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Rund 250 Portionen Reis, Gemüse, manchmal Fleisch täglich: Die Soli-Küche Nation Station in Beirut Foto: Lucien Lung/Riva Press/laif

Wirtschaftskrise im LibanonMit Tupperdosen zum Essensstand

Über zwei Millionen Menschen sind im Libanon von Hunger bedroht. Eine Initiative versucht mit Landwirten, die Mangellage der Menschen zu verbessern.

H ussein* isst nur einmal am Tag. Das erzählt seine 28-jährige Schwester, denn Hussein ist kaum zu Hause. Der 16-Jährige ist der Alleinverdiener seiner vierköpfigen syrischen Familie. Vor zehn Jahren flohen sie aus einem Vorort von Damaskus vor dem Bürgerkrieg dort. Über die Berge kamen sie in den Libanon und ließen sich unweit der syrischen Grenze in der Bekaa-Ebene nieder. Der Libanon ist mit sechs Millionen Ein­woh­ne­r*in­nen ein kleines Land.

Geflüchtete gelten als geduldet, doch es gibt Rassismus und zudem wenig Wohnraum oder Arbeit. Deshalb lebt auch Husseins Familie in einer Bedarfsunterkunft: Ihre zwei Zimmer-Wohnung ist der unverputzte Anbau eines Wohnhauses. Das Wohnzimmer war früher die Terrasse, die mit Zement umrundet und nun überdacht ist. Die Küche ist vor dem Haus: ein Holzgerüst mit Plane vor der Hausmauer. Die monatliche Miete beträgt umgerechnet 16 Euro.

Dafür muss Hussein rund fünf Tage arbeiten. Der Junge ist Schreiner und arbeitet im Akkord. Und deshalb jeden Tag so lange er kann. Im Schnitt bekommt er täglich umgerechnet rund 3,70 Euro Lohn. „Davon kaufen wir Gemüse, zahlen Strom und die Miete“, erzählt die Schwester. Die Mutter brauche Medizin, der Vater Batterien für seine Hörgeräte. Von Fleisch auf dem Teller können sie nur träumen – es ist viel zu teuer.

So wie der syrischen Familie geht es vielen im Libanon. Vier von zehn Haushalten leben mit einem Einkommen von weniger als 100 US-Dollar, etwa 93 Euro, im Monat. Die reale Inflation der Lebensmittelpreise beträgt 71 Prozent. Das geht aus dem April-Bericht der Weltbank über globale Ernährungssicherheit hervor. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) schätzt, dass im April 2023 die Ernährungssicherheit von 1,46 Millionen Li­ba­ne­s*in­nen und 800.000 Sy­re­r*in­nen gefährdet war. Nirgendwo auf der Welt steigen die Lebensmittelpreise so schnell.

Wer Geld auf dem Konto hat, kommt nicht ans Ersparte

Für Menschen, die in Euro oder US-Dollar verdienen, sind die steigenden Preise in libanesischer Lira kein Problem. Sie tauschen beim Geldwechsler die Devisen nach dem Tageskurs um. Doch wer Geld auf dem Bankkonto hat, kommt nicht ans Ersparte – oder muss es sich zu schlechteren Kursen auszahlen lassen.

Der 16-jährige Hussein ist Schreiner und wird in Akkordhöhe bezahlt. Deshalb arbeitet er, so lange er kann

Der Staat ist pleite, weil die Privatbanken der Zentralbank viel Geld geliehen haben. Das ist aber in privaten Taschen versackt, der Staat hat seine Schulden nicht zurückbezahlt. Deshalb machen die Banken einen sogenannten Haircut bei den Anleger*innen. Viele Menschen müssen von dem schrumpfenden Ersparten leben, weil sie durch die Wirtschaftskrise ihre Arbeit verloren haben. Diejenigen, die noch eine Stelle haben, werden in der Regel in einem schlechten Lira-Kurs bezahlt.

Alle, die nur an libanesische Lira kommen, zahlen viel mehr für Benzin, Kopfschmerztabletten oder Nudeln. Deshalb haben die Menschen ihren Speiseplan angepasst. Statt Fleisch und Gemüse gibt es Bulgur, Reis oder Linsen. Das hält länger satt.

