piwik no script img

Waffen für die UkraineKampfjet-Koalition komplett

Auf dem G7-Gipfel geben nun auch die USA grünes Licht für F16-Jets. Wann und von wem, ist noch offen.

Erst im Herbst sollen F-16 Kampfjets in der Ukraine landen. Pilotenausbildung startet schon zuvor Foto: Harald Tittel/dpa

Die Ukraine soll nun doch mit modernen westlichen Kampfjets ausgestattet werden. Rechtzeitig für die womöglich unmittelbar bevorstehende Großoffensive gegen die russischen Besatzer im Süden und Osten des Landes kommen sie wohl nicht, sondern erst im Herbst, wie es am Sonntag aus Regierungskreisen in Kyjiw hieß.

Aber die Zusage, über die US-Präsident Joe Biden am Freitag beim G7-Gipfel im japanischen Hiroshima seine Verbündeten informierte und dann auch seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodimir Selenski, ist dennoch ein weiteres Bekenntnis zur Ukraine auch über den erhofften Sieg über Russland hinaus.

Es geht um US-amerikanische F16-Kampfjets, deren Lieferung an die Ukraine die USA bisher immer abgelehnt hat. Direkte Lieferungen aus den USA sind auch jetzt offiziell nicht im Gespräch, wohl aber die US-Genehmigung für Lieferungen durch Drittstaaten. In den kommenden Monaten würden die USA und ihre Verbündeten „entscheiden, wann sie tatsächlich Jets zur Verfügung stellen, wie viele wir zur Verfügung stellen werden und wer das tun wird“, zitierten US-Nachrichtenagenturen ungenannte offizielle Stellen am Wochenende.

Juri Ihnat, Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, sprach am Sonntag im ukrainischen Fernsehen von „Dutzenden“ Maschinen, die sein Land erwarte. „Die Flugzeuge werden nicht stückweise übergeben, sondern in Einheiten. Eine Lufteinheit ist mindestens ein Geschwader, in unserem Fall sind es derzeit mehr als 12 Flugzeuge, bei unseren westlichen Partnern bis zu 18 Flugzeugen“, sagte er. Auf diese Weise könnten der Ukraine „anfangs mehrere Dutzend Kampfjets zur Lösung anstehender Aufgaben“ übergeben werden.

Viele Länder misten aus

Die Jets stehen theoretisch reichlich zur Verfügung, da immer mehr Länder ihre F16-Bestände gerade zugunsten der moderneren, sehr teuren F35-Kampfflugzeuge abschaffen, die auch Deutschland zu erwerben gedenkt. Norwegen musterte Ende 2022 seine 64 F16-Kampfjets aus, die Niederlande werden mit ihren 34 demnächst folgen. Dänemark hat 30 F16-Jets, Belgien 40, Polen 48 und Griechenland 84. Die größten F16-Flotten nach den USA haben Israel mit 362, gefolgt von der Türkei mit 270 und Ägypten mit 220. Deutschland hat keine.

Die Ukraine fordert die F-16 zunächst als Schutz gegen Raketen- und Drohnenangriffe. Sie sollen zusammen mit bodengestützten Flugabwehrsystemen eingesetzt werden. Zudem will Kyjiw mit westlichen Jets Bodentruppen bei Offensiven schützen.

Auf seiner Europareise, die ihn vor einer Woche nach Rom, Berlin, Paris und London führte, hatte Selenski intensiv für Kampfjets geworben. Unter anderem Großbritannien, Frankreich, Norwegen und die Niederlande stellten sich hinter ihn. Alle Länder in dieser „Kampfjet-Koalition“ wollen ukrainische Piloten zum entsprechenden Standard ausbilden. Dies beschloss nun offiziell auch der G7-Gipfel.

Nachdem es bisher vom Pentagon immer geheißen hatte, die Ausbildung zum F16-Piloten dauere 18 Monate, ist nun von „sechs bis neun“ Monaten die Rede, berichten US-Medien. Dies entspricht bisherigen Erfahrungen mit Nato-Trainingsprogrammen für ukrainische Soldaten, die viel intensiver und schneller ausgebildet werden als ihre westlichen Kollegen, da sie zunehmend Kriegserfahrung mitbringen. Die fraglichen ukrainischen Piloten dürften Erfahrung mit MiG-Kampfjets sowjetischer Bauart haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • Hauptsache WIR halten uns zurück !







    Gemäß der immer noch existierenden UN-Feindstaatenklausel dürfen Alliierte die Kampfhandlungen gegen Deutschland sofort wieder aufnehmen, wenn es erneut feindlich zu agieren beginnt.



    Russland ist einer der Alliierten !







