Neue Musik aus Berlin: Nicht wiederholbar

Mit „Nischen“ legen Wolfgang Seidel und Co aka Taste Tribes eine Klangattacke vor. In der Konstellation Quadruple Bass geht es ebenso experimentell zu.

Der Musiker Wolfgang Seidel steht auf einer Bühne, vor ihm steht ein Laptop. Er trägt ein schwarzes Hemd und eine schwarze Baseball-Cap.

Der Musiker Wolfgang Seidel Foto: Viola Förster von der Lühe

Wer ein Tributalbum für einen Westberliner Club, der knapp vor 1968 eröffnete und bereits Anfang 1969 wieder schloss, „Nischen“ betitelt und mit einem Stück namens „Vormärz“ eröffnet, weiß Bescheid. Wer dabei nach zwei Minuten elektronischen Mulms und Saxophonechos eine Klangattacke fährt und dann die Stimmung wieder dimmt, ist historisch gut informiert.

Der Club war das Zodiak Free Arts Lab, einer der Gärungsorte des Krautrock, dort, wo mittlerweile das Theater Hebbel am Ufer (HAU) zuhause ist und wo ein jugendlicher Wolfgang Seidel eine buchstäblich unerhörte Musik erleben konnte. Bald darauf wurde er Gründungsmitglied bei Ton Steine Scherben. Allerdings sollte der Schlagzeuger Seidel bald keine Freude mehr an Rockmusik finden. Bis heute spielt er hauptsächlich experimentelle Musik.

Bei Taste Tribes macht er das mit Alfred 23 Harth (Saxophon), Hans Joachim Irmler (Keyboard) und Günter Müller (iPods und Elektronik). Das Quartett bewegt sich auf seinem zweiten Album traumwandlerisch zwischen gelöstem Groove, Dub, einmal sogar mit Gesang, und Sounds, die an Sun Ra am Flipperautomaten denken lassen.

Das Album: Taste Tribes: „Nischen“ (Moloko Plus 146); Das Konzert: Quadruple Bass, 20. 7., 20 Uhr, Café Plume, Warthestr. 60

Dessen kosmischen Jazz zitieren Quadruple Bass im Titel ihrer 30-minütigen, auf Soundcloud veröffentlichten Improvisation „The Space is the Pace“. Ein Triostück, dessen Spieler – Isabel Rößler, Alexis Baskind (beide Kontrabass) und eben Seidel (Perkussion und Elektronik) – auf Wiederholungen und unmerkliche Veränderungen setzen. Dass das bei ihrem nächsten Konzert so nicht wiederholbar sein wird, liegt in der Natur dieser exquisiten, aber nicht elitären Musik.

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Robert Mießner, geboren 1973 in Berlin. Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Philosophie und Bibliothekswissenschaft. Flaniert und notiert, hört zu und schreibt auf.

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