Hussein lässt ganze Mahlzeiten ausfallen, um zu sparen. Wenn er abends nach Hause kommt, hat er noch nichts im Magen. „Er isst kein Frühstück und kein Mittagessen“, erzählt die Schwester. Statt regelmäßig zu essen, raucht er. Das zügelt den Appetit – und ist günstig. Eine Schachtel Zigaretten kostet umgerechnet knapp einen Euro. Genauso viel wie die libanesische Pizza „Manoushe“, ein Frühstücksgericht. „Er sagt, wenn ich draußen Essen für mich selbst kaufe, dann reicht das Geld nicht.“

Es gibt Linsensuppe: freiwillige Kö­ch*in­nen in der Nation Station Foto: Julia Neumann

Dabei lebt die Familie in der Obst- und Gemüsekammer des Landes. Die Hochebene, eingebettet zwischen Gebirgen, ist das wichtigste Anbaugebiet des Libanon. Dort wachsen Oliven, Gurken, Tomaten und Zwiebeln sowie Tabak und Wein. Der fruchtbare Boden und die mediterranen Temperaturen sind gut geeignet, um Gemüse und Obst anzubauen. Der Schnee auf den Bergen schmilzt im Sommer, so gibt es genügend Frischwasser.

Das ganze Land setzt auf Importe

Trotzdem steigen die Preise lokal produzierter Waren wie Gurken oder Salat. Die Bauern nutzen Samen und Düngemittel aus dem Ausland; die Maschinen benötigen importiertes Benzin. Ökologischer Anbau, der mit nicht genverändertem Saatgut und natürlichem Dünger auskommt, ist zeitaufwendiger und bringt in kapitalistischen Systemen nicht so viel Geld ein. Wenn die Ernte von Schädlingen befallen wird oder Saatgut nicht aufgeht, ist die Existenz der Landwirte gefährdet. Wie die Bauern bei Saatgut, Pestiziden und Benzin, setzt das ganze Land auf Importe.

Ein Besuch im Supermarkt: Datteln aus Saudi-Arabien, Mehl aus rumänischem Weizen, Spaghetti aus Italien. Die Regale sind voll. Die meisten Produkte sind importiert. Das macht sie teuer für alle, die in libanesischer Lira bezahlt werden oder von ihrem Ersparten leben. Deshalb gibt es keine Ernährungssicherheit, also den Zugang zu erschwinglicher und ausgewogener Ernährung.

„Mit der Krise haben die Leute aufgehört, Fisch und Nüsse zu essen“, sagt der 29-jährige Syrer Karim Abdallah. Er rührt mit einer Kelle in orangener Linsensuppe, brät Hähnchen in einer Pfanne. Im Hintergrund surrt die Saftmaschine, mit der zwei Freiwillige Zitronen auspressen. Abdallah ist Chefkoch bei der Nachbarschaftsinitiative „Nation Station“. Die ehemalige Tankstelle mitten im Viertel haben junge Menschen aus der Gegend besetzt und haben dort nun den Sitz ihrer Initiative. Im alten Tankstellengebäude wird gekocht, in einem Haus etwas weiter die Straße hinunter sind Arzt­räume und Nähmaschinen für Frauenprojekte.

„Nach der Explosion in Beirut habe ich auf der Straße geholfen, aufzuräumen. Dabei habe ich die Tankstelle gesehen. Dort haben Freiwillige Wasser und Sandwichs verteilt. Ich habe gefragt, ob sie Hilfe brauchen, und sie haben Ja gesagt. Daraufhin haben wir Hilfspakete mit Tee oder Linsen gepackt und angefangen, Mahlzeiten zu kochen und sie zu verteilen“, erklärt Abdallah über den Start des Projekts.

2020 hatte es im Beiruter Hafen eine riesige Explosion gegeben, große Mengen von offenbar jahrelang ungesichert gelagerten Chemikalien waren explodiert. Es gab Todesopfer und Tausende Verletzte.