    Hoffentlich kam dieses Thema im Völkerrechts-Crash-Kurs von Frau Baerbock mit vor.

    • @Matthias Berger:

      Äh, wir liefern keine F16, da wir nicht über F16 verfügen. Allerdings können wir Luft-Luft Lenkflugkörper liefern, die von der F16 verwendet werden können. Die UN-Feindstaatenklausel ist vielleicht eine akademische Betrachtung Wert, spielt aber in der Praxis und Herrn Putins Gedankenwelt schlicht keine Rolle.

    • @Matthias Berger:

      Die Klausel ist unlängst für osolet erklärt worden. Ihr Hinweis wird jedoch die AFD freuen, die sich auch für eine offizielle Löschung einsetzt.

      • @DiMa:

        Allein deshalb sollte man diesen Passus beibehalten.



        Ein weiteren Grund sehe ich in dem - technisch vorhandenen - Potential Japans zu nuklearer Bewaffnung. Denn, wie alle anderen Nachbarn Chinas, schaut auch Japan sehr argwöhnisch auf dessen imperiale Bestrebungen im pazifischen Raum. Wie entscheidet es sich, wenn "der große Bruder" nicht mehr wohlwollend seinen politischem, wirtschaftlichen und militärischen Schutz zur Verfügung stellt?



        Seit Number 45 sehe ich die US of A mit etwas anderen Augen.

      • @DiMa:

        So einfach geht das nicht...irgendwie "obsolet" erklären.



        Das muß schon ein rechtskräftiger Beschlus sein.



        Es gab zwar in den 90er Jahren die entsprechende Erklärung der UN - mit der Vorgabe, die Klausel baldmöglichst zu streichen.



        Bis jetzt wurde sie jedoch nicht gestrichen.



        Putin ist durchaus zuzutrauen, diese juristische Lücke zu nutzen und so zumindest gegenüber der Vielzahl seiner (meist heimlichen) Unterstützerstaaten eine Begründung für den Abschluß von ein paar Raketen auf Berlin zu liefern.

        • @Matthias Berger:

          Dann ist er im Krieg mit der NATO. Was hat er davon?

    • @Matthias Berger:

      Das Ding gilt nicht mehr.

  • Ukrainische Piloten wurden in den USA getestet um den Ausbildungsaufwand abschätzen zu können. Als größtes Hindernis hat sich die Sprache gezeigt. 6 Monte Ausbildung sind das absolute Minimum für die Piloten. Ein Grund für die Lieferung der F16 dürfte sein, dass die Boden-Luftraketen langsam zur Neige gehen.

    • @Nachtsonne:

      Der Mangel an Munition für die modernen Luftabwehrsysteme ist in der Tat ein Problem, da es sich hier einmal wirklich um "Smart Ammonution" handelt, welche nicht jeder in beliebiger Menge herstellen kann. So dürfte der Vorrat an S-300-Raketen (noch in der SU entwickelt) mittlerweile aufgebraucht sein, da diese exklusiv von RU gefertigt werden.



      Die F-16 dagegen nur als Abfangjäger zu sehen, verkürzt deren tatsächlichen Fähigkeiten und deren zugedachte Rolle in diesem Krieg zu einer reinen "Defensivwaffe", was in meinen Augen unzulässig ist. Außerdem ist sie weder in der Lage ballistische Kurz-/Mittelstreckenraketen noch Hyperschallwaffen abzuwehren.

      Dagegen wäre sie als Jagdbomber und Tiefflieger sehr gut, da nachweislich erfolgreich (seit 1978 im Dienst) für die sog. Luftnahunterstützung ("Close-Air-Support") von großem Nutzen für die UA. Denn mit ihrer Einführung auf breiter Ebene der Luftstreitkräfte der UA als quasi Standard-Kampfflugzeug steht der UA auch das gesamte in den über vier Jahrzehnten seit Indienststellung eingeführte Waffenarsenal für diesen Typ zur Verfügung - sowohl für Luftkampf, Luftabwehr, Bodenkampf und Präzisionsbombenangriffe. Des weiteren dürfte es, anders als beim Tornado (Fertigung 1998 eingestellt) oder der MiG-29 (exklusiv aus RU), keine Ersatzteilprobleme geben, da dieses Muster - wenn auch laufend modernisiert - immer noch gefertigt u.a. von z.B. der US Airforce noch geflogen wird.

  • Ich gehöre ja zu denen, die zwar mit ungutem Gefühl doch zum Schluss gekommen ist, es sei besser die Ukraine mit Waffen zu unterstützen.

    Ich bekomme aber Magenschmerzen, wenn ich jetzt die Sektkorken bei Lockheed Martin knallen höre.

