piwik no script img

Emilia-Romagna nach der FlutkatastropheEine Folge politischer Unfähigkeit

In Italien sind die Wassermassen aus der Emilia-Romagna abgeflossen. Milliardenschäden bleiben zurück. Mittel zur Prävention sind schon da.

Eine Anwohnerin vor der Verwüstung der Flutwelle in Faenza Foto: Oliver Weiken/dpa

Rom taz | Eine Woche nach Beginn der Flutkatastrophe in der Emilia-Romagna befinden sich weite Teile der norditalienischen Region weiterhin im Ausnahmezustand. Zwar flossen die Wassermassen übers Wochenende aus zahlreichen Dörfern und Städten wieder ab, doch sie hinterließen Milliardenschäden an den Infrastrukturen, in der Landwirtschaft, in Wohnungen, Läden und Betrieben. Verschont blieb dagegen der Altstadtkern von Ravenna: Dort ließ der Bürgermeister am Wochenende mit einem gezielten Deichdurchbruch 200 Hektar Felder fluten und konnte so die Überflutung der Innenstadt verhindern.

Weiterhin aber sind Hunderte Straßen nicht befahrbar, entweder weil sie noch unter Wasser stehen oder weil sie in den hügeligen Gebieten des Hinterlandes von einem der mehr als 300 Erdrutsche betroffen waren. Weiterhin auch stehen weite Gebiete unter Wasser, haben sich ganze Orte in Schlammwüsten verwandelt.

Am Sonntag kam Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in die Region, um sich ein Bild von der Lage zu machen; für diese Visite war sie vorzeitig vom G7-Gipfel im japanischen Hiroshima abgereist. In Gummistiefeln stapfte sie durch die Schlammlandschaften, als die sich Städte wie Faenza und Forlì jetzt nach Abfließen des Wassers präsentieren.

Für Dienstag hat Meloni eine Kabinettssitzung einberufen, auf der erste Millionenhilfen für die Emilia-Romagna ebenso wie die Stundung der Zahlung von Steuern sowie der Strom- und Gasrechnungen verabschiedet werden sollen. Die Schäden werden auf insgesamt 5 bis 6 Milliarden Euro beziffert.

Extreme Wetterereignisse

Über 600 Millionen Euro betragen allein die Schäden an Eisenbahnen und Straßen, wobei innerörtliche Straßen noch gar nicht berücksichtigt sind. Mit bis zu 2,5 Milliarden Euro ist die Landwirtschaft schwer getroffen: Sie hat nicht nur mit den aktuellen Ernteausfällen zu kämpfen, sondern auch mit dem Risiko, dass die Bäume in kompletten Obstplantagen absterben, weil ihre Wurzeln verfaulen, und damit Ernten für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren ausfallen.

Die Überschwemmung ist die dritte von schweren Regenfällen ausgelöste Katastrophe innerhalb weniger Monate in Italien. Erst starben bei einer Flutwelle im mittelitalienischen Senigallia im September 2022 11 Menschen. Dann gab es 12 Opfer bei einem Erdrutsch auf der Insel Ischia im November 2022. Jetzt die Überschwemmung in der Emilia-Romagna, die 14 Menschenleben forderte.

Und erneut lebt jetzt in Politik und Medien die Diskussion über die Notwendigkeit auf, angesichts der mit dem Klimawandel drohenden Häufung von extremen Wetterereignissen endlich präventive Maßnahmen wie die Stärkung des Landschaftsschutzes oder den Bau von Rückhaltebecken entlang der Flussläufe voranzutreiben.

Die Mittel dafür sind jetzt schon da: Etwa 8 Milliarden Euro wurden in den Staatshaushalten der letzten Jahre eingestellt – aber nur zu einem geringen Teil tatsächlich investiert. Die wirkliche Hürde ist – dies wird damit deutlich – die Unfähigkeit der Zentralregierung ebenso wie der Regionen, sinnvolle Projekte nicht nur zu definieren, sondern sie dann auch zu realisieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Die Wassermassen, die hier innerhalb kürzester Zeit niedrgingen sind sintflutartig. Bei solchen Regenereignissen können Massnahmen nur Milderungen schaffen um Schlimeres abzuwenden.



    Dennoch bin ich der Meinung, dass die Verdichtung der Böden (hiermit ist nicht Versiegelung durch Bebauunng etc. gemeint) bei der Einschätzung der Faktoren, die die Folgen solcher Regenfälle beeinfluissen, unterschätzt wird.

    • @31841 (Profil gelöscht):

      Ja, bei der zukünftigen Landschaftsgestaltung wird man diesen Faktor mitdenken müssen. Das ist u.U. schlecht für die Bauern, aber gut fürs Grundwasser - und damit gut für alle. Wird aber auch nur umgesetzt, wenn von der Politik beschlossen, siehe Artikel ...