Mittlerweile ist die alte Tanke ein beliebter Treffpunkt und Ort für Veranstaltungen wie Kochkurse. Die sechs Gründerinnen haben ein Team von über 20 Menschen um sich versammelt. Einige sind freiwillige Helfer*innen, andere arbeiten bezahlt. Die Initiative finanziert sich unter anderem über internationale Organisationen und den Verkauf von Mahlzeiten und lokalen Produkte vor allem an solche Kund*innen, die für internationale Unternehmen arbeiten, in US-Dollar entlohnt werden und deshalb für die Mahlzeiten bezahlen können.

Fleisch gibt es einmal in der Woche

Fruchtbare Ebene – aber Gemüse im Libanon ist trotzdem teuer: das Bekaa-Tal Foto: Julia Neumann

Abdallah ist gelernter Koch und arbeitete in einem Restaurant. Doch wegen Corona wurde seine Arbeit auf eine Halbzeitstelle reduziert. „Morgens und mittags habe ich in der Nation Station gekocht und abends im Restaurant.“ Dann gab er seine Arbeit auf, um Vollzeit in der Gemeinschaftsküche zu arbeiten. „Die Atmosphäre und die Menschen, für die ich koche, gefallen mir. Ich würde mehr Geld im Restaurant verdienen. Aber ich bevorzuge es, Leuten zu helfen. Wenn zum Beispiel ein alter Mann in die Küche kommt und sich bedankt, ist das besser als jedes Gehalt.“

Abdallah kocht syrisch, libanesisch und generell eher mediterran. Auberginen mit Kirchererbsen in Tomatensauce oder an einem besonderen Tag Reis mit Rosinen und Hähnchen. Nur einmal in der Woche gibt es Fleisch. Gemüse sei sehr wichtig, sagt er. Viele ältere Menschen hätten Diabetes, daher reduziert der Koch den Zucker im Essen. Abdallah achtet auf wenig Chili, wenig Öl und nicht so viel Fettiges. „Wir kochen, wie die Menschen zu Hause es tun: viel Reis oder Gemüse.“ Manchmal riefen Leute sogar an, um nach dem Rezept zu fragen. Eine Frau aus der Nachbarschaft habe zum Beispiel das Essen gerochen – und auch wenn sie die kostenlosen Mahlzeiten nicht nötig haben, sei sie vorbeigekommen und habe gefragt, „welche Gewürze im Fleisch den Geruch so appetitlich machen“.

Pleite und ohne Regierung

Durch massive Korruption ist der Staat pleite. 2019 führte das zu einer Wirtschaftskrise. Im Februar hatte die Regierung den offiziellen Umrechnungskurs zum US-Dollar verändert und die Lira um 90 Prozent abgewertet. Ein US-Dollar entspricht damit 15.000 Lira – das ist noch weit unter dem tatsächlich im Markt genutzten Kurs. Wechselstuben kaufen einen Dollar für rund 100.000 Lira.Durch die Krise verloren Tausende ihre Jobs. Eine Mittelschicht gibt es kaum noch.

Massenproteste im Oktober 2019 führten zum Rücktritt des damaligen Ministerpräsidenten Saad Hariri, doch die alte Politikerriege blieb. Sein Nachfolger Hassan Diab legte sein Amt nach der schweren Explosion im Beiruter Hafen im August 2020 nieder. Ihm folgte Najib Mikati. Er ist nur geschäftsführend im Amt, denn vor einem Jahr wurde neu gewählt. Derzeit herrscht ein politischer Stillstand, da sich die Parteien nicht auf eine Regierung einigen können – es fehlt an Mehrheiten.

Ein UN-Bericht von 2022 sagt, das 90 Prozent der syrischen Familien und 60 Prozent der libanesischen Bevölkerung humanitäre Hilfe benötigen. Initiativen und NGOs versuchen, die Lücke zu füllen, die der untätige Staat hinterlässt. Doch das schafft Abhängigkeit. Steuerreformen, eine Umstrukturierung des Banken- und Energiesektors und die Bekämpfung von Korruption finden nicht statt.

