Österreichische Bank umgeht Sanktionen: Raiffeisen holt Profite aus Moskau

Die Raiffeisen Bank International ist das größte ausländische Kreditinstitut, das in Russland aktiv ist. Nun sollen die Gewinne nach Wien fließen.

Das Logo der Raiffeisen bank International an der Fassade eines Bürogebäudes

Was soll das eigentlich auf dem Logo sein? Fassade der Raiffeisen Bank International in Wien Foto: Weingartner-Foto/imago

WIEN taz | Die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) verdient weiterhin blendend in Russland. Mehr als zwei Milliarden Euro Gewinn waren es allein im Vorjahr. Von den Russland-Sanktionen der EU wurde sie bisher nicht erfasst, beim Ratsgipfel in der vergangenen Woche gelang es der österreichischen Regierung offenbar auch, eine Streichung der RBI von einer ukrainischen Kriegssponsorenliste zu streichen. Reuters zufolge habe Österreich angedroht, dem neuen Sanktionspaket gegen Russland andernfalls nicht zuzustimmen. Und siehe da: Während des Gipfels wurde der RBI-Eintrag plötzlich „suspendiert“, Österreich stimmte dem Paket zu.

Weil die russischen Gewinne der RBI aufgrund bisheriger EU-Sanktionen eingefroren sind, hat die Bank keinen Zugriff darauf. Nun fand sie aber eine mögliche Lösung, an das Geld zu kommen: Wie nun bekannt wurde, will die Bank über ihre russische Tochter Raiffeisen AO knapp 28 Prozent am österreichischen Baukonzern Strabag kaufen. Die entsprechenden Anteile werden frei vom russischen Oligarchen Oleg Deripaska, der die Beteiligung über seine MKAO Rasperia Trading mit Sitz in Kaliningrad hält. Wegen der Sanktionen hat Deripaska derzeit kein Mitspracherecht bei der Strabag und erhält auch keine Dividende.

Geholfen wäre mit dem Deal allen Beteiligten. Deripaska könnte seine Anteile zu Geld machen, auf das er auch in Russland Zugriff hat. Die russische Raiffeisen AO wiederum könnte, so der Plan, per Sachdividende die in Russland erzielten Gewinne an die RBI-Mutter in Wien ausschütten. Gelingen soll das mit einer zwischengeschalteten Firma Deripaskas, die nicht von Sanktionen belegt ist.

Für die Transaktion braucht es noch die Zustimmung Russlands sowie die der EU. „Juristisch könnte dieses Geschäft durchaus machbar sein“, sagt Vasily Astrov, Russlandexperte am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw). „Gleichwohl würde eine solche Lösung dem Geist der europäischen Sanktionen widersprechen.“ Ob der ambitionierte Zeitplan der RBI hält, das Geschäft bereits im 1. Quartal 2024 abzuwickeln, ist auch deshalb fraglich.

RBI reduziert angeblich Russland-Engagement

Dass die RBI auf österreichische Intervention hin nun nicht mehr auf der Kriegssponsorenliste aufscheint, kann diesbezüglich nicht schaden. Zwar bedeute die Streichung keinen Schutz vor neuen Sanktionen, etwa durch die USA, sagt Astrov: „Sie ist aber ein wichtiges symbolisches Zeichen.“

Die RBI betont, mit der geplanten Strabag-Transaktion ihr Engagement in Russland zu reduzieren. Sie verweist seit längerem auf entsprechende Bemühungen und wolle „weiterhin“ an einer Entkonsolidierung der AO Raiffeisenbank durch einen Verkauf oder durch eine Abspaltung arbeiten. Dennoch ist die RBI die größte noch aktive ausländische Bank in Russland. Ein Drittel bis die Hälfte des ausländischen Geldverkehrs Russlands laufen Schätzungen zufolge über sie. An der Börse sorgte der geplante Deal für Freude: Die Aktienkurse beider Unternehmen sprangen in die Höhe.

Die österreichische Regierung dürfte die RBI, nach ihrem Einsatz bezüglich Kriegssponsoren-Liste, weiterhin nach Kräften unterstützen. „Vor allem der ÖVP ist sehr daran gelegen, dass es der Raiffeisen gut geht“, sagt Astrov. Die Bankengruppe war etwa einer der größten Kreditgeber von Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Dutzende ÖVP-Abgeordnete in österreichischen Landtagen und im Nationalrat stehen zudem der Bank nahe, schreibt meineabgeordneten.at.

Wohl auch wegen guter Beziehungen zur Öffentlichkeit hat sich die Raiffeisengruppe vor Jahren bei den österreichischen Medien eingekauft: Sie hält über eine Beteiligungsgesellschaft die Hälfte am Kurier Zeitungsverlag, zu dem unter anderem die Zeitungen Kurier und profil gehören. Wie nun bekannt wurde, könnte sich die Bank auch eine knapp 25-prozentige Beteiligung an der Kronen Zeitung, Österreichs größter Tageszeitung, sichern. Frei werden dort offenbar die Anteile des Immobilienmoguls René Benko, der ja in Liquiditätsproblemen steckt.

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