platte aufgelegt, wenn die Wälder brennen. Grundstücksspekulanten und türkische Agenten als Brandstifter sind allesamt Verschwörungs-Hits aus den 80ern, möglicherweise sogar noch älter. Neu dazu gekommen ist jüngst die Mär von der Windkraft-Lobby, die das Land abfackeln würde, um überall ihre Anlagen aufzustellen. Mit ihr unter einer Drcke steckt angeblich der Clan von Premier Mitsotakis, der das Brandschatzen demmach höchstpersönlich anordnet. Wen wunderts, dass gerade in linken Kreisen hieran gerne geglaubt wird. Der Klimawandel als neue Meta-Ursache wurde natürlich auch gerne aufgegriffen, denn es verschiebt die Verantwortung wunderbar auf eine abstrakt-globale Ebene außerhalb des eigenen Einflusses. Hauptsache die Schuld liegt irgendwo anders. Auch wenn es gelegentlich mal vereinzelte Einwürfe von Fachexperten gibt, wie eine wirkungsvolöe Feuerprophylaxe gestaltet werden könnte, dringt dies kaum zur breiten öffentliche Diskussion durch, die seit Jahren auf der Stelle tritt. Selbst vergleichsweise simple Konzepte wie etwa der Austausch der regelrecht explosiven Pinien durch weniger entzündliche Bäume in Siedlungsgebieten werden nicht breit diskutiert, und sind somit weitgehend unbekannt. Dabei könnte dies nicht nur die Brände eindämmen, sondern auch noch zur Biodiversität beitragen.

  • Der Absturz ist sehr wahrscheinlich das Ergebnis eines Flugfehlers und nicht im Alter der Maschine begründet. Azf dem entsprechenden Video ist klar zu sehen, wie der rechte Tragfügel etwas streift (Baum, Felsen) und das Flugzeug in der dann folgenden Rechtskurve wegen zu großer Schräglage abschmiert.

    Im Wegsehen ist man übrigens aktuell nicht nur in Griechenkland ganz groß. In den News aus Floridas Medien über den stark erwärmten Ozean direkt vor der Haustür wird praktisch nie der Climate Change erwähnt.

  • Ach die Mär von den Brandstiftern aus der Türkei erzählten Politker bereits 2012, als auf Chios in der Mitte und dem Südwesten verheerende Feuer wüteten. Brandstiftung ein immer beliebtes Thema, denn unabhängig davon, dass es sie gibt, lenkt das vom Versagen des Brandschutzes ab. Nachd em Feuer gründete sich auf Chios mit "Omikron" ein Bürger-Feuerschutz, der vor allem im Norden im Sommer die Region ersucht, zu überwachen. Bei entdeckten Feuern sind sie dann mit eigenen Löschfahrzeugen zur stelle - alles Freiwllige. helfen. Die Organisation hatte immer wieder gegen gegen den Widerstand der professionellen Feuerwehr zu kämpfen, die den Aktiven lange Zeit immer wieder Steine in den Weg legten. Selbstorgansiation ist eine Lösung, auf den Staat verlässt man sich in Griechenland - nur da? - lieber nicht. Mitsotakis machte Vorwahlkampf in dem er Job-Beschaffung für seine Geefolgschaft betrieb - unabhängig von deren Fähigkeiten - leider eine Tradition unter griechischen Politikern. Tragisch der Unfall, aber nicht vom deutschen hohen Ross meckern - sondern die Menschen vor Ort unterstützen!

  • "Populismus statt Selbstkritik"

    Ich dachte schon, das ist ein Artikel über die CDU/CSU und FDP....wie kann man sich nur so täuschen.

  • Nicht so schnell mit dem Urteil.



    Daß in einer Krisenlage wie der jetzigen in Griechenland alles in die Luft gebracht wird was fliegen und löschen kann, ist ja wohl nachvollziehbar. Dass das riskant ist, bleibt klar. Aber niemand lässt jetzt ein Löschflugzeug am Boden, weil dies oder das nicht perfekt funktioniert. Und unter der ungewöhnlichen Dauerbelastung geht auch mehr kaputt als sonst.



    Und ja, das kann schief gehen. So traurig das ist.

  • Eigentlich traurig, wie man das populistisch ausnutzt. Wir werden weltweit mehr Katastrophenschutz brauchen, und da die durch den Klimawandel ausgelösten Ereignisse vor Grenzen nicht halt machen auch mehr grenzübergreifenden.



    Ein Ansatz wäre ja auch , z.b. im Zuge der Ertüchtigung der Bundeswehr deren Fähigkeiten im Zug auf Katastrophenschutz auszubauen und Katastrophenschutzeinsätze im Inland und in der EU zu zulassen, das ist tausend mal sinnvoller als irgendwelche Auslandseinsätze mit fragwürdigem Nutzen.

  • Hat der Kommentator eigentlich den Film vom Absturz aufmerksam angeschaut? Man findet ihn inzwischen auf Youtube. So leid es mir um die beiden Piloten tut, aber es sieht so aus, als sei das ein Pilotenfehler gewesen! Man kann in dem Film erkennen, wie das Flugzeug nach Ablassen des Löschwassers mit der rechten Flügelspitze anscheinend in einem dahinter stehenden Baum hängenbleibt und sich ein größeres Stück von der Tragfläche löst. Danach war die Maschine wahrscheinlich nicht mehr steuerbar.

  • Das Bild zeigt die modernisierte Version CL-415T, die sozusagen die Billigversion der modernisierten CL-415 ist. Die originale CL-215 hat Sternmotoren, keine Turboprops wie die Maschine auf dem Foto.

    Und es sind exakt diese P&W R-2800 Double Wasp-Sternmotoren, die Probleme machen - an sich sind die schon seit über 50 Jahren ausgemustert, denn die Technologie ist nunmehr fast 90 Jahre alt, und seit 1960 wurden keine neuen mehr gebaut. Die Flugzelle selbst ist tadellos und wird mit marginalen Veränderungen auch in der CL-415 verwendet.

    Im Fall des nun in Griechenland abgestürzten Flugzeugs waren die Motoren vermutlich indirekt schuld: zu reaktionsträge, um noch genug Schub zum Hochziehen zu liefern, bevor die Maschine eine Baumgruppe streifte und das rechte Querruder verlor. Letzten Endes war es vermutlich ein Pilotenfehler, vielleicht aufgrund schlechter Sicht durch den Rauch[*]; auch die Wasserladung wurde zu spät abgeworfen, man sieht das in dem Video sehr deutlich.

    Aber mit guter Wartung hätte man das womöglich vermeiden können - an sich hat die CL-215 auch in der Originalversion keine auffallend schlechte Unfallstatistik. Und während zB Spanien anfangs mit dem Typ arge Probleme hatte (fast die Hälfte aller bis 1988 abgestürzten CL-215 waren spanisch, die aber mittlerweile ausgeräumt sind (nach 1988 nur eine einziger weiterer Absturz), hat Griechenland eine konstante Verlustgeschichte, die bis 1977 zurückreicht.

    [*] Der der Leistung der Motoren natürlich auch nicht zuträglich war. Insofern ist nicht klar, was genau falsch gelaufen ist: kann sein, dass Entfernungen falsch eingeschätzt wurden, aber kann auch sein, dass die Motoren zu viel Rauch zu schlucken bekamen und daher so erratisch liefen, dass eine akkurate Navigation gar nicht mehr möglich war.