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Privatjets am BERDruck gegen Luxus-Dreck

Fast 10.000 Privatjets sind im vergangenen Jahr am BER geflogen – für den Senat kein Problem. Linke und Zivilgesellschaft wollen ein Verbot.

In Amsterdam war der Protest gegen die Umweltverschmutzung durch Privatjets erfolgreich Foto: Remko De Waal/dpa

Berlin taz | Der schwarz-rote Senat will nichts gegen die steigende Anzahl an Privatjets am Flughafen BER unternehmen. Das geht aus einer aktuellen Antwort der CDU-geführten Senatsfinanzverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage der Linke-Abgeordneten Katalin Gennburg und Ferat Kocak hervor, die der taz vorliegt.

Im Jahr 2022 sind mit mehr als 94.000 Starts von deutschen Flughäfen so viele Privatjets abgehoben wie nie zuvor. Die meisten davon entfielen mit fast 10.000 Starts und Landungen auf den Flughafen Berlin-Brandenburg. Das sind rund 13 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Im Schnitt waren die 9.850 Privat- und Geschäftsflugzeuge mit gerade einmal 3,2 Passagieren besetzt. 31 Flieger starteten ganz ohne Passagiere. Insgesamt machen Privatjets am BER 6,4 Prozent des gesamten Flugverkehrs aus. Hinzu kommen noch Regierungsflüge, die in den Zahlen nicht inbegriffen sind.

Nachdem der Amsterdamer Flughafen Schiphol Anfang April aus Umwelt- und Lärmschutzgründen ein Verbot von Privatjets und Nachtflügen bis spätestens Ende 2025 angekündigt hatte, fordern Grüne und Linke ein ähnliches Privatjetverbot. Angesichts des überdurchschnittlich hohen CO2-Verbrauchs wollten die Linke-Abgeordneten Gennburg und Kocak vom Senat wissen, ob für den Hauptstadtflughafen ähnliche Maßnahmen geplant sind.

Senat versteckt sich hinter veraltetem Beschluss

Die Senatsfinanzverwaltung verweist in ihrer Antwort darauf, dass der Betrieb des General Aviation Terminals (GAT), von dem aus die Privatjets und Geschäftsreisenflüge starten, im Planfeststellungsbeschluss für den BER vorgesehen sei. „Der Flughafen BER ist somit verpflichtet, am Standort die Infrastruktur für ein GAT vorzuhalten und eine Abfertigung sicherzustellen“, heißt es.

Ein Privatjetverbot ist ein wichtiger Beitrag für mehr Klimaschutz, der nicht weh tut

Katalin Gennburg, Linke

Katalin Gennburg hält das für eine „ganz billige Ausrede“: „Das ist keine Erklärung, warum Amsterdam das schafft, aber wir nicht“, sagt sie der taz. Schließlich gebe es auch dort entsprechende Verwaltungsakte. Zumal der Berliner Beschluss vor mehreren Jahrzehnten gefällt worden sei, als Klimaschutz noch kaum eine Rolle spielte. Dass sich der Senat hinter dem veralteten Beschluss verstecke, ist für Gennburg „völlig inakzeptabel“.

„Berlin und Brandenburg könnten Kleinflugzeuge verbieten“, ist Gennburg überzeugt – wenn sie es denn wollten. So hatte das Abgeordnetenhaus bereits im Juni 2022 eine Beschränkung von Kleinflugzeugen über der Hauptstadt beschlossen. Dieser Beschluss sei derzeit in Bearbeitung, heißt es vom Senat. Der Linken reicht das nicht. Angesichts des „alarmierenden“ Anstiegs von Privatjets in Zeiten der Klimakrise, bräuchte es sofort Maßnahmen. „Die CO2-Verpestung durch Privatjets muss eingedämmt werden.“

Keine Daten über C02-Ausstoß von Privatjets

Wie viel Treibhausgase die Privatjets ausstoßen, wird nicht gesondert erfasst. Schätzungen zufolge sollen es europaweit allein im vergangenen Jahr mehr als zehn Millionen Tonnen CO2 gewesen sein. Deutschland ist nach Großbritannien und Frankreich das Land mit den drittmeisten Privatflügen.

Dabei geht es meist um sehr kurze Strecken. So waren die häufigsten Zielorte von Privatjets aus Berlin im vergangenen Jahr Stuttgart, Zürich, München, Köln/Bonn und Palma de Mallorca.

Gennburg fordert Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) auf, aus Amsterdam Erkenntnisse über das Privatjetverbot einzuholen. Dieses sei „ein wichtiger Beitrag für mehr Klimaschutz, der nicht weh tut“.

Das sehen auch viele Ber­li­ne­r*in­nen so. Eine Petition der Kampagnen-Plattform Campact zu einem Flugverbot für Privatjets erreichte bislang fast 35.000 Unterschriften, eine Petition gegen Privatjets am BER mehr als 8.000. „Während immer mehr Menschen immer mehr Maßnahmen zum Klimaschutz einhalten oder fordern, ignorieren Superreiche oder Egozentriker die Zukunft“, heißt es dort.

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5 Kommentare

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  • wie definiert sich "privatjet"?



    in der petition zum verbot von privatjets am ber wird darauf nicht eingegangen, zumindest wird ein foto eines learjet gezeigt.



    bemängelt wird z.b. die hohe zahl der flüge (300) für die kurze entfernung zwischen hamburg und sylt.



    auf dieser strecke werden überwiegend cessna leichtflugzeuge eingesetzt.



    also ein- und zweimotorige motorflugzeuge bis zu 5,7 t abfluggewicht.



    www.google.com/sea...668&biw=1263&hl=de



    bei "privatjet" entsteht nun eher das bild eines learjet im kopf.



    wird der flughafen ber aufgrund einer petition für privatjets gesperrt, wird wahrscheinlich auf den flugplatz schönhagen südlich von berlin ausgewichen, womit nichts gewonnen wäre.



    wenn alle flughäfen in deutschland für privatjets gesperrt werden, sind damit auch die propeller leichtflugzeuge in privater hand gemeint?



    in der petition zum ber wird die strecke hamburg sylt die überwiegend von cessna leichtflugzeugen angeflogen wird extra betont.



    das wäre dann das kind mit dem bad ausschütten, daher wäre eine genauere definition in der petition zielführender.

    • @alterverwalter:

      Genau das ist der Punkt!



      Bei Strassen kann man leicht eine Anliegerstrasse ausweisen.

      Allerdings wage ich zu erwähnen, dass Sportflugzeuge an Sich umweltpolitisch natürlich niemals Sinn machen.

  • Eine Verbotspartei mehr.

    Wie wäre es mal mit intelligenten Vorschlägen als mit Dummschwätzerei ?

    Z.B. mit einer satten Besteuerung ?

    Aber das ist genauso illusorisch wie ein Verbot.

  • "Linke und Zivilgesellschaft wollen ein Verbot."



    Das ist einfach und symbolvoll. Bringt zwar kaum was gegen den Klimawandel, aber macht ja nix.

    A propos Zivilgesellschaft: "viele Ber­li­ne­r*in­nen", sprich 8000 von 3,7 Millionen oder 35000 Campact-Unterzeichner von 84 Millionen Bundesbürgern als "die Zivilgesellschaft" zu bezeichnen ist schon ein starkes Stück.

  • Die Linke war bis vor kurzem noch Regierungspartei.

    In mehr als einer Legislaturperiode.

    Wenn die Linke ernsthaft etwas hätte ändern wollen, hätte sie es ändern können.

    Wie soll ich Gennburg hier ernstnehmen?