Deutscher Export und Menschenrechte: Wider die Korruption
Der Maschinen- und Anlagenbau ist zweitgrößter Industriezweig Deutschlands. Er beliefert weltweit Sektoren, die Menschenrechte missachten.
F ür 50 Millionen Euro verkaufte die deutsche Krones AG im Jahr 2015 eine Brauereianlage und zwei Abfülllinien an die angolanische Firma Sodiba. Das Darlehen für Sodiba stellte die deutsche KfW-IPEX-Bank zur Verfügung. Wie sich später herausstellte, gehörte das Unternehmen Isabel dos Santos. Ihr Vater war fast 40 Jahre lang Präsident von Angola und häufte durch Vetternwirtschaft und Steuerhinterziehung ein Privatvermögen von 20 Milliarden (!) US-Dollar an.
Ein Blick in das angolanische Amtsblatt hätte gereicht, um das zu wissen. Wegen fahrlässigen Vorgehens wurde der KfW eine Geldbuße auferlegt. Krones hat nach eigenen Angaben daraus gelernt und in Bezug auf Geschäftspartner sogenannte „Third Party Checks“ eingeführt. Der Fall zeigt exemplarisch: Deutsche Unternehmen sollten besser hinschauen, mit wem sie im internationalen Handel Geschäfte machen.
In vielen Ländern, in denen auch deutsche Maschinen- und Anlagenbaufirmen Geschäfte machen, gehört Korruption zur Tagesordnung. Transparency International definiert Korruption als Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Vorteil oder Nutzen. Korruption tritt in verschiedenen Erscheinungsformen auf, zum Beispiel als Bestechung, Wahlbetrug, unrechtmäßige Bereicherung und Vetternwirtschaft. Doch was das für Menschen- und Umweltrechte oft bedeutet, ist vielen Unternehmen nicht bewusst.
Viele Verletzungen von Menschenrechten und Umweltschutzvorgaben werden erst und gerade durch Korruption ermöglicht. Korruption ist in diesem Kontext eine stete Begleiterscheinung, ein klassisches Querschnittsphänomen – und kein Kavaliersdelikt. Weltweit wird Korruption als eines der größten Hindernisse für wirtschaftliche und soziale Entwicklung gesehen.
Der finanzielle Schaden, der wirtschaftlich schwachen Ländern durch Korruption entsteht, liegt laut der Konrad-Adenauer-Stiftung um ein Vielfaches über den Beträgen, die diese Länder als Entwicklungsgelder erhalten. Korruption ist kostspielig – und findet auch statt, weil sich Privatakteur:innen aus wohlhabenden Industrieländern daran beteiligen. Es braucht immer die Hand, die gibt, und die Hand, die nimmt.
Schlusslichter Syrien, Sudan, Somalia und Jemen
Das hierzu notwendige Geld gelangt über internationale Lieferketten an Produktionsstandorte in diesen Ländern. Politiker:innen und Beamt:innen nehmen dort zum Beispiel Bestechungsgelder an und dulden Korruption, anstatt Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen, die Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße ermöglichen oder von ihnen profitieren.
Je höher die Korruptionsrate, desto schlechter die Menschenrechtslage. Das zeigt auf eindrückliche Weise ein Vergleich des von Transparency International herausgegebenen Korruptionswahrnehmungsindex mit dem Freedom-House-Index für politische und bürgerliche Freiheiten. In beiden zählen zum Beispiel der Südsudan, Syrien, Somalia und Jemen zu den Schlusslichtern.
Korruption, Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße gedeihen also in gleichen Umgebungen und beruhen auf ähnlichen Ursachen. Wenn deutsche Unternehmen korrupte Praktiken anwenden oder dulden, schaffen sie damit direkt oder indirekt Voraussetzungen, die Menschenrechtsverletzungen ermöglichen. Korruptionsbekämpfung auf allen Stufen der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsketten ist deshalb eine Grundvoraussetzung für eine integre Umsetzung menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten.
Von Bergbau- über Textil- bis Verpackungsmaschinen – die potenziellen und tatsächlichen negativen Auswirkungen in der nachgelagerten Wertschöpfungskette des deutschen Maschinen- und Anlagebaus sind massiv. Das belegt eine Studie, die Germanwatch, Transparency Deutschland, Gegenströmung und das Bischöfliche Hilfswerk Misereor gemeinsam herausgegeben haben, um das Problembewusstsein für die negativen Auswirkungen in der nachgelagerten Wertschöpfungskette zu schärfen.
Eintrag im Wettbewerbsregister
Sie zeigt die Verantwortung der Branche, Sorgfaltspflichten für die nachgelagerte Wertschöpfung zu übernehmen. Deutlich wird, dass dies für die Unternehmen keine unangemessenen Belastungen darstellt. Die Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus sollten einen risikobasierten Ansatz für Sorgfaltspflichten zu Menschenrechten, Umweltschutz und Korruptionsprävention etablieren und dabei Querschnittsrisiken der Korruption im Auge behalten.
Ausgangspunkt aller Überlegungen ist eine ehrliche und systematische Risikoanalyse, auch mit Blick auf die belieferten Sektoren, jeweilige Geschäftsbeziehungen und -modelle sowie Länderrisiken. Hierzu gehören klare Prozesse für die Sorgfaltspflichten in den Wertschöpfungsprozessen sowie deren Überprüfung auf Umsetzung und Wirksamkeit.
Das Korruptionsrisiko sollte als Querschnittsphänomen im Rahmen der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfalt betrachtet und entlang der gesamten Wertschöpfungsketten analysiert und minimiert werden. Hilfreich und dringend zu empfehlen ist deshalb auch eine Institutionalisierung der Zusammenarbeit zwischen Compliance (Korruptionsbekämpfung) und den verantwortlichen Stellen für Menschenrechte und Umweltschutz.
Unternehmen, denen Korruption nachgewiesen wurde, sollten einen entsprechenden Eintrag im Wettbewerbsregister erhalten – auch dann, wenn sie aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs nicht rechtskräftig verurteilt wurden. In ihren Berichten an die OECD sollte die Bundesregierung die Namen von Firmen, gegen die Korruptionsvorwürfe vorliegen, offenlegen.
Deutschland sollte außerdem ein Unternehmensstrafrecht einführen. Die bis dato bestehende Sanktionierung von Unternehmen durch das Ordnungswidrigkeitengesetz ist unzureichend und präventiv unwirksam.
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