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Liste gegen westliche Unternehmen„Schwarze Liste“ sorgt für Ärger

26 westlichen Firmen wird vorgeworfen, „Sponsoren Putins“ zu sein, weil sie in Russland Geschäfte machen. Das sorgt für einen Eklat in der EU.

Steht auf der „schwarzen Liste“ der Ukraine: der deutsche Metro Konzern Foto: Revierfoto/imago

Brüssel taz | Es sind illustre Namen: die deutsche Metro-Gruppe, der französische Feinkost-Spezialist Bonduelle und der amerikanische Rasierklingen-Hersteller Procter & Gamble („Gillette“). Sie stehen auf einer Liste, die in der EU für Ärger sorgt. Angefertigt hat sie die Kyjiwer Antikorruptionsbehörde – die Ukraine will damit „Sponsoren des Krieges“ an den Pranger stellen. Es handelt sich um westliche Unternehmen, die trotz Ukrainekrieg und Sanktionen weiter in Russland aktiv sind.

Beim Treffen der 27 EU-Außenminister*innen am Montag kam es deshalb zum Eklat. Griechenland, Österreich und Ungarn beschwerten sich über die sogenannte schwarze Liste. Es sei „nicht der richtige Weg“, einzelne Unternehmen wegen ihrer Tätigkeit in Russland herauszugreifen, klagte Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg. Die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) stehe wegen ihres Russland-Geschäfts zum Beispiel auch auf der Liste.

Nach außen drang vor allem der Streit über die OTP-Bank aus Ungarn. Sie ist zwar im Vergleich zu den insgesamt 26 Konzernen, die nun am Pranger stehen, eher unbedeutend. Doch die Regierung in Budapest beschränkt sich nicht auf Proteste, sondern droht auch damit, ausstehende EU-Beschlüsse zu Waffenlieferungen an die Ukraine und neuen Russland-Sanktionen zu blockieren. Die rechtsnationale Regierung von Viktor Orbán spielt schon seit Monaten die Rolle des Quertreibers in der EU.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat die ungarische Regierung am Dienstag im Rahmen des EU-Verteidigungsministertreffens deshalb scharf kritisiert. Er sei „einigermaßen enttäuscht über das Verhalten der ungarischen Freunde“. Er könne die von ­Budapest vorgebrachten Gründe nicht teilen: „Das ist kein feiner Zug.“ Ähnlich hatte sich die deutsche Chefdiplomatin, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), am Montag geäußert.

Ein Metro-Sprecher sagte der Tageszeitung Welt, der Konzern sei sowohl in Russland als auch in der Ukraine vertreten und habe Russlands Krieg mehrfach deutlich verurteilt: „Seit Beginn des Krieges haben wir den Fokus auf die Unterstützung der Ukraine gelegt.“

Griechische Schifffahrtsunternehmen stehen wiederum auf der Liste, weil sie „Schiff zu Schiff“-Umladungen von russischem Öl nicht transparent machen – aber ohne gegen die Sanktionen zu verstoßen.

Griechenland, Österreich und Ungarn beschwerten sich über die schwarze Liste

Auch die ungarische OTP-Bank verteidigt sich. Man habe das Russland-Geschäft im Jahr 2022 „drastisch“ reduziert, heißt es auf der Website der Bank. OTP bemühe sich um einen vollständigen Rückzug und unterstütze auch nicht – wie die Ukraine behauptet – die russisch besetzten Regionen Luhansk und Donezk.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, warum nicht auch die deutsche Regierung und die EU gegen die ukrainische schwarze Liste protestieren – oder aber versuchen, Fehler in der aktuellen Sanktionspolitik auszuräumen. Eventuell ließe sich auch damit die ungarische Blockade in der EU lösen.

Bisher zeichnet sich in Brüssel allerdings keine Bewegung ab. Die EU-Kommission teilte am Dienstag mit, dass sie einen weiteren Hilfskredit von 1,5 Milliarden Euro an die Ukraine freigeben will. Den Streit über die „schwarze Liste“ erwähnte die EU-Behörde mit keinem Wort. Es dürften noch Dutzende, wenn nicht Hunderte andere Unternehmen weiter in Russland aktiv sein.

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3 Kommentare

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  • Die westliche Politik untergräbt sich selbst, indem sie nicht in der Lage ist die Sanktionen tatsächlich wirksam umzusetzen. Wie jüngst Außenkomissar der EU, Herr Borell, einräumen musste, ist die Zahl der Auto-Exporte nach Kasachstan um 268 Prozent hochgeschnellt. Indien raffiniert viel mehr Öl, als noch vor 14 Monaten zu Kriegsbeginn in der Ukraine.



    Wir haben uns sowohl in der Politik, wie auch in der Diplomatie eine Sprache angewöhnt, die Mißstände nicht mehr klar anspricht, sondern Euphemismen verwendet und sprachliche Verschleierung betreibt. Was hat denn der Besuch des Bundeskanzlers in Indien gebracht? Wurden solche Themen angesprochen?



    Die Ukraine macht das anders. Sie stellt heraus, was ist. Das ist natürlich den Ländern, die sich kein Feigenblatt vorhängen können, etwas "getan" zu haben, unangenehm. Zu Ungarn ist schon fast alles gesagt worden. Die Freiheit und Demokratie ist dort auf absehbare Zeit verloren. EU-Standards müssen sich ändern. Mit einem solchen Fall, dass Rechtsstaatlichkeit von Innen abgebaut wird, hat offensichtlich keiner gerechnet.

  • Das mit den Sanktionen war ja auch nie wirklich ernst gemeint was man ja an der "schwarzen liste" sehen kann.

    • @pablo:

      Doch. Es war und ist auch weiterhin nicht legal und auch strafbar, gegen die verhängten Sanktionen zu verstoßen.



      Diese richten sich aber nicht pauschal gegen alles, sondern nur gegen jene Güter und Dienstleistungen, welche in den mittlerweile 10 Sanktionspaketen aufgeführt sind. Und natürlich gibt es auch ganz bewusst Ausnahmen, wie z.B. Nahrungs- und Arzneimittel.



      Ob nun sog. Sekundär-Sanktionen, wie sie die USA häufig anwenden, der Game Changer wären kann ich nicht beurteilen.



      Somit ist das, was Metro und der Landmaschinenhersteller Claas machen zunächst einmal legal und legitim (Nahrungsmittel).



      Claas hatte erst 2015 in sein größtes Werk in Krasnodar (RU) € 120 Mio. investiert.

      Interessant finde ich, dass auf dieser Liste auch einmal das jeweilige Management mit Namen und Fotos aufgeführt ist. Die meinen das offensichtlich ernst.