Nur zu besonderen Anlässen gibt es eine große Tafel, meist holen die Menschen ihr Essen ab oder bekommen es geliefert. Abdallah sagt, sie lieferten rund 57 Mahlzeiten pro Tag aus. „Und wir kochen 200 Portionen, die von den Leuten mit ihren eigenen Tupperdosen abgeholt werden.“ Manchmal kämen die Leute in seiner Küche vorbei. Abdallah schätzt das nachbarschaftliche Miteinander – den Be­su­che­r*in­nen der Nation Station geht es genauso. „Einige alte Leute sind alleine daheim und brauchen mehr als nur das Essen. Sie möchten jemanden, der ihnen zuhört, wenn sie Geschichten über ihre Familien und die Vergangenheit erzählen.“

Während Abdallah das Essen vorbereitet, unterhalten sich draußen vor der ehemaligen Tankstelle viele ältere Menschen. Sie sitzen an Plastiktischen zusammen, die zu zwei großen Tafeln zusammengeschoben sind. Im Schatten eines Baumes sitzt Georgette Barakat. Die 64-Jährige hat sich herausgeputzt. Sie hat weißblonde Haare, trägt eine lila Hose in schwarzen Stiefeln. In dem christlichen Stadtteil Geitawi leben viele ältere, einst gut situierte Libanes*innen. Durch seine zentrale Lage und die charmanten alten Häuser, ist das Viertel auch bei weißen Aus­län­de­r*in­nen beliebt.

Auch Barakat verdiente einst genügend Geld, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Sie arbeitete als Betriebswirtschaftlerin, seit vier Jahren hat sie keine Arbeit mehr. „Ich bin alleine zu Hause, unverheiratet. Ich habe keine Kinder. Meine Eltern sind gestorben.“ Wie lebt sie in dieser Situation? „Es gibt Leute, die mir helfen und Rechnungen zahlen. Die Kinder meiner Schwester geben mir Geld für Strom oder die Miete.“

Montags, mittwochs und freitags käme sie an die Nation Station zum Essen und um ihr Handy aufzuladen. „Ich habe keinen Strom, weil ich den Generator nicht zahlen kann.“ Als Alternative zum staatlichen Stromlieferanten gibt es nur private Generatorenbetreiber, die aber horrende Summen für Dieselaggregate verlangen. „Und der Staatsstrom kommt nicht“, weiß Barakat. „Gestern kam er nachts für eine Stunde.“ Ihr Wasser fürs Duschen erhitzt sie am Gasofen.

Familie ist von Hilfe abhängig

„In diesem Land ist kein Geld, aber wir finden immer Wege, an Geld zu kommen. Nächste Woche möchte ich anfangen, Kindern bei mir zu Hause Nachhilfe in Französisch und Arabisch zu geben“, sagt Barakat. Trotz aller Probleme sei sie optimistisch. „Ich bin sehr stark. Ich liebe das Leben. Gott sorgt für mich.“

Wie Barakat, so ist auch Husseins Familie von Hilfen abhängig. Die kleine Initiative Hadak („An deiner Seite“) bringt ihnen mal ein Hühnchen vorbei oder Batterien für die Hörgeräte des Vaters. Bisher bekam die Familie ein bisschen Geld vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (U­NHCR). Doch im Dezember war es damit vorbei: Seit dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine fehlt es an Budget.

Souveränität bedeutet, dass man die Entscheidungshoheit über sein Essen hat

Jad Awada, Agrar-Initiative Jibal

Das World Food Programme deckte 2022 den Nahrungsmittelbedarf für 100.000 libanesische Familien. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) stellte dem WFP 2022 zehn Millionen Euro Förderung für die Arbeit im Libanon in Aussicht. Und die Europäische Union spendet dieses Jahr 60 Millionen Euro für die Nahrungsmittelhilfe, für Bildung, Arbeitsbeschaffung und Gesundheitsdienste. Von den Hilfen sollen Geflüchtete wie auch libanesische Staatsangehörige profitieren. Doch die Spenden sind immer nur kurzfristig, und sie machen abhängig.

