piwik no script img

Klimaanpassung in Hamburg und BremenHitzeaktionsplan verschwitzt

Hamburg und Bremen arbeiten an Konzepten, um mit den heißeren Sommern zu Rande zu kommen. Damit sind die Großstädte schon Jahre zu spät dran.

Hitzewellen treffen besonders obdachlose Menschen. Was tun Hamburg und Bremen, um sie zu schützen? Foto: dpa/Marcus Brandt

Hamburg taz | Seit Tagen ächzt Norddeutschland unter hohen Temperaturen und Trockenheit. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt, die Zahl an Hitzewellen in Deutschland habe in den letzten Jahren in ihrer Intensität und Dauer zugenommen. Auch im laufenden Jahr rechnet der DWD mit einem zu heißen Sommer. Hamburg und Bremen arbeiten zwar an Aktionsplänen gegen die Hitze – doch sie sind damit Jahre zu spät.

Bereits 2017 haben Bund und Länder eine Empfehlung zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen herausgegeben. Darin wird zu Hitzewarnsystemen, frei zugänglichen Trinkwasserstellen sowie schattigen Orten geraten. Sieben Jahre und einige Hitzewellen später gibt es einen fertigen Plan in Hamburg und Bremen immer noch nicht.

Stattdessen geben die beiden Städte im Internet Tipps heraus, wie man sich bei Hitze verhalten sollte. Dazu zählt, in der Mittagshitze keinen Sport zu treiben. In Hamburg wurde zudem ein Info­telefon für Sommerhitze eingeführt.

Einige Bevölkerungsgruppen sind besonders gefährdet, wie Birgit Wulff, Vizepräsidentin der Hamburger Ärztekammer, erläutert: „Der Ausgleichsmechanismus des Körpers bei Hitze funktioniert bei älteren Menschen oft nicht mehr so gut; aber auch kleinere Kinder, im Freien arbeitende Menschen, wohnungslose Menschen und Vorerkrankte sind gefährdet.“

Wohnungslose besonders gefährdet

Mit einem bundesweiten Hitzeaktionstag hatte die Bundesärztekammer am 14. Juni auf die gesundheitlichen Folgen von Hitze aufmerksam gemacht und rascheres Handeln beim Hitzeschutz verlangt.

Auch die Hamburger Regierungsfraktionen der SPD und der Grünen haben vor gut einem Monat die Stadt aufgefordert, schneller an der Umsetzung eines Hitzeaktionsplans zu arbeiten. „Hier wird es besonders darum gehen, vulnerable Gruppen zu schützen“, heißt es in dem Antrag an die Bürgerschaft.

Insbesondere wohnungslose Menschen sind bei hohen Temperaturen einem hohen Risiko ausgesetzt. „Sie haben kaum Möglichkeiten, sich vor der Hitze zu schützen; es fehlt an Sonnenschutzcreme, Kopfbedeckungen“, sagt Gülay Ulas von der gemeinnützigen Organisation „Go Banyo“, die einen Bus betreibt, in dem obdachlose Menschen kostenlos duschen können.

Wie Ulas berichtet, vertreiben Sicherheitsmitarbeiter der Deutschen Bahn (DB) sowie die Polizei immer wieder wohnungslose Menschen aus schattigen und zugigen Bahnhöfen. Außerdem gebe zu wenig Tagesaufenthaltsstätten, die genutzt werden können. In Hamburg gibt es aktuell 13 Aufenthaltsstätten, in Bremen sind es vier.

Ein weiterer wunder Punkt ist die Trinkwasserversorgung von wohnungslosen Menschen. „Unsere Duschgäste haben bei ihrer Ankunft am Duschbus bei hohen Temperaturen massive Kreislaufprobleme und sind zum großen Teil dehydriert, weil es zu wenig Wasserausgabestellen oder öffentliche Trinkwasserbrunnen gibt“, kritisiert Ulas.

Plan soll erst 2024 kommen

In Hamburg stehen aktuell fünf frei zugängliche Brunnen, die von dem städtischen Versorger Hamburg Wasser betrieben werden. Laut der Hamburger Umweltbehörde ist ein weiterer Brunnen im Bezirk Harburg geplant. Zudem verweist die Behörde auch auf die über 40 Trinkwasserbrunnen an öffentlichen Toiletten.

Die Stadt Hamburg hat für die Bevölkerung eine Liste mit kühlen Orten im Sommer veröffentlicht. Demnach könnten Menschen ja zum „Eismeer“ im Tierpark Hagenbeck gehen, um sich abzukühlen. Der kostet allerdings 29 Euro Eintritt. Ham­bur­ge­r*in­nen könnten sich auch in der U-Bahn-Station Jungfernstieg abkühlen. Längere Aufenthalte dort sind aber, trotz Fahrkarte, verboten.

Der Hitzeaktionsplan könnte dafür sorgen, dass mehr kühle Orte frei zugänglich gemacht und Bahnhöfe und Kirchen als Zufluchtsort vor der Hitze für wohnungslose Menschen geöffnet werden. An dem Plan arbeitet der rot-grüne Hamburger Senat seit Beginn dieses Jahres. Laut Sozialbehörde soll dieser aber frühestens Mitte 2024 fertig werden. Die Maßnahmen seien sehr umfangreich und bedürften einer ausgewogenen fachlichen Begleitung, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit.

In Bremen rechnet der Senat hingegen damit, dass der Hitzeaktionsplan Ende des laufenden Jahres fertiggestellt wird, sodass 2024 mit der Umsetzung begonnen werden kann. Das geht aus einer Pressemitteilung des Senats hervor.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Fertig dann und dann und danach dann mit der Umsetzung beginnen.....

    als könnte man nicht U-BahnhöfeBahnhöfe und andere Plätze direkt aufmachen.



    bereitstehen



    Lächerlich.

    Mehr öffentliche Brunnen zu installieren dauert tatsächlich etwas.



    Nur muss die Planung und Umsetzung schnell vorangetrieben werden.

    Die Zapfstellen z.B. können schon mal beschafft werden und auf Abruf bereit stehen; sobald ein neuer Standort verifiziert ist, kann dann dieser schnell und zügig vom Versorger umgesetzt werden.

    Das betrifft nicht nur diese beiden Städte sondern prinzipiell alle Kommunen.