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Regisseur über Tanztheaterfilm„Ein Zeitdokument“

Premiere in Bremen: Cantufan Klose hat einen Film gedreht über die während der Coronapandemie entstandene Tanztheaterproduktion „Futuralgia“.

Sehnsucht nach Nähe, Berührung und Gemeinschaft: Futuralgia Foto: Jörg Landsberg
Interview von Jens Fischer

taz: Cantufan Klose, um verdrängte und regulierte Körperlichkeit in der Pandemie geht es in „Futuralgia“. Núria Guiu Sagarras Choreografie war 2020 eine erfolgreiche Produktion der Tanzsparte des Theaters Bremen, platzend vor Sehnsucht nach Nähe, Berührung und Gemeinschaft. Jetzt bringst du einen Film dazu heraus. Für wen?

Cantufan Klose: Für Freun­d:in­nen des zeitgenössischen Tanzes, aber Vorkenntnisse sind nicht notwendig. Man braucht allerdings eine gewisse Geduld, um sich auf ihn einzulassen.

Warum hast du selbst dich darauf eingelassen?

Der sehr besondere, vor allem digital stattfindende Probenprozess hat mich interessiert. Was bedeutet es, in der Pandemie Tän­ze­r:in zu sein? Was machen die Kommunikations-Tools des Internets mit den Menschen? Wenn gerade Tän­ze­r:in­nen nicht mehr im physischen Raum interagieren, sondern allein im Wohnzimmer, in der Küche, dem Keller, Garten oder auf ihrer Dachterrasse für sich allein trainieren und proben, beeinflusst das ganz klar den Umgang mit dem Körper.

Diese Lockdown-Erfahrungen sind gefühlt lange her. Ist „Futuralgia“ ein Historienfilm?

Eher ein Zeitdokument. Ein Porträt.

Der Tänzer, der Choreografie, der Coronajahre?

All das.

Mit nur im Digitalen möglicher Probenarbeit hat sich das Ensemble auf der Bühne auseinandergesetzt. Du bringst das Live-Erlebnis nun wieder zurück ins Digitale des Films.

Aber nicht das Bühnenstück steht im Fokus, sondern seine Entwicklung in sieben Monaten mit vielen, vielen Unterbrechungen.

Hast du die Tän­ze­r:in­nen daheim besucht beim Training vor dem Laptop?

Nein, mein Film ist nicht dokumentarisch, sondern semifiktional. Wir haben mit jedem Ensemblemitglied so fünf Situationen aus der Pandemiezeit nachgestellt, reenacted, auch mal überspitzt; und diese Szenen dann zu einer Bildcollage komponiert. Wir kommen den Tän­ze­r:in­nen persönlich sehr nah, der Film vermittelt eine höchst intime Begegnung.

Auf der Bühne ging es auch um die Beziehung zum eigenen Leib im Zeitalter digital vermittelter Körperbilder, Geschlechterrollenmustern und Selbstinszenierungen.

Die Bildästhetik der sozialen Medien taucht im Film auf. Privat von den Tän­ze­r:in­nen aufgezeichnetes Videomaterial haben wir eingebaut und so inszeniert, dass die Grenze verschwimmt zu den Sequenzen, die wir nachträglich aufgenommen haben. Jeweils schauen, starren die Menschen in die Kamera, im Kino also direkt den Zuschauer an, der daher aus der Perspektive der Handykamera oder Webcam das Geschehen wahrnimmt.

Wie unterschieden sich Theater und Film?

Im Theater ist das Ziel der Proben, einen wiederholbaren Ablauf zu entwickeln, im Film fängt man einmal den perfekten Moment ein. Das Besondere am Theater ist der lebendige Raum, dass du die Menschen siehst und spürst, der Film ist Illusion, das Theater also ehrlicher, weil es nicht so schummeln kann.

Wie ist der Film finanziert?

Durch die „Tanz digital“-Förderung des Bundes hatten wir 60.000 Euro zur Verfügung, das ist für einen 60-Minuten-Film im unteren Budget-Bereich. Es ist mein erster Lang- und auch mein Diplom-Abschlussfilm an der Hochschule für Künste.

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