    Deren F-35 lag schwer im Regal. Jetzt geht er wie Apfelkrapfen.

    • @tomás zerolo:

      Darüber habe ich mich schon bei dem Deal mit der Hardthöhe unter Lambrecht gefragt, ob man mit Boeings Super Hornet nicht besser bedient gewesen wäre.



      Irgendetwas weckt bei mir ungute Erinnerungen:



      - einstrahliger Kampjet



      - neueste Technik, besser als alles vorher dagewesene



      - mehrrollenfähige Einsatzprofile



      - atombombenfähig für nukleare Teilhabe



      - heißestes Flugzeug seit langem



      - kommt von Lockheed

      Weshalb hieß es früher doch gleich bei Luftwaffe: "Gott schütze uns vor Sturm und Wind, und vor Kampjets, die von Lockheed sind?"

  • Schade, auch hier bei der »taz« wird nur über die Dauer der Ausbildung zum Piloten gesprochen. Bemerkenswert, das Pilotinnen scheinbar komplett unter den Tisch fallen. Zumal sogar die Luftwaffe mindestens ein erfahrene Kampfpilotin als Ausbilderin auf dem Muster Typhoon ("Eurofighter") am Standort in Laage hat.

    Aber wirklich ärgert mich, dass wieder einmal das Thema LOGISTIK komplett außen vor gelassen wird: Was ist mit dem Bodenpersonal und der Ausrüstung an den Stützpunkten sowie die Ausstattung der Flugzeugwerften?



    Das fängt mit der Ausbildung des Personals an, geht über Hard- und Software zum Betrieb eines Flugfeldes für westliche Maschinen und hört bei zölligem Werkzeug (sofern nicht eventuell vorhanden) für die Werkstätten und Werften nicht auf.



    Ja, wer eine MiG-29 oder eine Su-25 warten, reparieren und aufmunitionieren kann, muss bei einer F-16 nicht neu bei null anfangen. Aber nur eine kurze Umschulung wird da wohl nicht reichen. Zu unterschiedlich sind die Anforderung an Mensch und Technik.



    Oder ist das ggf. sogar gewünscht, dass darüber öffentlich berichtet, und niemand soll es bemerken?

    Wo soll das Warten, Reparieren und In-Stand-Halten gar nicht in der Ukraine erfolgen? So eine F-16 passt eben nicht einmal so auf einen Waggon, denn trotz russischer Breitspur gibt es immer noch so etwas wie das Lichtraumprofil, was dem entgegen spricht.

    Warum gibt es dazu keine Informationen, Fragen oder Antworten?

    • @Radium:

      "Warum gibt es dazu keine Informationen, Fragen oder Antworten?"



      Wenn die Entscheidung, F-16 zu liefern, gefallen ist, ist die Frage, wie sie gewartet werden, natürlich auch gelöst, bzw. sie wird gelöst sein, sobald die Flugzeuge in Einsatz gehen. Warum zum wer und wo keine detaillierten Informationen veröffentlicht werden, ist wohl selbsterklärend.

      • @Barbara Falk:

        Das ist mir ein wenig zu einfach gedacht, und enthält - in Spuren - auch einen Teil paternalistischer Denke, welche ich hier nicht vermutet hätte.

        Bei vielen anderen Waffensystemen - keine Einfach- oder Wegwerfwaffen - wurden und werden genau diese Fragen in der Presse behandelt, z.B. (Panzer)haubitzen, Schützen- und Kampfpanzer, Raketenwerfer westlicher Bauart. Bei der F-16 dagegen muss man mit der Lupe suchen.

        Und nein, es geht mir nicht um detaillierte Informationen, sondern grundsätzlich darum, dass man das "ganze Paket" denken und diskutieren sollte, um genau nachher eben nicht überrascht zu werden.

        Des weiteren bin ich nicht dagegen, die UA mit Waffen in ihrem Kampf zu unterstützen. Ich halte die F-16 auch für ein wirklich geeignetes System dafür, wie ich an anderer Stelle hier im Forum erläutert habe. Allerdings ist sie eben auch, um Mark Milley zu zitieren, "keine Wunderwaffe".

        Wenn also solche "Volksvertreter" wie Herr Kotré gestern bei Markus Lanz die "einseitige" Berichterstattung in Richtung Pro-Ukraine als Vorwand für seine Ansichten und die "Politik" der AfD nutzt, kann das durchaus auf fruchtbaren Boden fallen.



        Nur weil man - wie ich - mit diesem und anderen Vertretern dieses rechten Populismus nicht übereinstimmt, heißt das nicht, dass deren Thesen, Sprachgebrauch und Erzählungen bei relevanten Teilen unserer Gesellschaft nicht verfangen.

        19h09