Was ist die langfristige Lösung für Ernährungssicherheit? „Wir bevorzugen den Begriff der Ernährungssouveränität“, korrigiert Jad Awada. von der Organisation Jibal („Berge“). Die NGO hat sich der Agrarökologie verschrieben. Sie fördern ökologischen Anbau und möchten das Bauernwesen aufwerten. „Souveränität bedeutet, sich von der Idee des reinen Konsums zu lösen und zu verstehen, wie Essen produziert wird – und dass man die Entscheidungshoheit über sein Essen hat.“

Awada bringt Landwirten unter anderem bei, Buch zu führen. Viele würden das vermeiden, aus Angst, ihre Verluste zu sehen. „Viele arbeiten seit 20, 30 Jahren als Landwirte, für sie ist es eine Herzensangelegenheit.“ Aber sie hofften auch, dass ihre Kinder keine Bauern würden. „Landwirte sind in unserer Gesellschaft marginalisiert.“

Als Konsument sei er schockiert gewesen, zu erfahren, wie Landwirte behandelt werden. Die hohen Preise lägen gar nicht so sehr an den Kosten für Benzin oder Pestizide. Verantwortlich sind Mittelsleute. „Der Großhandelsmarkt ist wirklich der Inbegriff von Ungerechtigkeit.“ Das ist eine Markthalle, in der die Käufer den Bauern Obst, Gemüse und Kräuter abnehmen, um sie später an Supermärkte weiterzuverkaufen.

Der Markt, um Großmärkte zu umgehen

„Es gibt keine Waage, sie kaufen in Kisten oder Säcken. Und die Käufer bestimmen den Preis willkürlich.“ Die Gewinnmarge betrage mindestens 11 Prozent, könne aber bis zu 50 Prozent steigen. „Manchmal verweigern sie den Kauf einiger Produkte, nur um Zeit zu schinden, damit sie billiger kaufen können.“ Denn die Bauern hätten Angst, verfaultes Gemüse wegzuwerfen. „Der Landwirt hat wirklich null Einfluss auf den Preis.“

Um sich dagegen zu wehren, hat Jibal eine Kooperative von Bauern organisiert. „Nur so können sie sich gegen die unethischen Praxen wehren.“ Es ist ein Pilotprojekt, denn durch die Zersplitterung der landwirtschaftlichen Flächen sind nur 4,5 Prozent der Landwirte Mitglied einer Kooperative.

Um den Großmarkt zu umgehen, verkaufen diese Bauern nun jeden Samstag ihr Gemüse auf einem Markt an der Nation Station. „Weil sie die Produkte direkt an die Kon­su­men­t*in­nen verkaufen, ist es günstiger als im Supermarkt“, bestätigt Koch Abdallah. Eine weitere Idee sind Essenskörbe, die Ab­neh­me­r*in­nen im Voraus bezahlen.

„Anfang der Saison müssen Landwirte oft Kredite aufnehmen“, erklärt Awada. „Von den Landwirten zu verlangen, dass sie so viele Anstrengungen unternehmen, um ökologisch anzubauen, ohne ihnen einen entsprechenden Markt dafür zu bieten, war offensichtlich nicht nachhaltig.“ 30 Menschen bekommen nun regelmäßig frische Essenskörbe – günstiger als im Supermarkt.

Jibal überbrückt die Kluft zwischen Land­wir­t*in­nen und Verbraucher*innen: „Wir organisieren Treffen und Besuche auf Bauernhöfen. Die Ver­brau­che­r*in­nen müssen verstehen, dass sie die Landwirte auf dem Weg der Umstellung begleiten müssen. Sie müssen sich ein wenig anstrengen“, sagt Awada.

Ein Erfolgserlebnis sei gewesen, als sie von älteren Frauen im Shouf-Gebirge hörten. „Früher war es üblich, Wildkräuter zu pflücken. Die Frauen konnten manche Kräuter nicht auf den Märkten finden. Daher haben sie die Samen zum Bauer gebracht, der sie nun für sie anbaut.“

Man müsse die Landwirte überzeugen, natürliche Pestizide zu nutzen und ökologisch anzubauen, sagt Awada. „Man braucht Geduld. Leider ist Hunger nicht sehr geduldig. Aber wir müssen hoffnungsvoll bleiben.“

*Name geändert

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